Teil24

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Es gibt gute Tage  und es gibt schlechte Tage.
An den guten kann ich mit einem Lächeln durch die Welt gehen. Keiner kann mir etwas anhaben. Ich fühle mich unbesiegbar. An den schlechten Tagen bekomme ich einfach gar nichts auf die Reihe. Mein Kopf ist wie leer gefegt, mein Körper fühlt sich schwer und träge an. Meine Laune ist total am Boden. 

Leider überwiegen die schlechten Tage.

Manchmal frage ich mich, warum ich das alles überhaupt mit mache. Es ist doch so viel einfacher wieder nach Hause zu gehen, mein altes Leben weiter leben, auch wenn es nicht mehr komplett so ist, wie es einmal war. 

Dann denke ich an mein Leben hier, an meinen Bruder, an meine neuen Freunde und an mein neues "Zuhause".

Aber meistens überwiegt dann die Sehnsucht nach meinem alten Zuhause, nach meinem richtigen Zuhause.

Sollte ich wirklich alles hinschmeißen? Es ging mir schließlich gut hier.

Schweren Herzens schob ich den Laptop von meinem Schoß und stieg aus dem Bett. 

"Rewi?", rief ich durch den Flur. Als Antwort kam nur ein: "Küche."

"Alles klar mit dir? Du siehst so bedrückt aus.", stellte er fest, als ich mich auf den Stuhl neben ihn sinken ließ.

Mein Blick haftete auf dem Tisch: "Ich weiß nicht."

Forschend sah er mich an. 

"Ich glaube ich möchte nach hause, bin glaube ich nicht für die Stadt gemacht."

"Oh."

Eine Weile sagte keiner von uns mehr etwas. 

Die Uhr am Backofen begann zu piepsen und erlöste uns vom Schweigen. 

"Bist du dir sicher? Ich meine willst du wirklich zurück?"

"Ja ich denke schon, dann kann ich Papa Gesellschaft leisten und ich könnte.. ", ich brach ab. 

"Ich kann dich natürlich nicht zwingen hier zu bleiben, aber ich fänd es trotzdem voll schade.", er machte eine Pause, trank einen Schluck Cola aus der Flasche, welche er die ganze Zeit in den Händen hielt und sagte dann: "Möchtest du es dir nicht noch einmal überlegen?"

Ohne auch nur darüber nachzudenken schüttelte ich den Kopf: "Ich möchte erstmal wieder nach hause und wenn ich.. wer weiß vielleicht steh ich ja nach zwei Tagen schon wieder bei dir auf der Matte weil ich es ohne dich nicht aushalte.", scherzte ich.

Es schien ihn ein wenig besänftigt zu haben.

"Wann hast du vor zu fahren?"

"Habe ich ehrlich gesagt noch nicht drüber nachgedacht."

"Oh."

"Am Wochenende?"

Er hob die Schultern: "Das musst du wissen."

"Gut dann am Wochenende."

Ich war ihm sehr dankbar, dass er mich einfach so gehen ließ, dass er keine Fragen stellte.

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Samstag war es dann schließlich so weit. Meine Heimreise stand bevor.

Ich hatte mich von allen verabschiedet, nur von Felix nicht, der war aus irgendeinem Grund kurzfristig nach Berlin geflogen.

Am Bahnsteig druckte ich Palle und Rewi noch einmal fest: "Wir sehen uns bald wieder, versprochen!"

Mit diesen Worten stieg ich in meinen Zug.

Am Abend lag ich wieder in meinem Bett und starrte an die mir nur zu bekannte Decke. Ich war wieder zuhause.

Friedlich schlief ich ein. 

Ein penetrantes Gebrumme weckte mich mitten in der Nacht.

Ich nahm etwas pissig mein Handy in die Hand. 

Drei Uhr Nachts. Wer um alles in der Hölle war das?!

Felix: Warum sagst du mir nicht, dass du zurück gehst?!

Ich: Du warst nicht mehr da

Felix: Du hättest mich auch anrufen können!

Ich: Tut mir leid..

Ich musste mir eingestehen, dass ich froh gewesen war ihn nicht mehr zu sehen. Das hätte alles bestimmt erschwert.

Felix: Warum bist du gegangen?

Ich: Weiß nicht

Felix: Sag schon

Ich: Bin glaube ich kein Stadtmensch

Felix: Kommst du wieder?

Ich: Ich weiß es nicht, vielleicht

Felix: ok..

Das schlechte Gewissen nagte an mir. Ich wusste nicht mehr was ich antworten sollte also legt ich das Handy zur Seite.

Die folgenden Tage waren schön. Morgens fuhr ich eine runde Fahrrad, mittags kochten mein Vater und ich und abends war Eva entweder bei mir oder ich bei ihr. Es war so schön normal. Ich verschwendete keinen unnötigen Gedanken mehr an Dinge die mich noch vor Wochen zerstört hatten.

Wahrscheinlich hatte mir das Stadtleben nicht gut getan, und bestimmt war das hier genau das Richtige für mich, redete ich mir ein.

"Josie?", Eva holte mich aus meinen Gedanken. "Ja?"

"Jetzt sei mal ehrlich, warum bist du wieder hier? Du kannst mir nicht erzählen, dass du Heimweh hattest."

"Und wenn es so war."

"Hat das auch nichts mit Felix zutun?"

Verwundert schaute ich sie an. "Was sollte das mit ihm zutun haben?"

"Man hat euch angesehen wie sehr ihr euch mögt."

"Ja und?"

"Kann es sein, dass du davor wegläufst?"

"Jetzt verstehe ich gar nichts mehr."

"Sei aber gleich nicht beleidigt okay?"

Ich nickte.

"Ich glaube du bist wieder zurück gekommen, weil du es nicht akzeptieren wolltest, dass du dich verliebt hast. Du hattest Angst, es würde wieder enden wie mit Max."

Ich blieb stumm. Mir war klar das sie recht hatte.

Eva rückte näher an mich ran und nahm mich in den Arm. 

"Sssch, nicht weinen.", flüsterte sie. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich weinte.

Alles was ich verdrängt hatte kam hoch. Alle Gefühle, die ich unterdrückt hatte aus Angst oder aus Sturheit.

"Josie, du kannst nicht ewig vor deinen Gefühlen weglaufen. Möchtest du dem Ganzen nicht eine Chance geben?"

Ich löste mich von ihr, griff zum Handy und sagte entschlossen: "Du bist meine beste Freundin, du kennst mich besser als ich mich selber kenne und du hast mit allem was du sagst recht.", ich wischte mir die Tränen weg," Ich kann nicht ewig weglaufen."

"Hallo Rewi?"

"Ja ich wollte nur fragen.."

"Oh okay, gut dann bis bald."

Mein Bruder hatte mich eiskalt abgewimmelt. Man hatte Stimmen im Raum gehört. Er hatte nur gesagt, dass sie im Moment alle keine Zeit hatten und er sich bald mal wieder melden würde.

no matter what happens.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt