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Die darauffolgende Nacht hatte ich einen ziemlich komischen Traum.

Ich war ein Wolf, wusste es aber nicht bis der Traum zu Ende war und ich aufgewacht war.
Ich konnte mit niemandem sprechen und jeder rannte vor mir weg. Selbst mein Vater, Ash und Viktor. Sie versuchten mich zu verscheuchen und irgendwann tauchte die Polizei auf. Sie versuchten mich zu fangen, doch ich rannte weg. Ich rannte auf meinen Vater zu und versuchte ihm klar zu machen, dass ich es bin, doch da wurde ich erschossen und wurde wach. Desto wacher ich wurde, desto unwohler fühlte ich mich in meiner Haut. Mein Körper hatte gekribbelt und mir war heiß.
Danach konnte ich nicht mehr einschlafen, also kühlte ich mich mit einem kalten Glas voll Wasser ab.

Ich hatte überlegt ob es vielleicht ein Albtraum war. Aber ich hatte keine Angst, ich war nur gestresst und verzweifelt. Spürt man nicht gerade das wenn man einen Albtraum hat?
Ich wollte meinen Vater deswegen fragen, hab es aber dann einfach verdrängt. Wahrscheinlich war es nichts.

Warum mir das gerade jetzt, einen Monat später, einfiel? Ash hatte Geburtstag und ich hatte es endlich geschafft Viktors Rat in Tat umzusetzen. Ich hatte vorgeschlagen, dass wir etwas im Park abhängen und später zu mir gehen und Kuchen essen. Mein Vater war den ganzen Tag arbeiten, das hieß wir waren alleine und dazu musste er heute länger abreiten. Nur gab es ein Problem. Ian war schlecht drauf und war in diesem Moment dabei mir zu erklären wie ich jede Chance zerstört hatte, dass er eine Beziehung eingehen könnte.

Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte. Woher sollte ich wissen, dass Mädchen auf mich stehen, obwohl ich doch selbst gerade nicht nach einer Beziehung suchte. Und er sollte es gerade selbst wissen.

„Weißt du was sie immer sagen?", er lief aufgebracht etwas nach hinten, „Du bist ja ganz nett, aber... Und weißt du wie sehr mich das aufregt? Zum Schluss reden sie immer über dich!"
„Und wie soll ich das ändern? Ich kann ihre Gedanken nicht kontrollieren!"
Er deutete mit seiner Hand auf mich und wedelte hektisch mit ihr in alle Richtungen.
„Wie du dich verhältst. Du bist eigentlich so langweilig und pessimistisch. Was finden sie nur an dir?"

Ich unterbrach ihn etwas wütend.
„Du kannst nicht die ganze Schuld auf mich schieben! Es ist nicht meine Schuld, dass du gerade jetzt Elisabeth gesehen hast, die dich wegen mir nicht wollte. Und es ist nicht meine Schuld, dass andere Menschen mich attraktiver finden als dich!"

Ash sah uns beide nur an. Er tat mir Leid, wir stritten uns gerade an seinem Geburtstag, als ich versuchte unsere Freundschaft zu verbessern. Und es lief nichts nach Plan.
Zuerst verspätete Ian sich. Dann gab es Ashs Lieblingskekse nicht mehr und jetzt stritten wir uns über etwas, was schon längst vergessen sein sollte.

Ich sah wieder zu Ian.
Seine grünen Augen, die normalerweise glitzerten-sogar leuchteten, verloren plötzlich ihren Glanz. Sie erinnerten mich immer an einen dunklen Wald im Sommer, nachdem es geregnet hatte. Aber gerade waren sie einfach nur trüb und leer und es tat weh. Irgendwie tat es mir physikalisch weh, dass er mich so verletzt und enttäuscht ansah.
Ich fühlte mich hilflos.

„Ich kann das hier einfach nicht. Das klappt nicht mehr.", sagte er dann.
„Das meinst du nicht ernst."
„Doch. Tut mir Leid, Ash.", mit diesen Worten verabschiedete er sich und ging,

Sofort drehte ich mich zu Ash um mich zu entschuldigen, doch er sah recht ruhig aus.
„Ich wollte nicht, dass es so endet.", erklärte ich trotzdem, „Ich dachte ich könnte das wieder geradebiegen!"
„Mach dir keine Sorgen deswegen, Elias.", er lächelte mich warm an, „Wir hatten uns auch öfters gestritten als du nicht dabei warst."

„Ich wollte ihn nicht auch verlieren! Und dich erst recht nicht!", er unterbrach mich indem er mir auf meine Schulter klopfte.
„Mich wirst du so schnell nicht los! Dafür muss schon mehr passieren als ein Streit! Ich rufe Sammy und dann gehen wir zu dir?"
Ich nickte.

[...]

Zum Schluss waren wir also nur noch zu zweit. Und trotzdem hatte ich Zweifel ob er wirklich mit mir befreundet bleiben würde. Was wenn wir uns auch zerstreiten und ich dann nach ihm Viktor verliere? Was wenn ich alleine bleibe?

Ich drehte mich leicht zu Ash. Er war schon eingeschlafen und in seiner Hand hielt er noch die Dose Bier. Ich schätze Mal sie war schon leer, aber das hieß nicht, dass ich sie ihm nicht aus der Hand nahm und sie auf den Tisch zu meiner stellte.
Wir hatten uns jeder eine Dose aus Spaß gekauft, also waren wir nicht betrunken. Und um ehrlich zu sein, war der Geschmack nicht sonderlich der beste. Aber Ash schien es zu schmecken, er hat auch erzählt, dass er Bier ein paar Mal mit seinem Vater getrunken hatte.

Nachdem Ian gegangen war, hatten wir doch ziemlich gute Laune und Ash schien es gar nicht so sehr zu interessieren. Es schien als hätte er es erwartet und das bereitete mir Sorgen.
Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mir keine Sorgen um Ian machte. Es musste frustrierend sein, wenn jedes Mädchen einer deiner Freunde besser findet als dich.
Ian würde bestimmt auch jemanden irgendwann finden.

Ash wurde wach.
„Hab ich ernsthaft den halben Film verschlafen?", fragte er erschöpft, „Wie viel Uhr haben wir?"

„Kurz nach Mitternacht.", antwortete ich während ich auf mein Handy sah.
„Wie ist der Film ausgegangen?"
„Sie haben den Krieg gewonnen, aber der Blonde ist gestorben. Aber weißt du was das schlimmste war? Seine Freundin wurde lebendig und wohlauf gefunden und sie hatte sie verraten."

Er seufzte.
„Man... dann hab ich ja die ganze Spannung verpasst!", er schlug mir leicht gegen meinen Oberarm, „Warum hast du mich nicht geweckt?"
„Ich hab's versucht! Aber du wolltest nicht wach werden!", erwiderte ich als ich so tat, als würde mein Oberarm wehtun.

„Jaja, komm mir jetzt nicht damit an."
Er drehte sich zur Seite und zog die Decke mit einem Ruck zu sich.
Ich zog sie wieder zu mir und so ging es hin und her bis er sich lachend umdrehte.
„So kann ich dir nicht sauer sein.", grinste er.

Ich schüttelte meinen Kopf mit einem leichten Lachen und hoffte er hatte es nicht bemerkt.
„Hast du die Fernbedienung?", flüsterte ich leise.

Er schnappte erschrocken nach Luft.
„Vertraust du mir nicht?"
„Doch, natürlich, ich kann sie nur nicht finden...", murmelte ich bevor ich nochmal unter der Decke nachsah, wo ich sie hingelegt hatte.
Nun bewegte er sich auch.

„Hab sie!", lachte Ash triumphierend. Danach schlachtete er den Fernseher aus, „Gehst du jetzt auch schlafen? Ich bin müde."
„Ja. Soll ich morgen Früh wieder meinen Kaffee machen?"
„Ja, bitte!" Ich konnte aus seiner Stimme heraushören, wie er grinste.

„Gute Nacht!"
„Nacht."

RunningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt