Kapitel 7.1

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~Seth

Matt und ich hatten einen Ticken früher als der Rest der Kantine reagiert. Als die Schüler panisch aufsprangen und das Chaos ausbrach, waren wie schon an der Tür angekommen und stürmten ins Freie. Auch hier rannten hektisch Leute umher. Schüler rannten zwischen schwarzgekleideten Wachen herum und vereinzelt waren Schreie zu hören. Sie wussten, dass sie im Ernstfall geordnet auf ihre Zimmer zu gehen hatten, aber was lief im Ernstfall schon geordnet ab? Mir schlug das Herz bis zum Hals, während ich mir mit Matt einen Weg durch die Menschen, in Richtung des Eingangs bahnte. Es kam mir vor wie ein verdammtes Déjà-vu. Mein Hirn spielte in Dauerschleife alte, wohlbekannte Bilder ab. Eine blutüberströmte Cat. Gefühlsleere, rote Augen. Der irre grinsende Vasanist neben ihr.

,,Ich fürchte, das ist keine Übung, oder?", riss Matt mich aus meinen Gedanken. Ich schüttelte den Kopf und krampfte die Hände zusammen. Sirenen wurden nicht getestet- wenn sie zu hören waren, hieß das nur eines. Vasanisten waren bis aufs Internat vorgedrungen. Als mir jemand von hinten auf die Schulter tippte, wirbelte ich instinktiv herum und holte mit der Faust aus. Feuer flammte in meiner Hand auf und ich konnte mich gerade noch bremsen, als ich Dawsons schwarzsilbernen Haarschopf erblickte. ,,Ruhig Blondchen, ich bin's." Langsam drückte er meinen Arm herunter, während ich hinter ihm Cleo erblickte. ,,Scheiße, wisst ihr, was hier los ist?", fragte er, während er Matt und mir jeweils einen Dolch reichte. Dafür war ich ihm ehrlich dankbar. Es war lächerlich, weil ich ein verdammter Gott war, aber ich fühlte mich besser, wenn ich bewaffnet war. Ich nickte ihm dankend zu. ,,Nein. Keine Ahnung, was hier abgeht, aber wir sollten schauen, dass wir so schnell wie möglich zum Eingang kommen."

Dawson nickte, krallte sich Cleo und rannte mit uns über den Campus. ,,Das... das ist ein Angriff, oder?", fragte Cleo zögerlich.

Ich schob mir das Haar aus den Augen. ,,Davon ist auszugehen. Versuch dich nicht umbringen zu lassen, ja? Und zögere nicht. Das sind Bastarde, die den Tod verdient haben." Cleo nickte langsam. Ich wusste, dass sie Angst hatte, aber ich konnte mich im Augenblick nicht darum kümmern. Ich musste erstmal herausfinden, was zur Hölle hier abging. Kurz vor dem Eingang blieb ich ruckartig stehen und starrte auf die Szene, die sich vor mir abspielte. Rebellen, viele von ihnen. Sehr viele. Kämpfende Wachen stellten sich ihnen, aber es wurden dennoch immer mehr und sie strömten durch das Tor auf den Campus. Meine Hand schloss sich fester um den Griff des Dolches. Gerade, als ich mich ins Getümmel stürzen wollte, erblickte ich lange rote Haare. Mein Puls schnellte in die Höhe, während Cat eine Dornenranke aus dem Boden kriechen ließ, die sich durch den Brustkorb ihres Gegenüber bohrte und ihn zu Boden fallen ließ. ,,Wurde aber auch Zeit", schnaufte sie, als sie mich erblickte. Blutstropfen benetzten ihre Wangen und obwohl ich wusste, dass es nicht ihr eigenes war, setzte mein Herz einen Schlag aus. Götter. Am liebsten würde ich sie über die Schulter werfen und von hier fort tragen, aber Cat war ein großes Mädchen und konnte auf sich aufpassen. Und ich... ich hatte einen Job zu erledigen. ,,Verzeihung", brachte ich schließlich hervor. Ich packte den Rebell, der sich gerade auf sie stürzen wollte, am Kragen und riss ihn zurück. Das Element rauschte durch meine Adern, verlangte, dass ich es frei ließ. Aber das galt es im Augenblick unbedingt zu vermeiden. Ich rammte dem Rebell meine Faust ins Gesicht, während ich gleichzeitig versuchte, das Element in Schach zu halten. Es fühlte sich an, als würde ich zwei Kämpfe führen. Einen gegen den Rebell- und einen gegen mich selbst. Mein Gegenüber holte mit der Faust aus und ich duckte mich unter seinem Arm hindurch. Ich trat nach ihm, brachte ihn damit zu Fall und bückte mich blitzschnell, um ihm meinen Dolch ins Herz zu rammen. Keine Staubwolke, nur ein toter Körper. Kein Vasanist. Ich richtete mich ruckartig auf und sah im Augenwinkel, dass Matt und Cleo neben mir in Kämpfe verwickelt waren. Cleo schien ihren Gegner in Schach halten zu können, deshalb krallte ich mir eine Rebellin und zerrte sie am Umhang zu mir. Es war verdammt stressig, wenn man so viele Leute um sich herumhatte, die einem... etwas bedeuteten. Die Rebellin schlug nach mir, woraufhin ich blitzschnell den Arm hochriss und ihren Schlag blockierte. Sie erwischte mich mit dem Dolch, den ich zuvor nicht bemerkt hatte, am Unterarm. Ein scharfer Schmerz schoss mir in den Arm, Blut lief mir über die Haut und tropfte auf den Boden. Ich entwaffnete sie mit einem gezielten Tritt nach ihrem Unterarm und rammte meinen Ellenbogen gegen ihren Kehlkopf. Noch während sie keuchend zurück wich, sah ich eine weitere Faust heranschnellen. Instinktiv blockte ich den Schlag und duckte mich unter dem nächsten Angriff hindurch. Ich schleuderte das Luftelement auf ihn und nutzte den kurzen Moment, in dem er zurückgedrängt wurde, um tief durchzuatmen. Dann schnellte ich auf ihn zu, rammte ihm den Stiefel in die Magengrube und platzierte meine Hände an seinem Kopf und Hals. Ich ruckte seinen Kopf herum, Knochen knirschten und ich bekam eine rote Staubwolke ins Gesicht, die meine Augen brennen ließ. Keuchend schnappte ich nach Luft. Jemand trat mir in den Rücken. Ich stolperte nach vorne, konnte mich aber gerade noch fangen. Noch immer nach Luft ringend, drehte ich mich um und schlug einen heranschnellenden Arm zur Seite. Daraufhin explodierte ein Schmerz in meiner Schulter. Götter. Ich fühlte mich wie eine in die Enge gedrängte Antilope. Das Feuer tobte in mir, machte mich beinahe verrückt. Nur einen kurzen Moment ließ ich locker. Das reichte. Eine gigantische Welle von rotschwarzen Flammen brach aus mir heraus und ließ meine Angreifer zu Asche zerfallen. Gleich darauf bereute ich, was ich getan hatte. Der Hunger erwachte erneut in mir, forderte mich dazu auf, die verbrauchte Energie wieder aufzufüllen. Meine Hände zitterten. Überall um mich herum riefen verführerische Essenzen nach mir. Seelen. Ich fühlte mich ausgelaugt und bei den Göttern, ich brauchte diese Energie.

,,Seth!" Matt und Cat schrien meinen Namen wie aus einem Mund. Ich wirbelte herum- und dann sah ich es. Dolche aus Eis rasten direkt auf mich zu. Ich nahm sie wie in Zeitlupe wahr, unfähig, mich zu bewegen. Ich starrte sie einfach nur an.

Plötzlich wurde ich zur Seite gestoßen. Mit dem Kopf voran knallte ich auf den Boden, der Aufprall raubte mir den Atem. Dann hörte ich ein dumpfes Geräusch. Und ein weiteres. Und noch eines. Mühsam drehte ich den Kopf und erblickte Matt, der eigenartig gekrümmt neben mir stand. Dann sah ich das Blut, das zwischen seinen Fingern hervor quoll. Ich schrie seinen Namen. Spürte keinen Hunger und keinen Schmerz mehr, als ich mich ruckartig aufrichtete. Nichts davon spielte mehr eine Rolle. Ich sprang auf und hechtete nach vorne, als ich sah, wie Matts Beine unter ihm nachgaben und er fiel.

Nummer 13 - Todessohn IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt