Liberata - befreit

213 4 0
                                    


Liberata – befreit


„Ich würde für dich alles tun. Alles. Selbst wenn das bedeutet, dass sich unsere Wege hier trennen."

-unbekannt


Sulpicia

Erleichtert ließ ich mich zitternd gegen die Wand sinken und schloss für einen Moment die Augen. Stefan war tot. Der Horror hatte endlich ein Ende. „Sulpicia?" Die besorgte Stimme meines Gefährten holte mich zurück in die Realität, doch ich hielt meine Augen geschlossen. Was, wenn alles nur eine weitere Illusion gewesen war? Was, wenn ich gleich in Vladimirs höhnische Augen blicken würde?

„Mein Juwel, bitte sieh mich an. Ich bin hier, es wird alles gut." Vorsichtig blinzelte ich und zuckte zusammen, als Aro direkt vor mir stand. Unsicher, was ich nun tun sollte, sah ich zu ihm auf. Seine Mine war unlesbar wie immer und ich konnte nicht sagen, ob er sich freute, mich zu sehen. Er musste so wütend sein. Tausend Mal hatte er mich ermahnt und ich hatte ihn hintergangen, indem ich weggelaufen war. Wie konnte ich ihn nur verraten? Warum war ich nicht einfach im Turm geblieben?

„Aro, ich..." Immer noch verstörte von den letzten paar Minuten suchte ich nach Worten und fuhr mir durch die Haare. Wie sollte ich anfangen? Mein Kopf war wie leergefegt. „Shhh, es ist alles gut. Ich passe auf dich auf. Niemand bedroht dich mehr, sie sind tot." Langsam, als wollte er erst sichergehen, dass ich nicht plötzlich weglaufen würde, legte er seine Arme um mich und strich mir durchs Haar. „Bitte halt mich fest.", bat ich ihn in Gedanken, klammerte mich an seinen Nacken, und lehnte meinen Kopf an seine Brust.

„Was du getan hast war gefährlich, Sulpicia. Und es hätte so leicht böse enden können. Wie konntest du nur so leichtsinnig sein, mein Juwel?" Ich spürte wie er seine Arme um mich legte. „Es tut mir leid.", schluchzte ich. „Ich wollte doch nur ein bisschen Freiraum, hätte ich gewusst, dass es so endet, wäre ich doch nie ohne eine Wache weggegangen!" Enttäuscht hob er mein Kinn an, sodass ich ihn ansehen konnte und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. „Wir reden später darüber, momentan bin ich einfach nur dankbar, dich wieder zu haben.", seufzte er und küsste mich auf die Stirn.

Reuevoll blickte ich zu ihm auf. „Es tut mir wirklich leid. Ich hätte nicht weglaufen dürfen, aber ich habe nicht nachgedacht und dann war es schon zu spät und ich saß mit Alenia hier fest, obwohl ich gedacht habe ich bin zu Hause in Volterra und plötzlich waren da Werwölfe, aber ich konnte sie kontrollieren und...", abrupt stoppte ich mitten im Satz, als mir klar wurde, wie verwirrend sich das alles anhören musste. Und dabei hatte ich ihm noch nicht einmal von meiner Begegnung mit Didyme erzählt!

Stirnrunzelnd sah Aro auf mich hinab und schüttelte den Kopf. „Nicht jetzt, mein Juwel. Ich weiß, du willst alles so schnell wie möglich loswerden, aber ich kann dir kaum folgen. Mir wird schon schwindelig, so wirr sind deine Gedanken gerade." Behutsam legte er seinen Mantel um mich und strich mir über die Wange. „Komm, wir fahren nach Hause." Sofort löste ich mich aus seiner Umarmung. „Nein! Wir dürfen nicht gehen! Nicht, bevor wir sie gefunden haben!" Verwirrung breitete sich auf dem Gesicht meines Gefährten aus. „Was redest du denn da? Bist du sicher, dass es dir gut geht, Liebste?"

„Didyme! Sie lebt, Alenia und ich haben mit ihr gesprochen!" Ich hielt ihm meine Hand hin, damit er meine Gedanken lesen konnte, doch anstatt sie zu nehmen blickte er mich nur traurig an. „Hör zu Sulpicia, ich weiß, die letzten Tage waren schwer für dich und dir wurden Dinge angetan, die niemals hätten passieren dürfen. Aber meine Schwester ist schon lange tot und auch wenn du sie vermisst, wird sie das nicht zurückbringen."

„Aber ich erfinde das nicht nur! Ich habe Didyme gesehen und mit ihr geredet! Sie wurde auch all die Jahre gefangen gehalten und Demetri konnte sie nur wegen den Werwölfen nicht finden! Wenn du mir nicht glaubst, dann frag Alenia! Sie hat auch mit ihr geredet!" Verzweiflung breitete sich in mir aus und ich raufte mir die Haare. Didyme war vielleicht in Lebensgefahr, während wir hier Zeit verschwendeten! Ungläubig schüttelte Aro den Kopf, gab dann aber nach, als er sah, wie ernst es mir war. „Nun gut, wenn es dir wirklich so wichtig ist..." Er wollte gerade meine Hand nehmen und die Augen schließen, da kam Santiago auf uns zu gerannt. „Meister, entschuldigt die Störung, aber das müssen Sie sich ansehen! Sie werden nicht glauben, was wir gefunden haben!"

Genervt blickte mein Gefährte auf. „Waren meine Befehle nicht eindeutig genug?" Santiago zögerte kurz, dann nickte er. „Ja, das waren sie, aber es ist wirklich wichtig, Meister." „Egal was es ist, ich kümmere mich später darum. Erst einmal bringe ich meine Gefährtin an einen sicheren Ort, an dem sie sich von dem ganzen Schock erholen kann und danach habe ich Zeit für alles andere, verstanden? Wichtiger als meine Frau kann es sowieso nicht sein." Damit schien die Diskussion für ihn beendet und er wandte sich wieder mir zu.

„Es geht mir schon wieder besser, Aro. Du kannst dir ruhig ansehen, was Santiago dir zeigen will und ich warte währenddessen hier auf dich, versprochen. Vielleicht ist es ja doch wichtig." Ernst suchte ich seinen Blick. Er sollte mit eigenen Augen sehen, dass ich die Wahrheit sprach.

Verständnislosigkeit zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. „Willst du mich los werden oder was soll das?" „Nein, natürlich nicht, aber es könnte etwas mit Didyme zu tun haben!" Noch immer machte mein Gefährte keine Anstalten sich zu bewegen oder Santiago Gehör zu schenken, deshalb beschloss ich kurzerhand, ein wenig nachzuhelfen. Energisch packte ich ihn am Handgelenk und zog ihn in die Richtung, aus der der Wächter gekommen war. Sollte sich mein Verdacht bewahrheiten brauchte er meine Gedanken gar nicht mehr zu lesen...

„Sulpicia!" Aro schien im ersten Moment zu überrascht, um zu reagieren, doch dann verdunkelten sich seine Augen und er blieb auf der Stelle stehen. „Ich hoffe, du hast eine gute Erklärung für dein unangebrachtes Verhalten!" „Ja, habe ich tatsächlich, aber bitte begleite mich kurz, ich erkläre dir alles, sobald du es dir angesehen hast!" Aufgebracht funkelte er mich an. „Sobald ich mir was angesehen habe?"

Mondi lontani - Welten entfernt || twilightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt