Kapitel 17.2

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~Seth

Dawson riss die Arme hoch, ein Schwall von Wasser schirmte ihn von meinen Flammen ab. Ich spürte deutlich, wie sein Element gegen mein Feuer drückte, aber ich spannte die Muskeln an und hielt dagegen. Mein Puls raste, mein Blut kochte. Ich spürte die Hilflosigkeit, die Verzweiflung, als Matt in meinen Armen gestorben war, als wäre es erst gestern gewesen. Ich hätte ihn retten können. Wenn ich diesen Teil von mir früher akzeptiert hätte, wenn ich mir früher eingestanden hätte, was zur Hölle in dieser Welt alles schief lief, hätte ich ihn retten können.

Zischend stieg der Wasserdampf auf und bildete Wolken über uns in der Luft. Einen Moment lang sah ich nichts anderes mehr. Nur meine Flammen, den Wasserdampf, nicht einmal mehr Dawson.

,,Deine Mum hat dich nie umarmt, oder?"

Die Stimme war nahe, näher als Dawson zuvor- ich wirbelte herum und entblickte ihn, kaum ein paar Meter von mir entfernt. Es war dumm, mir so nahe zu kommen... Und es war dumm, immer und immer wieder Benzin ins Feuer zu gießen. Aber gut, wenn er diese Art von Kampf wollte? Ich hatte ihn schon oft im Nahkampf besiegt, das würde ich auch heute tun. Ich ballte die Hände zu Fäusten, nahm Kampfhaltung ein und konzentrierte mich auf Dawson. Mein Herz trommelte gegen meine Rippen, meine Muskeln waren bis auf's äußerste angespannt und ich ließ Dawson keine Sekunde aus den Augen. Wasser floss um seinen Körper, schützte ihn vor meinen Flammen und Eiskristalle glitzerten auf seiner Haut. Er holte aus, ich duckte mich unter seinem Schlag hindurch, sprang zur Seite und trat nach ihm. Er blockte den Tritt, wich der Flamme aus, die in diesem Moment nach ihm schnappte und zog gleichzeitig einen Dolch. Mit diesem Dolch in der Hand macht er einen Satz auf mich zu. Ich schlug nach dem Arm, in dem er die Klinge hielt, aber er hielt sie fest und holte erneut damit aus. Scharfer Schmerz breitete sich aus, als er mich damit am Arm erwischte, warmes Blut sickerte aus der Wunde, lief meinen Arm herab und tropfte auf den Boden. Dawson streckte den Arm aus, seine Finger reckten sich zu der Wunde. Ich war mir sicher zu wissen, was er vorhatte. ,,Vergiss es, Hasi", zischte ich, wich seiner Hand aus und rammte ihm die brennende Faust ins Gesicht. Sein Kopf wurde zurückgeschleudert, aber scheinbar reichte die Eisschicht auf seiner Haut aus, um ihn vor Brandblasen zu schützen. Er sprang zurück, nutzte die Distanz um sich kurz das Blut aus dem Gesicht zu wischen, dann schüttelte er den Kopf. ,,Ihr werdet verlieren, Seth. Ihr seid stark in der Unterzahl. Wenn du dich stellst, lassen wir deine Leute-"

,,Ich werde nicht verlieren!", brüllte ich ihn an. Das Feuer brach in einer Welle aus mir heraus, so heiß und wütend, dass Dawson noch weiter zurückwich. Diese Genugtuung spornte mich an, nährte die wachsenden Flammen, die nach Dawson schnappten. Und ich würde nicht verlieren. Für meine Leute. Für diejenigen, die dem System zum Opfer gefallen waren. Für mich selbst. Meine Rache. Ich breitete die Arme aus, die Flammen tanzten um mich herum. Ich fühlte das Monster in mir, für einen Moment sah ich die Welt rot. Das Feuer bahnte sich durch meine Adern, breitete sich immer weiter aus. Dennoch sah ich, wie Dawson wieder näher kam. Zischend stieg der Wasserdampf auf, aber Dawson hielt die schützende Wasserblase, in der er sich bewegte, aufrecht. Er starrte mich an. ,,Hey Blondchen, ich glaube, du solltest mal beim Augenarzt vorbeischauen. Dieses Rot sieht gar nicht gesund-"

Mit einem Satz war ich bei ihm und brachte ihn mit einem gezielten Schlag auf die Nase zum verstummen. Zwar schwächte das Wasser meinen Schlag ab, aber es reichte, um zu sehen, wie sich Dawsons Gesichtszüge gequält verzogen. Blut sickerte aus seiner Nase. ,,Deine Nase sieht  gar nicht gesund aus", zischte ich zurück.

,,Ich dreh dir den Hals um", knurrte er, ehe er sich plötzlich zurückzog und hinter dem Meer aus düsteren Flammen verschwand. Irritiert ließ ich meinen Blick umher wandern, aber ich sah ihn nicht mehr. Verdammt. Tief atmete ich ein, versuchte die Kontrolle über die Flammen zurückzuerlangen und brachte sie dazu, sich ein wenig zurückzuziehen. Ich ballte die Hände zu Fäusten, als der Sturm aus Feuer etwas abebbte und ich Dawson wieder erkannte. Er stand einige Meter entfernt und riss blitzschnell die Arme hoch. Wasser schoss aus seinen Händen und fraß sich in die schützende Wand aus Flammen, die mich umgab. Ich spannte die Muskeln an, ließ zu, dass das Feuer erneut aus meinen Händen strömte und drückte mit aller Kraft gegen seine Energie. Ich lehnte mich dagegen, meine Flammen nährten sich von all meiner Wut und meinem Hass, sie nährten sich von mir und kämpften sich ihren Weg gegen Dawsons Element. Ich keuchte, der Schweiß rann mir übers Gesicht. Bei den Göttern, der Kerl war zäh.

,,Ich kann das so noch eine Weile halten", hörte ich ihn sagen. ,,Während ich darauf warte, dass du schwächer wirst. Du bist vielleicht ein Gott, aber deine Macht ist begrenzt. Wie viele Seelen hast du für das hier genommen?" Der letzte Satz war beinahe geschrien. Ich biss die Zähne zusammen und spürte, wie sich meine Muskeln verkrampften, unter anderem weil er... Recht hatte. Ich konnte das hier lange aufrecht erhalten, aber nicht ewig. Das Vasanistenvirus verlangte nach Seelen, trotz all der Flammen um mich herum schien sich eine eisige Kälte um meine Seele zu schlingen.

Ich konnte das nicht ewig halten und genau deshalb würde ich es jetzt beenden. Meine Muskeln spannten sich an. Mein Blick fokussierte Dawsons Silhouette, ich sah nichts anderes in diesem Moment. Dann konzentrierte ich mich auf die Flammen. Ich zwang sie aus mir heraus, sie nahmen immer mehr Raum ein, bis sie Dawson förmlich verschlingen zu schienen. Ich überschritt eine Grenze. Es fühlte sich an, als würde ich einen Teil meiner Seele herausreißen und in das Feuer hineinfließen lassen. Mit jedem Atemzug schien ich ein Stück von mir selbst zu verlieren.
Aber ich gewann diesen Kampf. Zwischen den Flammen, die an mir rissen und meinen Körper schmerzen ließen, als würde mich jemand in kochendes Wasser werfen, spürte ich vage, wie der Widerstand nachließ. Ich sah es nicht. Ich sah nur noch meine Flammen.

Und doch fühlte ich, dass ich diesen Kampf gewinnen würde.

Nummer 13 - Todessohn IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt