Decisione - Entscheidung

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Decisione – Entscheidung


„Wenn du aufgeben willst, dann denke daran, warum du angefangen hast."

-unbekannt


Alenia

„Ich will sterben."

Ernst blickte ich dem großen Vampir neben mir ins Gesicht. Überrascht stoppte dieser und hielt mich am Arm fest. „Das kann nicht dein Ernst sein. Dir wird ein Leben als Vampir angeboten und du wählst den Tod?"

Entschlossen atmete ich tief durch. „Ja. Aber du hast doch nicht ernsthaft erwartet, dass ich für immer bei euch Psychos bleibe, oder?" An Felix Gesichtsausdruck konnte ich ablesen, dass er eben genau das geglaubt hatte. Scheinbar entschieden sich nicht viele Menschen für den Tod.

„Und da bist du dir ganz sicher? Bedenke, was das Leben als Vampir für Vorteile haben kann, wenn man es akzeptiert." Ich straffte die Schultern und funkelte ihn aufgebracht an. „Wenn man es akzeptiert. Aber ehrlich gesagt verstehe ich nicht, was in euren Köpfen vorgeht. Ich meine, wie kann man nur so kaltherzig sein und ohne schlechtes Gewissen hunderte von unschuldigen Menschen umbringen?"

Felix zuckte die Schultern. „Mit der Zeit wird es einfacher, nur am Anfang haben manche noch Hemmungen, aber letztendlich kann niemand dem Blut auf Dauer wiederstehen." „Ihr spinnt doch." Entgeistert starrte ich ihn an und versuchte zu erkennen, ob er log. Ich war sicher kein Engel, was das schlechte Gewissen anging, aber ich konnte einfach nicht glauben, dass Felix sein ganzes Vampirleben kaltblütig Menschen tötete und es ihn nicht im Geringsten interessierte.

Der Vampir neben mir schwieg und für eine Weile saßen wir einfach nur nebeneinander auf dem Bett. Nachdenklich zupfte ich an der Decke. Das ewige Leben oder der Tod. Hatte ich richtig gewählt? Ich wollte nicht unsterblich werden, aber sterben klang genauso wenig verlockend. Ich wusste, ich würde mich hassen, wenn ich zu so einem Monster werden würde wie Felix oder einer der anderen Vampire, aber andererseits wollte ich auch nicht, dass mein Leben schon so bald zu Ende ging.

Ich vermisste meine Familie und meine Freunde, genauso wie die verrückten Erlebnisse und Erinnerungen, die ich aus meiner Vergangenheit hatte. Ich fragte mich, ob sie mich inzwischen suchten, weil ich mich seit Tagen nicht mehr gemeldet hatte oder ob sie noch gar nicht bemerkt hatten, dass ich plötzlich verschwunden war. Traurig seufzte ich. Warum hatte ich nur an dieser blöden Schlossführung teilgenommen?

Unter Druck gesetzt vergrub ich das Gesicht in meinen Händen. Was sollte ich nur tun? Ich konnte doch nicht einfach selbst zur Mörderin werden. Ich zwang mich, die streitenden Stimmen aus meinem Kopf zu verbannen und nickte mit dem Kopf.

„Als ich mein Medizinstudium angefangen habe, wollte ich Menschen helfen. Die Welt ein kleines bisschen besser machen. Ich würde nie jemanden absichtlich verletzten und ganz sicher nicht Leute umbringen, damit ich weiterleben kann. Auch wenn das bedeutet, dass ich bald tot sein werde."

Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter und versuchte die Tränen zurückzuhalten. Bloß keine Schwäche zeigen. Trotzdem zuckte ich zusammen, als sich die Tür auf einmal öffnete und Aro zusammen mit Caius hereinkam. Ich bemerkte aus dem Augenwinkel, dass Felix sich unterwürfig vor den beiden verneigte. Ein scharfer Blick von Caius traf mich, doch ich weigerte mich wortlos, mich ebenfalls zu unterwerfen.

Fast schon belustigt legte Aro den Kopf schief und musterte mich. „Ich habe mich entschieden.", sagte ich in die Stille hinein, da mir das Schweigen langsam unangenehm wurde. „Das war auch die Voraussetzung für deine Zukunft.", bemerkte Caius trocken. Mein giftiger Blick prallte an ihm ab. In diesem Moment hasste ich ihn für sein arrogantes Lächeln und konnte mir meine Konter gerade noch so verkneifen.

Aro beugte sich zu mir und nahm meine Hand. „Nicht viele werden vor die Wahl gestellt. Die Meisten verwandeln wir meistens ohne ihre Zustimmung. Es hat sich sowieso noch nie Jemand für den Tod entschieden. Du wirst heute Abend noch verwandelt."

Ich glaubte, mich verhört zu haben. Dachten die ernsthaft, ich würde mich ihnen anschließen? Felix seufzte leise. „Ich habe wirklich versucht, sie umzustimmen, Meister, aber sie wollte nicht auf mich hören." „Moment, wie bitte?" Caius stieß sich von der Wand ab und fixierte mich finster.

Standhaft hob ich mein Kinn und erwiderte seinen Blick unverwandt. „Ich würde lieber sterben, als zu so einem hinterhältigen Monster zu werden, wie ihr." Ich wusste, dass ich das richtige tat. Aber warum fühlte es sich dann so falsch an?

Caius ging einen Schritt auf mich zu und knurrte bedrohlich. „Wage es noch einmal, mich so zu betiteln-" „Und was?", forderte ich ihn heraus. „Bringst du mich dann um?" Seltsamerweise hatte ich keine Angst vor ihm. Seine Nähe gab mir sogar ein eigenartiges Gefühl von Sicherheit.

Spöttisch lächelte er überlegen auf mich herab. „Nein, ich werde dich bis zu deinem Lebensende unendliche Qualen leiden lassen, sodass du diesen Tag auf ewig bereuen wirst." Aro beobachtete uns skeptisch, doch schien sich nicht sonderlich um meinen nahenden Tod zu scheren. Viel mehr schienen ihn meine Gründe zu interessieren.

„Beeindruckend, wie entschlossen du bist, zu sterben. Doch ich denke, du hast ein falsches Bild von uns. Alenia, auch wir Vampire sind nur ein weiterer Teil des Kreislaufs. Du isst doch auch Fleisch, um zu überleben, genauso wie wir töten. Der Schwächere stirbt, das ist der ganz normale Kreislauf der Natur und Vampire stehen nun mal an der Spitze."

„Um genau zu sein", korrigierte ich ihn, „Bin ich eigentlich schon seit vielen Jahren Vegetarierin, eben damit niemand wegen mir leiden muss." Wut durchfuhr meinen Körper, als ich Caius leise lachen hörte. Was bildete er sich ein? „Aber es war natürlich klar, dass so ein Sadist wie du das nicht versteht!", fuhr ich ihn an.

Im nächsten Moment knallte mein Kopf hart an die Wand. Kurz wurde mir schwarz vor Augen und ich schrie auf. „Na, sind wir jetzt nicht mehr so vorlaut?" Strampelnd versuchte ich, seinen festen Griff um meinen Hals zu lockern, doch gegen seine Vampirkräfte kam ich nicht an. Verzweifelt versuchte ich röchelnd zu atmen.

Weder Aro noch Felix unternahmen einen Versuch, mich zu retten. Heiße Tränen liefen mir über die Wangen, als ich spürte, dass ich langsam erstickte. „Was heulst du denn nun schon wieder so rum?", zischte Caius verächtlich. „Wolltest du nicht gerade noch sterben?"

Ich war von dem Sauerstoffmangel zu benommen um seine Worte wirklich zu verstehen. Ich spürte, wie meine Glieder schwer wurden, als das letzte bisschen Luft aus meiner Lunge herausgepresst wurde.

Ich hatte nicht einmal mehr die Kraft, zu schreien, als sich plötzlich scharfe Zähne in meinen Hals gruben. Ein unerträglicher Schmerz durchfuhr meinen Körper und hörte nicht mehr auf. Es fühlte sich an, als würde sich Feuer durch meinen adern fressen. Ich wusste, dass es nun keine Hoffnung mehr für mich gab. Caius würde mich töten.

Doch dann wurde die Tür augenblicklich aufgestoßen. Caius versperrte mir die Sicht auf die Gestalt, die nun ins Zimmer trat. „Halt! Lass sie sofort los oder du wirst es bereuen!" Aus halb geschlossenen Augen sah ich noch, wie Caius überrascht seinen Kopf drehte und seine Hand lockerte.

Dann wurde es ruhig um mich herum, doch das Feuer in mir brannte unerbittlich weiter.

Mondi lontani - Welten entfernt || twilightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt