Teil8

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Wir hatten uns einen Film in der Wohnung meines Bruders angeschaut. Nachdem Felix den Film eingelegt hatte und sich neben mich auf´s Sofa gesetzt hatte, so dass noch mehr als genug Platz zwischen uns war, und ich die ersten fünf Minuten des Films gesehen hatte, schlief ich ein.

Die Zeit in der ich schlief, war die friedlichste des Tages. Im Schlaf hatte ich keine Selbstzweifel, ich konnte sein, wie ich wirklich sein wollte und musste mich für nichts und niemanden verstellen. Ich musste mich nicht bemühen die Fassade des einigermaßen glücklichen Mädchens aufrecht zu erhalten. Wenn ich wollte, dann konnte ich den ganzen Schmerz vergessen. Und wenn ich wollte, dann konnte ich den Schmerz zulassen und darin ertrinken, ohne dass jemand mich für verrückt erklärte.

Die Gesellschaft hatte die Angewohnheit, alle die die aus welchem auch noch so lächerlich wirkenden Grund traurig oder in sich gekehrt waren, auszugrenzen, wie Aussätzige zu behandeln oder auf ihnen noch mehr rumzutrampeln. Traurige Welt.

Ich hatte es am eigenen Leib spüren müssen wie grausam Menschen doch sein können. 

Damals trennte sich mein Freund Max von mir. Tagelang wollte ich von niemandem etwas sehen oder hören. Habe mich einfach in meinem Zimmer verkrochen. Die erste Zeit hatten meine Freunde noch gefragt ob es mir gut ginge und ob sie mir irgendwie helfen konnten. Nach ein, zwei Wochen verloren sie das Interesse an meinem Zustand. Aus meiner Sicht war das jetzt nicht schlimm, ich wollte das alles lieber alleine verarbeiten. 

Doch wenn man dann merkt wie um einen rum alles zerfällt was man sich Jahre lang aufgebaut hatte,..

Dieses Gefühl kann man gar nicht beschreiben. Unseren Gemeinsamen Freunde, standen auf seiner Seite auch wenn sie dies selbst verneinten. Er kam mit allem gut klar, war anscheinend glücklich. Das merkten auch unsere Freunde und sie blieben bei ihm. Er verschwand komplett aus meinem Leben. Es ist komisch wenn ein Mensch mit dem man zwei Jahre seines Lebens Tag und Nacht in Verbindung stand plötzlich weg ist. Wenn die eigenen Freunde sich gegen einen Stellen. Wenn man als depressiv und komisch abgestempelt wird. Wenn man niemanden mehr hat, dem man sich anvertrauen kann, weil einfach alles was man sagt gegen einen verwendet wird.

Ich habe mir alles mühsam wieder aufgebaut. Habe neue Freunde gefunden, habe sehr viel für die Schule getan und ein sehr ordentliches Abi hingelegt, worauf ich übrigens sehr stolz bin. Ich habe mir ein komplett neues Leben aufgebaut.

Jemand hob mich vom Sofa. Ich war noch im Halbschlaf und nahm einen sehr vertrauten Geruch wahr. 

Ich kuschelte mich an den Körper der mich trug. Sanft wurde ich auf mein Bett gelegt und zugedeckt. Als die Person sich jedoch entfernen wollte, streckte ich meine Hand aus und hielt ihn fest.

"Kannst du noch bei mir bleiben?", nuschelte ich fast unverständlich.

Mein Bruder legte sich neben mich und ich kuschelte mich an ihn. 

"Weißt du wieso sie sich trennen wollen?", fragte ich ihn mit noch immer geschlossenen Augen.

"Mama hat jemanden neues gefunden. Einen reichen Schnösel, hab ihn letztens kennengelernt als sie meinte mich besuchen zu müssen. Ist ein widerlicher Kerl. Passt überhaupt nicht zu ihr."

Seine Stimme wurde trauriger:" Ich hoffe Papa verkraftet das. Er hat alles versucht um sie wieder zurück zu gewinnen, aber sie hat sich wie es aussieht vom Geld blenden lassen. Ich kann Papa verstehen, warum er dich weggeschickt hat. Er möchte nur das Beste für dich. Du sollst kein schlechtes Bild von Mama bekommen."

Das was er sagte verwirrte mich und machte mich wütend. Am liebsten hätte ich meine Mutter jetzt angeschrien und so lange geschüttelt, bis sie wieder normal wurde. Und Papa hätte ich am liebsten in den Arm genommen. Ich hatte ihm unrecht getan. Ich nahm mir vor ihn gleich morgen früh anzurufen und mich bei ihm zu entschuldigen.

no matter what happens.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt