13 ~ Priester und Dämonin

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Eigentlich hätte es Luan nicht verwundern dürfen, denn Gedanken hatten manchmal unglaubliche Macht. Wer sich etwas nur stark genug vorstellte, beschwor es manchmal herauf. Dennoch traf ihn der Schlag härter als erwartet, als die Dämonin ihm gegenüberstand.

'Nein, die Lilim', verbesserte er sich. Er hatte in den letzten Stunden mehr über ihresgleichen erfahren, als ihm lieb gewesen war. Aber diesem leibhaftigen Wesen nun gegenüber zu stehen, war etwas vollkommen anderes.

„Geht es Ihnen nicht gut Padre? Sie sehen so blass um die Nase aus." Ihre Worte rieben wie Sandpapier über seine Haut und ließen ihn schauern. Er wusste, dass sie sich auf seine Kosten amüsierte und das ärgerte ihn. Gern hätte er ihr haarklein erklärt, dass sie sich zum Teufel scheren konnte, doch um sie herum standen zu viele Menschen.

'Schlaues Biest', dachte er und empfand unwillkommenen Respekt. Schließlich konnte er sich soweit fangen, dass er ihr antworten konnte. „Ich erfreue mich bester Gesundheit. Und Ihr?"

Er konnte nicht verhindern, dass seine Augen zu ihrem Dekolleté wanderten. Noch während er auf die unversehrte Haut starrte, versuchte er sich einzureden, dass er nur sichergehen wollte, dass sein Weihwasser wirklich keinen Nutzen erbracht hatte. Ein kleines Lachen, das zu verrucht klang um wirklich ein Laut der Erheiterung zu ein, vibrierte in der Luft.

„Mir ging es nie besser."

„Ach wirklich? Selbst in tausend Jahren nicht?"

Ihre Augen funkelten und er meinte, dass sich das Blau ihrer Iris wie eine Schlange bewegte und wand. „So jung schätzen sie mich? Sie Schmeichler."

Luan hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Warum hatte sie seine Anspielung nicht aus dem Konzept gebracht?

„Soll ich Ihnen ein Geheimnis verraten?"

Sie beugte sich näher zu ihm, als wolle sie sichergehen, dass ihre nächsten Worte nur sein Ohr erreichten. Luan musste sich stark zusammen nehmen, um nicht wie vor einer giftigen Schlange vor ihr zurückzuschrecken. Lilim sind verruchte Wesen, die ihre Lebensenergie während des Aktes mit einem Menschen stehlen. Die Textstelle aus einem der alten Bücher half ihm nicht, sondern lenkte seine Aufmerksamkeit nur in vollkommen falsche Bahnen.

Dennoch hob er abwartend eine Augenbraue, denn zu seinem Schrecken stellte er fest, dass er ihr so genanntes Geheimnis wirklich wissen wollte. Sie rückte noch näher an ihn heran und flüsterte: „Ich bin schon mehr als zehntausend Jahre alt."

Ein ungläubiges Schnauben löste sich aus seiner Kehle und er wich schnell zurück, fort von ihr. „Sie wissen ebenso wie ich, dass Sie nicht existieren dürften." Ehe sie etwas sagen konnte, fuhr Luan fort: „Ihre Mutter war eine widerspenstige Sünderin, die zur Braut des Dämons wurde. Was bedeutet, dass Sie eine atmende Beleidigung Seiner Schöpfung sind."

Voller Genugtuung verschränkte er die Arme vor der Brust, doch sie reagierte wieder anders, als er es erwartet hatte. Statt getroffen oder wenigstens beschämt zu ein, lächelte sie anerkennend und klatsche in die Hände.

„Bravo, ich bin beeindruckt. Nicht jeder macht sich die Mühe, in den alten Schriften nach der Wahrheit zu suchen."

„Die Wahrheit?", platze es aus Luan heraus. Er musste dem Drang widerstehen, sich zu kneifen, denn er hatte das hässliche Gefühl, in einem Traum gefangen zu sein. Ob dieser gut oder böse war, mochte er gar nicht herausfinden.

Elegant klappte sie ihren Fächer auf und verschaffte sich Kühlung. Einige der nachtschwarzen Strähnen ihres Haars bewegten sich anmutig in dem schwachen Luftzug. Erst jetzt sah er den dünnen Schweißfilm, der auf ihrer gebräunten Haut lag. Seltsamerweise irritierte ihn das mehr als die Tatsache, dass er sich mit einer Dämonin unterhielt. War nicht gerade eine vornehme Blässe in Mode?

Aleria  ~ Liliths Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt