Kapitel 2.3

303 34 6
                                    

~Cleo

Im heutigen Training wurden wir nach unserem jeweiligen Element in Gruppen aufgeteilt. Das hieß, dass ich weder in einer Gruppe mit Chris war, noch von Dawson genervt werden konnte. Die waren beide nämlich coole Wasserelementarier. Ich hingegen hatte das Durchschnittselement Luft und außerdem das große Vergnügen, mit Bethany, der ausgezeichneten Quoten-Zicke, in einer Gruppe zu sein. Aus irgendeinem Grund hasste sie mich und wann immer sich unsere Blicke trafen, sah sie mich an, als wollte sie mich im Schlaf ermorden. Ich hatte keine Ahnung, warum sie mich so sehr hasste, aber eigentlich interessierte es mich auch nicht wirklich. Heute hatte sie aber offensichtlich beschlossen, in die Offensive zu gehen. ,,Wirklich erbärmlich", sagte sie in Bühnenlautstärke zu einer ihrer Freundinnen, als mein Ast meilenweit an dem Dummy vorbeisegelte, ,,und so jemanden lassen sie gegen Vasanisten kämpfen."
Bei den Göttern, ich würde diesem Mädchen wirklich gerne einen luftbeschleunigten Ast an den Kopf werfen und diesmal würde ich treffen. Aber ich riss mich zusammen, gab den Platz vor dem Dummy frei und trat zur Seite. Mein Blick schweifte umher. Wir befanden uns auf einem der großen Trainingsplätzen unter freiem Himmel, auf denen der Umgang mit dem Element trainiert wurde. Es waren mehrere Dummys aufgebaut, die von Schülern gnadenlos mit Elementen attackiert wurden. Am äußeren Rand des Platzes befanden sich einige Bäume, deren Laub im kühlen Herbstwind raschelte. Das Außentraining würde sicher ein riesen Spaß werden, wenn demnächst der Winter beginnen und es Minusgrade geben würde. Mein Blick wanderte zur Seite, wo Dawson gerade einen Schwall Wasser auf einen Dummy schleuderte und es anschließend zu Eis erstarren ließ. Beeindruckend. Die wenigsten Wasserelementarier waren dazu in der Lage, ihre Energie zu Eis gefrieren zu lassen, für Dawson allerdings war es ein Kinderspiel. Natürlich. Er war immerhin ein olympischer Halbgott und Gerüchte besagten, dass er sogar dazu fähig war, Menschen mit einer Berührung zu Eis erstarren zu lassen. Bisher war ich allerdings noch nie sonderlich scharf darauf gewesen, die Wahrheit dieser Aussage zu prüfen.

,,Guck sie dir doch an!", vernahm ich in diesem Moment Bethanys nervige Stimme, ,,würdest du denken, dass sie ein Halbgott ist? Sie ist so durchschnittlich."
Ich ballte die Hand zur Faust. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, ihr dummes Gerede zu ignorieren, aber diesen guten Vorsatz verwarf ich schnell wieder. Mir reichte es. ,,Gibt es ein Problem?", erkundigte ich mich lächelnd. ,,Vielleicht möchtest du es mir erklären, dann kann ich zu dessen Behebung beitragen."

Bethany sah mich einen Moment perplex an, als hätte sie nicht damit gerechnet, dass ich sie ansprechen würde. Dann warf sie ihr Haar in den Nacken und setzte wieder ihren herablassenden Blick auf. Ich hingegen würde mir wirklich gerne mit der Hand gegen die Stirn schlagen, aber ich widerstand dem Drang tapfer und hielt das Lächeln aufrecht.

,,Mein Problem bist du", zischte sie schließlich.

Das aufgesetzte Lächeln kippte mir aus dem Gesicht. Es könnte sich als schwierig herausstellen, bei der Behebung dieses Problems zu helfen. Allerdings würde ich sie gerne beheben, am besten mit einem Dolch. ,,Oh", sagte ich und bemühte mich um einen unbeeindruckten Tonfall, ,,es tut mir wirklich leid, dass ich nicht wie ein Halbgott aussehe. Ich hoffe, das sorgt für keine allzu große Verwirrung deinerseits."

Bethany verzog verärgert das Gesicht und ihre ohnehin schon eisblauen Augen schienen noch ein wenig kälter zu werden. ,,Seth verschwendet seine Zeit an dir", zischte sie mich schließlich an, als wäre es meine Idee gewesen, mit dem heiligen Seth zu trainieren. Dass man mich mehr oder weniger dazu gezwungen hatte und der heilige Seth unbedingt wieder mit mir hatte trainieren wollen, ließ sie lustigerweise außen vor.
,,Wie traurig", erwiderte ich. ,,Der arme Seth."
Bethany starrte mich an, als wüsste sie nicht, was sie sagen sollte. Dann schüttelte sie den Kopf, wie eine Mutter, die gerade erfahren hatte, dass ihr Kind eine sechs in der letzten Arbeit geschrieben hatte. ,,Du hast ja keine Ahnung, wie viel Glück du hast."
Vermutlich sollte das gehässig klingen, aber es hörte sich eher verzweifelt an. Dieses Mädchen hatte ja keine Ahnung. Ich sollte ihr ein Training mit Seth schenken, vielleicht würde sie ihren Standpunkt dann nochmal überdenken.

Nummer 13 - Todessohn IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt