Kapitel 18.2

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Kurze Info, bevor ihr mit dem Lesen startet; ich habe das vorherige Kapitel (18.1) um einige Zeilen ergänzt, die zu wenig für ein eigenes Kapitel gewesen wären. Der neue Teil ist mit einem * im vorherigen Kapitel gekennzeichnet.

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~Seth

Als ich das nächste Mal zu mir kam, befand ich mich nicht mehr in der Zelle, in der ich zuletzt gewesen war. Nachdem alle Gehirnzellen wieder an ihren Platz gerückt waren, kam ich zu dem Schluss, dass man mich betäubt hatte, um mich nach Missouri zu verschiffen. Wie ein verdammtes Raubtier.

Die Zelle war trockener und ein wenig heller als die vorherige. Vielleicht wollten sie, dass ich nicht ganz so verwest aussah. Schließlich sollten alle sehen, dass der Rat seine Gefangenen gut behandelte. Denn die Bösen waren wir. Nicht sie.
Reflexartig wollte ich die Hand zur Faust ballen, unterbrach diese Bewegung jedoch, als ich die glänzenden Metallreifen an meinen Handgelenken sah. Ich hatte mich an den konstanten Schmerz gewöhnt, aber jede unnötige Bewegung verursachte neue Schmerzen. Schmerzen, die mein Gehirn nicht ausblenden konnte. Ich fluchte. Ich hörte das Knistern des Feuers, das in mir pulsierte, wütend und verzweifelt. Es war präsenter als zuvor. Ich wusste nicht, wie lange ich ausgeknockt gewesen war, aber der erzwungene Schlaf hatte mir neue Energie beschafft. Energie, die mir nicht im Geringsten weiterhalf.

Mein Blick wanderte über die dicken Gitterstäbe, die mich von der Freiheit trennten. Wenn sie mich holten, hatte ich eine letzte Chance. Und ich würde diesmal verdammt nochmal nichts von dem Essen, das sie mir brachten, anrühren. Frustriert stieß ich die Luft aus. Das hier war immer mein Albtraum gewesen- dass der götterverdammte Rat so viel Macht über mich hatte und ich nichts dagegen tun konnte. Ich hätte damit rechnen müssen, trotzdem hätte ich nicht geglaubt, dass ich hier enden würde.

Als ich plötzlich Schritte hörte, drückte ich die Wirbelsäule durch und spannte die Muskeln an. Mein Puls raste, ich spürte das verzweifelte Klopfen meines Herzens in jeder Zelle meines Körpers. War das Nervosität oder war das... Angst? Das Feuer tobte in mir, ich spürte die glühende Hitze auf der Haut, als würde sie von dutzenden Nadeln durchbohrt werden. Aber der entscheidende Funke fehlte. Ich biss die Zähne zusammen und starrte konzentriert auf den Gang vor mir. Vier riesige Kerle und eine Frau, die kaum kleiner war, kamen vor meiner Zelle zum Stehen. Sie trugen die schwarze, für Wachen typische Uniform und waren bis auf die Zähne bewaffnet. Die Ketten, die an den Metallringen an meinen Handgelenken befestigt waren, klirrten, als ich die Hände zu Fäusten ballte. Brennender Schmerz breitete sich in meinen Armen aus, ein Film aus kaltem Schweiß überzog meine Stirn.

,,Was auch immer du zu tun gedenkst-" Ein bulliger Kerl mit Vollbart trat nach vorn und sah mir in die Augen. ,,Lass es einfach bleiben. Wir kennen genügend Mittel und Wege, dich gefügig zu machen."

Ich erwiderte nichts, meine gesamte Aufmerksamkeit lag auf den Bewegungen des Mannes, wie er einen Schlüsselbund zog und damit die Tür aufschloss. Das Scheppern von Metall, als die Tür nachgab, war mein Startsignal. Ich spannte die Muskeln an und war mit einem Satz bei ihm. Die Ketten an meinen Handgelenken waren zwar wieder an den Gitterstäben befestigt worden, aber die Bewegungsfreiheit reichte aus, um den Kerl den Ellenbogen gegen die Nase zu rammen. Ich hörte das Knirschen von Knochen und nutzte den Moment in dem er nur schmerzerfüllt aufjaulte, um ihm die Kette an meinem linken Handgelenk um den Hals zu wickeln und ruckartig zuzuziehen. Der Schmerz, der mir daraufhin den Arm hinaufschoss, ließ schwarze Punkte in meinem Sichtfeld tanzen, aber ich biss die Zähne zusammen und ließ nicht locker. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der Rest der Gruppe ebenfalls in die Zelle stürmte. Ich trat den, der mir am nächsten war, in die Magengrube, während der, den ich würgte, verzweifelt röchelte. Plötzlich explodierte ein scharfer Schmerz in meiner linken Schulter. Warmes Blut lief mir den Rücken herab, ich keuchte und lockerte unwillkürlich die Spannung, die ich auf die Ketten ausübte.

Jemand bekam meine Haare zu fassen und riss meinen Kopf zurück. Der Dolch wurde aus meiner Schulter gezogen, kurz darauf spürte ich scharfes Metall an der Kehle. Meine Schulter pochte, meine Handgelenke brannten, als hätte jemand Säure darüber gegossen und jeder hektische Pulsschlag schien den Dolch an meiner Kehle tiefer in meine Haut zu drücken. Sie überwältigten mich. Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber sie... sie waren stärker.
,,Hör mir zu." Die Stimme der Frau, die diejenige sein musste, die mir den Dolch gegen den Hals drückte, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Es war kaum mehr als ein Wispern in mein Ohr, aber mir stellten sich sämtliche Härchen auf. ,,Du kommst hier nicht raus. Deine kleine Vorstellung ist vorbei. Ich überlasse es dir, ob du aufrecht in diese Halle gehen möchtest, oder ob du auf allen Vieren hineinkriechst."
Mein Herz schlug so schnell, dass mir schwindlig wurde. Das Feuer pulsierte glühend heiß in meinen Adern, ließ sie unter meiner Haut rot leuchten. Ich musste hier raus. Ich musste irgendwie... -
Die pure Verzweiflung brachte mich dazu, sämtliche Schmerzen ignorierend, mein Gewicht ruckartig nach hinten zu verlagern. Ich spürte, wie die Frau hinter mir das Gleichgewicht verlor und ihren Griff lockerte. Ich riss mich los und wollte losstürmen, in dem Moment, in dem ich Ketten klirren hörte. Dann gruben sich die Metallringe an meinen Handgelenken plötzlich ruckartig in meine Haut. Meine Arme fühlten sich an, als würde ich sie in kochendes Wasser halten, mir wurde augenblicklich schwarz vor Augen. Die Schmerzen waren so überwältigend, dass ich mich an den Gitterstäben festhalten musste, um mich auf den Beinen zu halten. Der Mann, der die Enden der Ketten in der Hand hielt, zerrte erneut daran. Die glühenden Metallringe schienen sich bis in meine Knochen zu bohren, mein gesamter Körper brannte, als würde mich ätzende Säure langsam auffressen. Ich konnte nicht mehr. Ich schrie.
In diesem Moment hätte ich alles getan, damit diese Schmerzen aufhörten. 

,,Bitte..."  Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

,,Ja?" Der Kerl zog erneut an den Ketten, aber leichter als zuvor. Ich zuckte zusammen und krampfte meine Hände fester um die Gitterstäbe.  ,,Hör... auf."

Das hämische Grinsen, das sich auf seinem Gesicht bildete, hätte ich ihm nur zu gerne aus der Visage geschlagen, aber ich... ich konnte nicht mehr. Ich hielt das nicht noch einmal aus. ,,Dann wirst du dich fügen und mit uns kommen?"

Mir drehte sich der Magen um. ,,Ja."

Er lächelte. ,,So ist's brav." Er ging an mir vorbei und ich folgte, ehe sich die Ketten erneut spannen konnten.
Mein Blick zuckte panisch umher, aber hinter und seitlich von mir hatten sich die anderen Wachen postiert und vor mir ging der Mann, der mir mit nur einer Bewegung so höllische Schmerzen bereiten konnte. Meine Schultern sanken herab. Ich wusste nicht, was ich noch tun konnte. Ich wusste es wirklich nicht.

,,Ach, so mag ich Rebellen am liebsten." Der Mann lachte und schwang die Ketten hin und her. ,,Wenn sie angeleint sind und genau wissen, wo ihr Platz ist."

Meine Muskeln spannten sich an und ich gab ein Geräusch von mir, das wie ein Knurren klang. Dieser götterverdammte Bastard.
So liefen wir den Gang entlang - er lief vorraus, ich wie ein verdammter Hund hinterher, umgeben von den restlichen Wachposten. Vor einer Tür blieb der Mann vor mir schließlich stehen und drehte sich um.

,,Bereit für deinen letzten großen Auftritt, Dimitriadis?"

Nummer 13 - Todessohn IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt