„Ja."
„Du kannst bei ‚oder' nicht mit ‚ja' antworten!"
Ich sah leicht gähnend von meinem Tisch auf und sah Ash an. Er seufzte.
„Hast du nicht geschlafen oder hattest du keinen Kaffee?", wiederholte er sich, „Wir können dir auch schnell einen kaufen."Ich nickte wieder.
„Nicht geschlafen und kein Kaffee.", murmelte ich.
Seine Augen weiteten sich geschockt.
„Du lügst."
Ich legte meinen Kopf wieder auf den Tisch, schloss meine Augen und murmelte leise: „Du bist mein bester Freund, also solltest du es wissen."
„Ich versteh nur nicht warum."„Wie warum?", hinterfragte ich verwirrt, „Ganz einfach. Ich konnte nicht schlafen, also hab ich etwas produktives gemacht."
Ich öffnete mein rechtes Auge und sah ihn von der Seite an.
„Und das heißt?"
„Gelesen, recherchiert, geschrieben. Sowas halt."
Nun sah er aus, also würde er gar nichts mehr verstehen. Ich schloss mein Auge wieder.
„Weck mich auf, wenn wir wieder in den Unterricht müssen.", murrte ich leise.„Warum gehst du nicht nach Hause und legst dich auf's Ohr?", fragte er dann wieder.
Ich winkte mit meiner Hand ab, erwiderte aber nichts mehr. Dann hörte ich ihn leise seufzen und es folgte eine angenehme Stille.Es vergingen einige Minuten und obwohl ich übermüdet war, konnte ich nicht einschlafen. Ob es an dem Ort lag oder an etwas anderem oder an gar nichts. Ich konnte nicht schlafen.
Ich richtete mich wieder auf und rieb mir meine Augen. Dann stand ich langsam auf und schulterte meinen Rucksack.
„Kaffee?", hinterfragte Ash etwas belustigt.
Ich nickte und lief langsam aus dem Schulgebäude.In unserer Schule selbst wurde kein Kaffee verkauft, aber in einer Bäckerei, circa drei Minuten von der Schule entfernt. Wie waren dort öfters, kauften uns Kaffee und Brötchen- so wie viele andere aus unserer Stufe. Und der Kaffee war nicht schlecht.
Ash holte wortlos zu mir auf.
Ich wusste ihm passte mein Verhalten gerade gar nicht, aber was sollte ich sagen?
‚Tut mir leid, anscheinend macht mein Körper was er will.'? Es würde rein gar nichts ändern und er würde rein gar nichts verstehen.„Deine Hände zittern.", stellte er leise fest.
Ich sah kurz auf meine Hände und steckte sie gleich in meine Jackentaschen.
„Ich bin dehydriert."
„Dann solltest du lieber Wasser trinken."
„Nein, danke."
„Sonst kippst du noch um.", ermahnte er mich.
„Red' keinen scheiß."
„Stimmt doch."Wir liefen in einer bedrückender Stille über den Pausenhof. Ich spürte, dass Ash etwas sagen wollte- so wie eigentlich immer- er es aber einfach nicht tat.
Warum?
Mehr konnte ich mich nicht fragen. Warum konnte er nicht sagen was wirklich in ihm vorging und was er wirklich dachte?
Lag es daran, dass ich ihm nicht in diesem Sinne vertraute oder vertraute er mir nicht mehr.
Ich wollte unsere Freundschaft verbessern, aber ich konnte es nicht. Ich strengte mich an, versuchte mich zu ändern und trotzdem verschlechterte sich unsere Beziehung.Vielleicht war es wie bei meinen Eltern zum Scheitern verurteilt.
„Egal was du gerade denkst, nein.", platzte es plötzlich aus ihm raus. Er umfasste mein Handgelenk mit seiner Hand und blieb stehen. Ich drehte mich langsam um und warf ihm einen fragenden Blick zu.
„Ich kenne dich gut genug, Elias. Deswegen mache ich mir Sorgen um dich...", fuhr er langsam fort bevor er wieder für einige Sekunden stoppte und mich losließ, „Ich weiß einfach nicht, was in deinem Kopf vorgeht. Ich versteh dich nicht und das sowie dein Verhalten gerade bereiten mir einfach Sorgen."
Ich sah ihn einfach nur an.
Er zögerte:„Ich hab Angst, dass das was passiert ist, also das mit Alexis, deiner Mutter und Ian, etwas mit dir macht, dass weder du noch ich verstehen."„Mir geht's gut."
„Eben nicht, Elias! Verstehst du es nicht?"
Ich sah ihn etwas perplex an. Er war schon ein paar Mal sauer gewesen, aber nie wegen so etwas.
„Ich sehe, dass es dir gar nicht gut geht! Man merkt es an der Art wie du sprichst, wie die gehst, wie du mich verdammt nochmal ansiehst! Die letzten Tage waren einfach nur grauenvoll und ich weiß nicht, warum du nicht darüber sprichst!"
Er drehte sich weg von mir.
„Ich mein, du hast nie wirklich über deine Gefühle gesprochen, du warst eigentlich nie ehrlich mit mir und ich hatte- Gott, ich steigere mich wieder in etwas hinein.", murmelte er eher zu sich selbst, als zu mir.„Tut mir Leid." Ich war ein schlechter Freund und eine schlechte Person und ich hätte mit dir sprechen sollen. Tut mir leid.
„Was tut dir leid?", hinterfragte er ruhiger als davor, „Du kannst dich nicht für nichts entschuldigen."
Tut mir Leid, dass mich anscheinend jeder besser versteht, als ich mich selbst.Ich brauchte einige Sekunden, denn erst jetzt viel mir wieder auf, wie schlecht ich Ash behandelte. Er war so ein netter Mensch, ehrlich, freundlich, fröhlich und dann kam ich und tat ihm das an.
Warum konnte er meine Gefühle besser lesen, als ich sie konnte?
Und was hielt ihn bei mir? Mitleid?„Ich bin egoistisch, mies gelaunt und der Grund warum wir nur noch zu zweit sind. Tut mir Leid.", platzte es aus mir raus. Da sprach sicher die Müdigkeit aus mir. Warum sollte ich sowas sagen?
„Elias-"
Ich unterbrach ihn schnell.
„Du weißt, dass es stimmt. Es bringt dir nichts, mich von dieser Idee abzubringen, da es immer stimmen wird."„Nein. Elias, du bist weder selbstsüchtig noch egoistisch. Du musst nur lernen deine Gefühle zu verstehen und lernen sie zu verarbeiten, kontrollieren und akzeptieren."
„Gefühle sind unnötig."
„Nein, sind sie nicht. Du bist zwar mies gelaunt, aber du bist nicht aggressiv oder genervt wenn ich mit dir rede. Und du bist nie der einzige Grund warum eine Freundschaft zerfällt. Manchmal passt es einfach nicht."Manchmal passt es einfach nicht.
„Halt dein Maul."
Es ist meine Schuld. Wessen sonst?
Selbst bei meinen Eltern war ich schuld. Also werde ich auch schuld sein, wenn Ash und Viktor gehen.
„Elias-"
„Das ist kindisch.", ich drehte mich um, lief einige Schritte und wollte noch etwas sagen, doch Ash unterbrach mich schnell.„Hör auf vor deinen Problemen wegzulaufen."
DU LIEST GERADE
Running
Teen FictionIn einem einfachen Café, in einer einfachen Stadt, an einem einfachen Tag, trafen sie aufeinander. Er war sehr introvertiert, es war schon ein Wunder gewesen, als er alleine in einem überfüllten Café saß und einem sehr extrovertiert, zudem noch frem...