Disperato - aussichtslos

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Disperato - aussichtslos


„Du wirst nie verstehen, wie sehr du jemanden brauchst, bis derjenige nicht mehr da ist."

-Unbekannt


Alenia

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Es konnten Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre sein, seitdem ich in dem dunklen Keller aufgewacht war. Ich war in einem schläfrigen Zustand gefangen, der sich wie dichter Nebel um mich gelegt hatte und mich seitdem nicht mehr losließ. Unfähig mich zu bewegen lag ich auf dem steinharten Boden und starrte abwesend auf meine leicht gekrümmten Finger. Ab und zu glaubte ich, Caius Stimme zu hören, wie er verzweifelt meinen Namen rief und Cassies leises Schluchzen, dass mich manchmal bis an den Rand des Wahnsinns trieb.

Doch jedes Mal waren es nur meine Gedanken, die mir einen Streich spielten. Ich hatte keine Ahnung, was passieren würde, wenn ich noch viel länger ohne Blut auskommen musste. Ich konnte spüren, wie mein Körper langsam aufgab und mich mehr und mehr im Stich ließ. Alles, woran ich noch festhielt, war die Hoffnung, meinen Gefährten und Cassie wiederzusehen. Ob sie immer noch auf der Suche nach mir waren?

Auf einmal ertönte ein hohes Quietschen und ich kniff die Augen zusammen, bevor ich meinen Blick auf die verrostete Tür lenkte. „Komm, unsere Könige erwarten dich.", hörte ich eine genervte Stimme, und im nächsten Moment wurde mir eine Flasche an die Lippen gehalten. Gierig schluckte ich das wohltuende Blut und hustete, als ich schmeckte, wie alt und abgestanden dieses war. Aber es war besser als nichts.

Orientierungslos rappelte ich mich auf und suchte nach Halt. „Wenn du keine Probleme machst und mir leise folgst, kriegst du noch ein bisschen mehr." Ich fragte mich nicht einmal, wer der fremde Vampir war und ich wehrte mich auch nicht, als er mir schwere Fesseln um die Hände legte. Das Verlangen nach Blut zerriss mich innerlich.

Ich wurde durch lange Tunnel gezerrt, bis wir schließlich vor einem schimmligen Tor standen, das nach Abwasser und Müll stank. Hinter der Tür konnte ich lautes Gelächter und gehässige Stimmen hören. Der Vampir, der mich hergebracht hatte, zündete eine Fackel an und deutete mit ihr auf mich. Im schwachen Licht konnte ich sein boshaftes Grinsen sehen. „Wenn du jemanden angreifst, bist du tot. Wenn du dich widersetzt, bist du tot. Wenn du denkst, du kannst dich hier verhalten, wie es dir passt, überlebst du die nächsten 24 Stunden nicht. Noch Fragen?"

Ich schüttelte den Kopf, doch der Blutdurst verlangsamte mein Denken immer noch und ich realisierte seine Worte nicht. „Welches Datum haben wir heute?" Mein Wächter schien überrascht von meinem Mut zu sein, denn er hielt kurz inne. „Ach ja, da gibt es noch etwas, dass du wissen solltest: Wer unnütze Fragen stellt, brennt." Mit diesen Worten stieß er das Tor auf und führte mich in einen großen, überfüllten Saal.

Die Eindrücke hämmerten gnadenlos auf mich ein. In der Halle herrschte das Chaos und ich konnte beim besten Willen keine Struktur erkennen. Menschen rannten schreiend herum, Vampire saugten ihre Opfer aus, andere schienen an improvisierten Tischen Gespräche zu führen, in einer Ecke tanzten knapp bekleidete Vampirfrauen und in einer anderen saßen Arbeiterinnen, die mit angsterfüllten Blicken Becher mit Blut füllten. Musik spielte und vermischte sich mit den Stimmen von hunderten Gestalten.

Zielsicher wurde ich zu einem Tisch gelotst, wo ich von einer wunderschönen, schwarzhaarigen Vampirin schon erwartet wurde. Sie ging so selbstverständlich mit dem Ganzen um, dass ich schon dachte, sie wäre eine von Vladimir und Stefans Anhängern, doch dann entdeckte ich die vampirfeste Fußfessel an ihrem Knöchel.

„Hey Hübsche." Er grinste und zeigte eine Reihe von schmutzigen, blutbefleckten Zähnen. „Ich bringe dir eine Neue. Mal schauen wie viel sie taugt." Die Frau schaute auf und lächelte mich an. „Ich denke, wir finden schon eine Aufgabe für sie.", meinte die Schwarzhaarige, ohne auf den billigen Flirtversuch einzugehen. Irgendwie kam sie mir bekannt vor, aber ich kam nicht drauf, woher ich sie kennen könnte.

Der Hüne neben mir nickte und verschwand dann zwischen den Tischen. Sobald er weg war, packte mich die unbekannte Vampirin an der Hand und schaute mich eindringlich an. „Bist du Alenia Volturi?" Verwirrt nickte ich, woher kannte sie meinen Namen? Die Augen der Fremden leuchteten hoffnungsvoll auf und sie stellte sich mir vor. „Ich bin Didyme Volturi. Aros Schwester und Marcus Gefährtin." Innerlich klatschte ich mir die Hand vor die Stirn. Natürlich kannte ich sie!

„Im Schloss denken sie, du bist tot." Ich wusste nicht, was ich sonst sagen sollte. Didyme schaute mich traurig an. „Ich weiß. Stephan und Vladimir haben eine Frau, die mir sehr ähnlich sah, vor den Augen meines Bruders und Gefährten verbrannt. Jeder denkt, ich bin damals gestorben, aber in Wahrheit haben Die Rumänen mich nach dem Sieg von unserer Familie hierher mitgenommen. Sie verstecken sich hier vor den Volturi und planen schon seit Jahrhunderten ihre Rache."

„Wie kann es sein, dass die Rumänen noch am Leben sind? Zumindest Demetri muss doch wissen, wo wir uns befinden." Didyme schüttelte mich zusammengebissenen Zähnen den Kopf und fuhr sich mit der Hand durch ihr schwarzes, langes Haar. „Sie halten sich hier Werwölfe in den Kerkern. Dadurch werden alle Gaben abgeblockt. Sie sind sich todsicher, dass sie den Krieg gewinnen werden."

Ich merkte, wie ich langsam nervös wurde. Was, wenn sie Cassie etwas antaten? Oder Caius? Ich konnte meine Familie nicht verlieren! „Wir müssen fliehen." Entschlossenheit blitzte in den Augen der Vampirin vor mir auf und sie sah sich kurz misstrauisch um, bevor sie sich zu mir beugte. „Die Rumänen wollen nicht nur gewinnen, sondern den Volturi alles nehmen, was sie je hatten. Seit sie mich entführt und gefangen gehalten haben, planen sie, auch Sulpicia zu entführen. Aber du kennst meinen Bruder, er lässt sie keine Sekunde lang unbeschützt, deswegen warten sie immer noch auf den richtigen Zeitpunkt, um anzugreifen."

„Und mich haben sie, weil ich Caius Seelenverwandte bin. Jetzt brauchen sie nur noch deine Cousine und sie haben das perfekte Druckmittel für Aro, Marcus und Caius.", vollendete ich ihre Gedanken. In diesem Moment ging das Tor ein weiteres Mal auf und die Stimme meines Entführers hallte laut und deutlich durch den ganzen Saal. „Wir haben sie! Wir haben die Letzte!"

Mondi lontani - Welten entfernt || twilightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt