Kapitel 12

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POV Leila

Besorgt sah ich den Anderen dabei zu, wie sie den Zauber durchführten. Am liebsten würde ich ihnen helfen, doch Alistair hatte recht, dass ich meine Kräfte schonen sollte. Würde ich mich jetzt so sehr verausgaben und deshalb später versagen, wäre alles, was die Anderen für mich getan hatten umsonst gewesen. Trotzdem war es eine Herausforderung, nicht einzuschreiten. Allen schien dieser Zauber so viel Kraft zu rauben und ich wusste, dass ich ihnen helfen konnte. Doch es war mir untersagt worden!

 Als es endlich vorbei war, eilte ich zu ihnen. Alistair war der einzige, der noch einigermaßen okay aussah. Moon, Jason und Ryan hingegen lagen keuchend und mit Schweiß bedeckt am Boden. So gut ich konnte, half ich ihnen und gab ihnen etwas zu trinken. Als alle wieder stehen konnten, gingen wir zum Kraut, welches sich mittlerweile verändert hatte. Fasziniert musterte ich die nun glänzende Pflanze. Die davor fast schwarzen Stängel waren nun in einem intensiven Rot. Immer wieder sprangen von der Pflanze Funken aus Magie ab.... Es hatte funktioniert, das stand außer Frage! Jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich würde das Ritual durchführen.

Während Ryan einen Trank aus dem nun verzauberten Kraut machte, saßen Jason, Moon, Ryan und ich zusammen vor einem Feuer. Keiner sagte ein Wort... Alle starrten wir bloß ins Feuer und hingen unseren Gedanken nach, bis Jason sich plötzlich zu Wort meldete. „Versprich uns, dass das heute Nacht gut verlaufen wird...", bat er mich flehend. Überrascht wandte ich mich zu ihm und wollte schon sagen, dass alles gut werden würde, doch die Trauer in seinen Augen ließ mich innehalten. Schwer seufzte ich, bevor ich ihm eine Antwort gab, da es mir nicht leicht fiel, das Folgende zu sagen. „Ich kann es nicht versprechen... Aber ich verspreche euch hoch und heilig, dass ich bis an meine Grenzen, wenn es sein muss auch darüber hinaus, gehen werde, damit ich heil wiederkomme. Egal, was heute Nacht passieren wird, wenn es so sein soll, dann soll es wohl so sein....", erwiderte ich ehrlich. Nicht nur er machte sich Sorgen, auch ich hatte Angst vor dem Ritual. Immer wieder gingen mir Alistairs Wörter und Warnungen durch den Kopf. Immer wieder fragte ich mich, ob ich gut genug war.... Würde ich letzten Endes doch scheitern? Was für weitere Kräfte würde ich bekommen, wenn ich überlebte? Was würde passieren, falls ich starb?

Die Nacht rückte immer näher und von Minute zu Minute wurde ich unruhiger. Irgendwann kam Alistair auf mich zu, um mir den fertigen Trank zu überreichen. Dochich wollte, dass er ihn bis zum Ritual aufbewahrte. Auch ihm sah man seine Einstellung zu unserem Versuch an. Als dann endlich der Mond aufgegangen war, machten wir uns auf den Weg. Alistair hatte uns erzählt, dass das Ritual im Schutze der Nacht stattfand. Derjenige, der das Ritual durchführte, musste vom Schein des Mondes umhüllt werden. Außerdem musste es ruhig sein, damit ich mich konzentrieren konnte sonst würde ich es nicht schaffen, meinen Geist zu öffnen! Moon und Jason hatten auf der Suche nach einem Kraut einen perfekten Ort für das Ritual gefunden. Er war geradezu gemacht dafür. Zum Glück dauerte der Fußmarsch dorthin nur eine halbe Stunde. Fasziniert betrat ich die Hölle, zu der uns die Beiden geführt hatten.

In derMitte befand sie eine Platte aus Stein, welche umringt war von einem kleinenSee. Dieser leuchtete im Schein des Mondlichts, welches durch ein Loch in derDecke in die Höhle hineinfiel geradewegs auf die Steinplatte. Überall flogenkleine Glühwürmchen und erhellten somit mit sanftem Licht die Höhle.Ihr warmes Licht umgab sie wie ein Nebel. Einwirklich magischer Ort war diese Höhle. Sie war wirklich für solch eineSituation geschaffen worden. 

„Es ist an der Zeit...", riss mich Alistair von einem Moment auf den anderen aus meinem Staunen. Ängstlich versuchte ich, den nun vorhandenen Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken. Vorsichtig griff ich nach dem Fläschchen mit dem Trank, welches mir Alistair hinhielt. Nun war es so weit, ich würde mich dieser Prüfung stellen. Kurz bevor ich zur Steinplatte ging, wünschten mir die anderen Glück. Verzweifelt sah ich in ihre Gesichter, wo ich nur Angst, Trauer und Furcht sehen konnte. Ich würde es schaffen! Entschlossen drehte ich mich um und blickte zum See. Langsam bahnte ich mir einen Weg zur Platte und ließ mich im Schneidersitz darauf nieder. Mit geschlossenen Augen saß ich nun dort und versuchte, mein rasendes Herz zu beruhigen. Ruhig atmete ich ein und aus, während mich Alistair mit ruhiger Stimme anführte, was ich zu machen hatte.

„Also nimm dir ruhig Zeit, aber wenn du bereit bist. Öffne die Flasche und leere den Inhalt. Es wird einige Zeit dauern, bis der Trank seine Wirkung zeigt, bis dahin bleibe einfach ruhig. Wir sind hier, sollte etwas passieren. Mehr kann ich dir aber leider nicht helfen.... Einen Hinweis kann ich dir aber noch geben. Vergiss niemals, dass das alles nur in deinem Kopf passiert sonst könntest du dich dort verlieren. Wir könnten dich dann nicht mehr zurückholen. Viel Glück, Leila! Wir werden hier auf dich warten....", schwebte Alistairs sanfte Stimme zu mir. Ich prägte mir alles genau ein. Als ich mich dann endlich komplett beruhigt hatte, nahm ich das Fläschchen in die Hand. Kurz bevor ich den Inhalt mit einem Schluck leerte, atmete ich noch einmal ein. Zuerst merkte ich nicht, doch nach und nach machte sich bemerkbar, dass ich alles um mich herum immer weniger wahrnahm. Weder das Atmen meiner Freunde noch das Summen der Glühwürmchen. Ich entfernte mich immer mehr von der Realität, bis ich mich in einem schwarzen Raum wiederfand.

Legende des Phönix - Herz des Verräters (Bd. 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt