•мinus XIX•

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"Schlussendlich nehme ich seine Hand in meine, fahre mit meinem Daumen über dessen Rücken.
"Wach bitte auf, lass mich nicht allein, ich will das nicht mehr"'

Hoseok

Stumm sitze ich am Esstisch, den Blick starr auf das abgekühlte Essen gerichtet, in welchem ich seit Minuten nur mit der Gabel rein stocher, doch keinen Bissen nehme.
Es wirkt alles so kalt und leblos um mich herum, die Nudeln ungenießbar, selbst der betörende Geruch und die Wärme konnten mich nicht dazu anreizen ein wenig davon zu probieren. Ich fühle keinen Hunger obwohl mein Magen schmerzhaft leer ist und nur auf eine Portion Nahrung setzt.

Das stechende, intensive Starren meines Gegenübers auf mir sofort aufgefallen, zunächst nicht so stark, doch merke ich wie es immer kräftiger wird. Unwohlsein in seiner Nähe keimt auf, das Gesicht des Älteren habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr betrachtet, der Schmerz in mir ist zu groß als das ich seinen Anblick ertragen könnte.

Der Braunhaarige beäugt mich kritisch, fast bemitleidend. So sehr, ich fühle mich als müsse ich mich übergeben.
Es fällt mir schwer in Jacksons Nähe zu sein, auch jetzt. Ich frage mich wie ich es bisher zu Stande gebracht habe, nicht einfach wegzurennen vor ihm, der der meinem Bruder erst diese grausige Wette vorgeschlagen hat, auf die jener noch eingegangen ist. Aber ihm gebe ich nicht die Schuld, niemals könnte ich das, er ist mein Bruder und mein ein und alles, das letzte bisschen Familie, das mir geblieben ist, obwohl das jetzt wohl auch nicht mehr so  ganz richtig ist.

"Er lebt noch, ich habe ihn gesehen" versichert mir Jackson.
Überrascht, dass er mich nach Wochen wieder anspricht saust mein Haupt nach oben und ich blicke direkt in seine braunen Kristalle, die mich beäugen. Diese sorgen dafür, dass ich ungewollt, vor allem endgültig meine Fassade fallen lassen und alle Dämme brechen, die mich zuvor unbewusst zurück hielten.

Aufgeregt stehe ich auf, mein Stuhl fällt durch den Schwung lautstark zu Boden. Meine Hände stütze ich auf der Platte ab, nachdem ich sie kräftig drauf geklatscht habe, dass das Geräusch durch die Wände hallt. Langsam fühle ich das Brennen in meinen Augen, das Kribbeln in der Nase und das Beben meiner Lippe, in die ich daraufhin beiße, um meine Zurückhaltung bestmöglich zu wahren.

"Das sagst du mir erst jetzt!?" rufe ich ungläubig, von allen guten Geistern verlassen. Abfällig schnaube ich und werfe ihm einen vernichtenden Blick zu, unter dem sogar er, wie ich merke, ein wenig schlucken muss.

"Ich weiß es doch auch noch nicht so lange. Ich hab erst nach ihm gesehen!" beschwichtigt er, versucht sich an einem seidenen Faden aus meiner Verhörung zu schwinden. Doch sehr schnell fällt mir etwas in seinem Gesagten auf, dass mich einige Schritte im Unglauben zurück treten lässt.
"Du warst bei ihm?..." flüster ich kraftlos, während mir eine stumme Träne die Wange hinunter fließt.

Schockiert schlägt er seine Hände vor dem Mund und schüttelt energisch den Schädel, um meine Erkenntnis zu verneinen. Allerdings habe ich seine unbedacht gewählten Worte realisiert, erneut brodelt alles in mir, weshalb ich meine nächsten Sätze nur schreien konnte.
"Während ich hier, jeden Tag mehr die Kraft für alles verloren habe. Gelitten. Alles gehasst habe und mich tiefer Verzweiflung hingegeben habe, warst du also bei Yoongi ohne mir Bescheid zu geben?! Nein und nicht nur das. Ne, du schaffst es nicht einmal ihn hier her zu bringen!? Weißt- Weißt du was, wenn du es nicht schaffst, weil du so ein Lappen bist, mach ich es halt verdammte Scheiße!"

Entschlossen trampel ich aus der Küche, gehe zur Haustür um mich bereit zur Abreise zu machen, meinen Bruder zu retten, doch macht mir mein Mitbewohner einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Kräftig umklammert er mein Handgelenk und zieht mich an ihn ran, sodass ich kurz gegen seine Brust knalle.
Verzweifelt versuche ich mich aus seinem Griff zu reißen, zappel unentwegt in der Hoffnung es zu schaffen, aber erfolglos.

"Hör mal zu, dass ich ihn nicht mitgebracht habe liegt einzig an Kim, der Typ hat mich haarscharf erwischt. Außerdem, wenn ich es nicht geschafft habe, was denkst du, dass du Bengel erreichen kannst!?" fragt er mich mittlerweile auch erzürnt, doch nicht wegen mir, das weiß ich. Auch er will es nicht wahr haben so machtlos zu sein, er der sonst immer alles schafft.

"Aber da muss es doch etwas geben-" will ich ihn versuchen zu überreden, etwas ruhiger aber mit zitternder Stimme.
"Nein, gibt es nicht" unterbricht er mich streng, seufzend. Betrübt schüttel ich meinen Kopf, doch sehe ihm im nächsten Moment so eiskalt an, wie ich es noch nie tat.
"Es ist alles deine Schuld, sein Blut wird an deinen Händen kleben, wenn er es nicht schafft" knurre ich.

Komplett überfordert versucht er etwas zu erwidern, seine eigenen Kristalle scheinen glasig zu werden. Doch im nächsten Moment erwischt er mich, so unerwartet, ich hätte niemals gedacht er würde so etwas in der Art machen. Ein Brennen auf meiner Wange, geschocktes Lufteinziehen, der sich lockernde Griff, mein Kopf der gewaltig zur Seite gerissen wird, mein Gleichgewicht, welches kurzfristig ins Wanken gerät .
Ich weiß nicht was ich zuerst merkte, doch uns beiden ist bewusst, niemand von uns hätte das erwartet.

Jackson hat mir mit der Faust ins Gesicht geschlagen und doch tut mir nicht die Gewaltausübung weh, viel mehr das er es gemacht hat.

Geschwind reiße ich meinen Arm aus seiner  Umklammerung, renne anschließend hinter ihm auf mein und Yoongis Zimmer.
So wie ich es schon seit geraumer Zeit mache, knalle ich die Tür hinter mir zu, schließe sie und rutsche diese entlang zu Boden, auf welchem ich weinend zusammenbreche.

Ich weiß nicht ob er mir gefolgt ist, doch hoffe ich es nicht, seinen Anblick, werde ich ihn jemals wieder ertragen können?
Unsicherheit breitet sich in mir aus, es ist grässlich und die Angst in mir scheint immer stärker zu werden.

Zum ersten Mal, hatte ich Angst vor jemand anderen als ihm.

So gerne würde ich mich jetzt an meinen Bruder klammern und in seinen schwarzen Pullover weinen, der so sehr nach ihm riecht, nach Zuhause, seine Liebe und Wärme. Ich vermisse ihn so unglaublich sehr, dass ich nicht mehr weiß wie lange ich es noch durchstehen werde.

Ganz still, für mich selbst wimmer ich unter Tränen meinen größten Wunsch, der nur so drauf wartet erfüllt zu werden
"Suga, bitte komm wieder zu mir zurück. Ich brauche dich doch."

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Random Fact: Keine Ahnung warum, aber ich musste beim Ende des Kaps weinen ^^'

Cut of life~TaegiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt