Pericolo - Gefahr

247 7 0
                                    


Pericolo - Gefahr

„Es gibt doch nichts Anderes, wofür es sich zu leben lohnt, als die Liebe selbst."

-Wim Wenders


Alenia

„Was ist passiert?" Schell sprang ich auf. „Habt ihr Didyme gefunden?" Nach dem Kampf im großen Saal war die schwarzhaarige Vampirin unauffindbar gewesen, obwohl jeder entbehrliche Vampir auf der Suche nach ihr war. Seitdem durchkämmte Marcus eisern mit einer großen Gruppe an Wächtern die umliegenden Gebiete.

Sulpicia schüttelte ihr langes, dunkelblondes Haar. „Nein, aber schau, was ich in meinem Kleid gefunden habe!" Aufgeregt hielt sie einen kleinen, unscheinbaren Zettel hoch. „Didyme muss ihn mir gegeben haben, kurz bevor Aro mich gerettet hat!"

Sofort fühlte ich mich hellwach und energiegeladen. „Zeig her!", rief ich, doch Sulpicia begann schon den Inhalt vorzulesen.

„Ihr seid nicht in Sicherheit! Diese Männer sind NICHT eure Gefährten! Es ist eine Falle! FLIEHT!

-D"

Mir wurde kalt und ich schluckte. „Was zur Hölle geht hier vor?"

Sulpicias Augen blickten voller Panik. „Ich weiß es nicht! Aber vorhin habe ich Aros Hand gehalten und habe ihn dann gebeten, mir das rote Kleid vom Sessel zu bringen. Er hat gesagt, <<selbstverständlich, mein Diamant>>." Die Herrscherin sah so aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. „So hat er mich nie zuvor genannt, Alenia! Aber das ist noch nicht mal das schlimmste! Auf dem Sessel lagen zwei Kleider, eins hellrot und eins in einem dunklen bordeaux. Ich hatte die ganze Zeit über an das Hellrote gedacht." Ihre Stimme war nur noch ein verzweifeltes Flüstern.

„Er hat mir das Falsche gebracht. Wer auch immer dieser Mann ist, kann keine Gedanken lesen."

Ich schlug die Hände vors Gesicht und unterdrückte einen angstvollen Schreckenslaut. „Oh mein Gott! Wenn dieser Aro nicht dein Gefährte ist, wer ist dann der, der behauptet, Caius zu sein? Und was ist mit Cassie? Ist sie dann auch nicht meine Tochter?" Sulpicia atmete einmal tief durch und fuhr sich gestresst durchs Haar. „Wir müssen herausfinden, was passiert ist. Wie kann das alles sein? Wo sind wir hier überhaupt? Ist das hier überhaupt Volterra?"

Mir wurde erst nach dem Aussprechen des Satzes seine schwere Bedeutung bewusst. Vielleicht waren wir den Rumänen nie entkommen. Ich spürte, wie meine Angst mich mehr und mehr lähmte und zwang mich, zu versuchen, klar zu denken. „Okay, das bedeutet also, wir sitzen wahrscheinlich in einem gefälschtem Volterra in einem gefälschten Schloss mit Vampiren, die sich als unsere Familie ausgeben fest." Ich bemühte mich, positiv zu denken und schloss kurz die Augen, um mich zu sammeln.

Als ich sie wieder öffnete, war Sulpicia aufgestanden und starrte aus dem Fenster. „Alenia! Komm und sieh dir das an!" Ich trat zu ihr und spähte hinaus, konnte aber beim besten Willen nichts Ungewöhnliches entdecken. Alles schien wie immer. Verwundert drehte ich meinen Kopf zu der Vampirin neben mir. „Da ist doch Garnichts." Sulpicia schien von Sekunde zu Sekunde immer aufgeregter zu werden. „Eben! Dort ist niemand! Wo sind die ganzen Menschen?"

Sie hatte recht. Der sonst lebhafte Marktplatz lag verlassen vor uns. Wie ausgestorben. „Verdammt!", flüsterte ich. Ich wollte Sulpicia gerade nach ihrem Verdacht fragen, da klopfte es plötzlich laut und deutlich an unserer Tür. Wir zuckten erschrocken zusammen. „Verhalte dich normal!", zischte Sulpicia mir noch schnell zu, dann setzte sie ein engelsgleiches Lächeln auf.

„Herein!" Die Tür öffnete sich und der falsche Aro trat ein. „Da bist du ja, meine Schöne. Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst unser Zimmer nicht verlassen?" Er ging auf sie zu und küsste sie verlangend, während es für mich so schien, als würde Sulpicia alles geben, um nicht angewidert auszusehen. „Es tut mir leid, Liebster, ich habe mir nur Sorgen um Alenia gemacht und wollte sehen, ob sie jemanden zum Reden braucht. Auch ich habe noch teilweise mit meinen Erinnerungen zu kämpfen, weißt du?" Sie klimperte gekonnt mit ihren langen Wimpern und ließ Didymes Zettel unauffällig in der Tasche ihres Kleides verschwinden.

„Ich wünschte, ich könnte euch beiden diese Last nehmen. Aber keine Sorge, das Schloss ist gut bewacht und alle Feind erhaben wir restlos vernichtet. Nur Didyme ist und bleibt leider verschwunden, aber ich verspreche euch, dass ich alles in meiner Macht stehende tue, um meine Schwester zu finden." Er wandte sich zu mir und musterte mich kurz mit einem undeutbaren Blick. „Wäre es für dich in Ordnung, wenn ihr euch später weiter unterhaltet. Ich möchte Sulpicia etwas zeigen."

„Ja natürlich, Picia und ich wollten sowieso später zusammen im Garten arbeiten." Ich bemühte mich, meine zittrige Stimme zu kontrollieren und war froh, dass man mir meine Angst nicht anmerkte.

Der Vampir wirkte zufrieden und bot Sulpicia den Arm. „Gut. Dein Gatte wird auch bald von der Jagd zurück sein. Wenn du deine Tochter sehen möchtest, kannst du sie holen lassen, aber bitte verlasse dein Zimmer nicht ohne Wachen." Ich nickte zustimmend und verabschiedete mich von meiner Freundin. Was auch immer Aro ihr zeigen wollte, brachte hoffentlich neue Erkenntnisse. Ich wagte gar nicht, mir auszumalen, was passieren würde, wenn er keine guten Absichten mit ihr hatte. Hoffentlich würde ihr nichts passieren.

Als die Tür ins Schloss fiel, ließ ich mich auf mein Bett sinken und knetete gestresst meine Hände. Ich versuchte, mich auf das wesentliche zu konzentrieren. Sulpicia und ich waren beide entführt worden. Wir hatten Didyme getroffen, die aber nicht mehr aufgetaucht ist, nachdem wir von einer Gruppe Vampiren, die wir für unsere Familie gehalten hatten, vor den Rumänen gerettet worden sind. Jetzt befanden wir uns in einem womöglich gefälschten Schloss und hatten von Didyme eine Nachricht erhalten, dass wir hereingelegt wurden. Vielleicht waren wir immer noch gefangen und womöglich in Lebensgefahr.

Aber sonst ist ja alles gut, dachte ich ironisch.

Allerdings warf das die Frage auf, wer dann unsere „Retter" waren und warum sie wie Caius, Marcus, Aro, Cassie und all unsere Wächter aussahen. Ich musste unbedingt herausfinden, was hier vorging. Aber zuerst musste ich etwas überprüfen. Ich lief zur Tür und versuchte diese zu öffnen. Abgeschlossen. Ich klopfte dreimal.

„Hallo?", rief ich und lauschte. „Ist da jemand?" Schritte ertönten und ich hörte das Schloss klicken. „Ein Vampir, der wie Alec aussah, trat ein und verneigte sich vor mir. „Wie kann ich euch helfen, Meisterin?", erkundigte er sich. „Ich würde meine Tochter gerne sehen. Kannst du mich zu ihr bringen?"

Alec zögerte kurz, aber kam schließlich meiner Bitte nach. „Sie ist momentan mit Felix und Demetri im Schlossgarten." Ich nickte, kippte mir noch schnell ein Glas Blut hinunter und stand dann auf.

„Gehen wir."

Mondi lontani - Welten entfernt || twilightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt