Forgiato - Gefälscht

219 3 0
                                    


Forgiato – Gefälscht


„Leider bemerkt man oft erst viel zu spät, dass etwas schon vor langer Zeit zerbrochen ist."

-Unbekannt


Alenia

Eine Puppe. Eine lebendige Puppe. Geschockt blickte ich dem Mädchen, das meiner Tochter vom Aussehen her zum Verwechseln ähnlich war, in ihr hübsches Gesicht und kam nicht umhin, mich zu fragen, ob ich nicht doch in einem Horrorfilm gelandet war. Das alles hier war einfach nur krank. Ich konnte immer noch nicht fassen, dass ich diesen verlogenen Ort für ein paar Tage wirklich für mein Zuhause gehalten hatte.

„Mama?" Das Mädchen vor mir schaute mit leerem Blick zu mir hoch. „Geh wieder spielen, Cassie.", würgte ich und verließ schnell den Garten. Niemand kam mir entgegen, als ich durch die vielen Gänge eilte und schließlich vor meinem Zimmer stehen blieb. Völlig verstört lehnte ich mich an die Tür und wollte eintreten. Ich drehte vergeblich am Knauf und runzelte die Stirn. Warum war meine Tür abgeschlossen?

Mein Kleid hochraffend lief ich zum nächsten Raum, der sich als eine Art nachgemachter Kunstraum entpuppte, als ich problemlos eintrat. Ich erinnerte mich, dass Sulpicia mir im echten Raum vor einiger Zeit mal ein paar ihrer Maltechniken gezeigt hatte. Doch heute stand ich allein zwischen den ganzen Farben und Gemälden.

„Meisterin?" Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich die Stimme meines Wächters hinter mir vernahm. „Benötigt Ihr etwas aus diesem Raum?" Mein Kleid wallte leicht auf, als ich mich umdrehte und unauffällig versuchte, einen kurzen Blick durch die Fenster des Raumes zu erhaschen, doch Leinwände und Figuren verdeckten mir die Sicht. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich wollte mich nur umsehen. Du kannst gehen, Alec, ich möchte ein bisschen allein sein."

„Ich habe den Befehl, Euch nicht von der Seite zu weichen, Meisterin." Ich verdrehte genervt die Augen. „Und warum? Das ganze Schloss ist gut bewacht, hier kommt niemand rein oder raus, ohne nicht von mindestens drei Wachen kontrolliert zu werden. Und außerdem kann Aro schließlich Gedanken lesen, oder? Wenn sich einer unserer Feinde hier im Schloss aufhalten würde, wüsste er Bescheid, oder etwa nicht?" Herausfordernd starrte ich ihm in die Augen. Er erwiderte meinen Blick ohne Furcht.

„Darf ich Euch bitten, mich jetzt in den Saal zu begleiten? Euer Gefährte erwartet euch dort." Ich blieb misstrauisch, aber erkannte, dass diskutieren mich in diesem Fall nicht weiterbringen würde. „Dann lass uns gehen."


Sulpicia

Es machte mir Angst, wie vertraut seine Berührungen wirkten. Fast so, als wären wir ein junges Ehepaar, dass keine zwei Tage ohne einander auskommt und sich nach langer Zeit wiedersieht. Ich ekelte mich vor mir selbst und wäre am liebsten ins Bad gerannt, um die unsichtbaren Spuren endlich abzuschrubben, die die Hände des Mannes hinter mir auf meiner Haut hinterließen. Doch stattdessen blieb ich stocksteif stehen und versuchte, mich so entspannt wie möglich zu geben.

„Ich habe dich vermisst." Kämen diese Worte von meinem wahren Gefährten, würde ich sie genießen und mich in seinen Armen sicher fühlen. Aber es war nur seine Stimme, die mich für einen Moment vergessen ließ, dass ich mich in Gefahr befand. Ob Aro in diesem Moment auch an mich dachte? Ich hoffte von ganzem Herzen, dass ich überleben würde. Ich konnte nicht sterben, nicht bevor ich mich bei Aro entschuldigt hatte. Dass meine Entführung meine eigene Schuld war, konnte niemand verleugnen. Wieso war ich auch so dumm gewesen und hatte mich Aro so oft widersetzt? Er hatte doch nur das Beste für mich gewollt und ich hatte ihn hintergangen, indem ich das Schloss heimlich verlassen hatte, um in den Wäldern herumzustreifen...

Ich hatte doch nur etwas Freiheit gewollt. Ein bisschen alleine sein und Abstand von dem ganzen Trubel im Schloss. Es war keine Wache entbehrlich gewesen, die mich an diesem Abend begleiten hätte können und als Aro mir dann auch noch verbieten wollte, den Turm zu verlassen, war mir der Kragen geplatzt. Manchmal konnte ich mich selbst nicht verstehen. Jedes Mal hasste ich mich selbst für all die verletzenden Worte, die ich ihm ohne Rücksicht entgegenschleuderte, wenn ich wütend war. Und diesmal war es besonders schlimm gewesen. Nach unserem Streit wollte ich einfach nur kurz raus aus dem Schloss. Nur für einen Moment, nicht länger. Dass das einer der größte Fehler meines Lebens gewesen war, hatte ich allerdings erst verstanden, als ich plötzlich verschleppt wurde.

Ich schob den Gedanken, dass Aro vielleicht immer noch gekränkt war und mich überhaupt nicht suchte, gekonnt zur Seite und versuchte, den Annäherungsversuchen meines Entführers auszuweichen. „Schatz, was hältst du von der Idee, gemeinsam jagen zugehen?", schlug ich hoffnungsvoll vor und entkam seinen Händen mit einer eleganten Drehung zur Musik, die im Hintergrund spielte.

Er grinste. „Vielleicht nächste Woche, mein Diamant. Wir werden in einer halben Stunde gemeinsam mit allen anderen im Saal speisen. Aber bis dahin ist ja noch etwas Zeit." Er setzte sich und klopfte neben sich aufs Bett. „Möchtest du mir nicht etwas Gesellschaft leisten?" Sein unehrliches Lächeln ließ mich zögern. War ihm bewusstgeworden, dass Alenia und ich die Lüge erkannt hatten? Oder schaute er mich aus anderen Gründen so Überlegen an...

Unentschlossen zog ich die Schultern hoch und blieb mitten im Raum stehen. Abstand. Das war es, was ich brauchte. Fieberhaft suchte ich nach einer Ausrede. „Aro...hör zu...es tut mir..." Sinnlos stotterte ich herum. „Was ist denn jetzt schon wieder los mit dir?" Der Vampir gab sich verständnisvoll, aber ich konnte eine Spur Ungeduld heraushören. „Wie kann ich dir helfen, Sulpicia?"

Verdammt! Ich musste dringend einen Weg finden, diese Situation zu meinen Gunsten zu nutzen, sonst hatte ich ein großes Problem! „Ach weißt du Schatz..." Ich schaute traurig nach unten und verkniff mir mein Grinsen. „In letzter Zeit lief es zwischen uns ja nicht so gut und deshalb wollte ich mich entschuldigen. Ich habe vieles getan, wozu ich kein recht hatte und habe dich in gewisser Weise sogar hintergangen."

„Und daraus machst du so ein Drama?" So wie es schien, glaubte er mir nicht, dass eine kleine Aussprache mich so schwer beschäftigen konnte. „Ja und auch das tut mir unendlich leid, ich war in letzter Zeit wirklich keine gute Gefährtin.", setzte ich noch einen drauf. „Dass du mir so ehrliche Gefühle entgegenbringst, ehrt mich sehr, mein Diamant. Selbstverständlich nehme ich deine Entschuldigungen an und ich bin mir sicher, dass wir uns in Zukunft bessern werden. Aber das ist nicht der Grund, warum wir jetzt hier sind und bevor du weiterredest, lass uns kurz in die Kerker gehen. Es gibt da etwas, dass ich dir zeigen möchte..."

Mondi lontani - Welten entfernt || twilightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt