In dieser Nacht konnte Ginny kaum schlafen. Ständig plagten die rothaarige die Gedanken an die Geschehnisse in der Winkelgasse, ihre Begegnung mit Tatia und das Gespräch ihrer Familie mit Draco und Lucius Malfoy. Auch die Tatsache, dass sie morgen erstmals nach Hogwarts aufbrechen würde, ließ die Weasley kein Auge zumachen. Sie war einfach viel zu aufgeregt, aber auch aufgewühlt von den Ereignissen des vergangenen Tages.
Es war aber vorallendingen eines, dass der Weasley Kopfzerbrechen bereitete, nämlich ein Satz, den Tatia gesagt hatte.
>>Aber nur weil deine Familie dort hingekommen ist, heißt das ja auch nicht zwingend, dass du dort hingehörst<< hatte ihre Freundin zu ihr gesagt, als die beiden sich über die bald anstehende Zuteilung der Erstklässler in die vier Häuser unterhalten hatten.
Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch dachte Ginny an die bevorstehende Zeremonie. Sie fragte sich seit dem Gespräch mit Tatia unablässig, was passieren würde, falls sie wider Erwarten nicht nach Gryffindor kommen sollte. Bei diesem Gedanken erinnerte sich die rothaarige auch wieder an die Begegnung mit den Malfoys zurück, bei der sie alles andere als mutig reagiert hatte. >>Hermine und die anderen haben Lucius praktisch herausgefordert<<, erinnerte sie sich, >>Ich nicht. Vielleicht gehöre ich wirklich nicht nach Gryffindor<<, schoss es ihr durch den Kopf, dann schüttelte sie energisch den Kopf, um diese bösen Gedanken zu vertreiben. >>Ach was, was denke ich da bloß<<, sagte sie sich selbst und versuchte sich selbst ein wenig Mut zuzusprechen. Besser fühlte sie sich dabei aber nicht.
Entnervt schlug Ginny die Bettdecke zurück und setzte sich auf die Bettkante, während der Mond ihr Zimmer in ein silbernes Licht tauchte. Ihr Gesicht vergrub das Mädchen dabei in ihren Händen und hoffte so, auf andere Gedanken zu kommen, was nicht wirklich gelang. Ginny senkte daraufhin ihre Hände und ließ ihren Blick ziellos durch den Raum schweifen, dabei fiel dieser jedoch mehr oder weniger zufällig auf den metallenen Kessel, der in einer Ecke stand. Und auf das, was darin war.
Es war ihr Buch für Verteidigung gegen die dunklen Künste, dass Lucius Malfoy wenige Stunden zuvor aus dem Kessel gezogen hatte, um über die Armut der Familie Weasley zu lästern. Die rothaarige verzog angewidert das Gesicht, schob das Gesicht von Draco Malfoys Vater jedoch anschließend energisch beiseite, denn ihr war etwas aufgefallen.
Hinter dem Schulbuch lag nämlich noch ein zweites Buch in ihrem Kessel, eines, dass am Nachmittag sicherlich noch nicht dort gewesen war. Neugierig sah Ginny genauer hin, da sie glaubte, sie hätte sich das vermutlich nur eingebildet, aber auch bei näherem Hinsehen stellte sie fest, dass dieses schwarze Buch, dass sich hinter ihrem Schulbuch verbarg, keine Illusion war.
Also stand die Wealsey leise auf und schlich leise zu ihrem Kessel hinüber, um nachzusehen, was das für ein Buch sein könnte. Gekauft hatte sie es nicht, so viel stand mal fest.
Ginny blieb neben dem Kessel stehen, bückte sich und zog das schwarze Buch vorsichtig aus dem metallischen Gegenstand, bevor sie einen genaueren Blick darauf warf.
Das Buch war in einen kohlrabenschwarzen Ledereinband gekleidet und erinnerte die rothaarige ein wenig an ein Notizbuch. Als sie es aufschlug, realisierte sie, ein wenig überrascht, dass keine der Seiten beschrieben war. Nur auf der allerersten Seite fand sie so etwas, wie einen Namen.
„T. V. Riddle", murmelte sie leise. >> Ob das der Besitzer des Notizbuches ist?<<, fragte sich die Weasley. Kurz dachte sie nach, ob vielleicht einer der Bekannten ihrer Familie oder ein Arbeitskollege ihres Vaters im Ministerium den Namen Riddle tragen könnte, aber spontan fiel ihr niemand ein. Neugierig betrachtete Ginny das Buch, drehte es in ihren Händen hin und her, dann ohne wirklich nachzudenken schnappte sich die rothaarige einen in der Nähe herumliegenden Federkiel, tunkte ihn in ein Tintenglas in der Nähe und setzte ihn auf die erste leere Seite in dem Notizbuch. Kurz schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass das ja gar nicht ihr Buch war, aber dennoch schrieb sie vorsichtig die Worte „Hallo" auf die erste Seite des Buches. Natürlich geschah nichts.
>>Was habe ich mir erwartet<< dachte sie sich und sah weg, ließ ihren Blick erneut ziellos umherschwirren.
Ginny schüttelte ein wenig den Kopf. >>Ich sollte jetzt wirklich schlafen<<, dachte sie sich und wollte das Buch gerade wieder zuklappen, als ihr Blick erneut auf die Seite fiel, die sie gerade noch beschrieben hatte. Das Blatt war leer.
Ginny riss verdutzt die Augen auf und ließ überrascht ihre Feder fallen. >>Ich habe doch gerade etwas auf dieses Blatt geschrieben.<<, dachte sie sich verblüfft. Ihre Verwirrung wurde sogar noch größer, als auf dem leeren Papier plötzlich eine andere Schrift auftauchte. Es war auf jeden Fall nicht Ginnys Handschrift. Aufgeregt griff Ginny nach dem Federkiel, während sie die Worte las, die dort aufgetaucht waren.
>>Hallo. Wer bist du und wie kommst du an mein Tagebuch?<<
stand dort auf der Seite. Ein paar Sekunden schillerte die Schrift dunkel auf dem vom Mondlicht erleuchteten Papier, dann verschwanden auch diese Worte wieder ins Nichts. Es war, als würde das Blatt die Tinte in sich aufsaugen. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, aber auch neugierig schlossen sich Ginnys Finger fest um den Federkiel in ihrer Hand, dann setzte sie diesen auf das Blatt und schrieb eine hastige Antwort.
>>Hallo. Ich bin Ginny Weasley<<
Sie beobachtete mit offenem Mund, wie ihre geschriebenen Worte ins Papier aufgesogen wurden. Wenig später erschien erneut eine Antwort
>>Hallo Ginny. Ich heiße Tom Vorlost Riddle<<
>>Das war also mit den Initialen auf der ersten Seite des Buches gemeint<<, schoss es der rothaarigen durch den Kopf. Dieses Buch gehörte also einem Jungen namens Tom Riddle.
Die jüngste Weasley dachte nach, ob sie den Namen nicht vielleicht doch kannte, während sie erneut zum Federkiel griff, um Tom zu antworten.
>>ich habe dein Buch gefunden, als ich in der Winkelgasse war<<
Ginny senkte zufrieden den Federkiel. Jetzt hatte sie auch Toms zweite Frage beantwortet, nämlich die, wie sie an sein Tagebuch gekommen war. Sie beobachtete gespannt, wie eine neue Antwort auf der Seite auftauchte, die sie flüchtig überflog.
>>Warum warst du in der Winkelgasse? <<
Ginnys Hand flog mittlerweile nur so über das Papier, von eventueller Müdigkeit war bei dem rothaarigen Mädchen nichts zu sehen.
>>Ich habe meine Schulsachen heute gekauft. Ich beginne morgen mein erstes Jahr in Hogwarts<<
antwortete sie Tom. Aufgeregt wartete sie auf die Antwort ihres mysteriösen Schreibpartners. Die ließ nicht lange auf sich warten.
>>Das ist großartig. Weißt du schon in welches Haus du möchtest?<<
War die nächste Frage. Ginny verzog das Gesicht, während all die Zweifel plötzlich wieder auf sie einzustürzen schienen. Die Aufregung und die Glücksgefühle schienen im Boden unter ihr zu versickern. Aufgesaugt, wie die Tinte vom Papier des Tagebuchs.
Dieses Mal zögerte Ginny mit einer Antwort, schließlich schrieb sie zögernd
>>Meine ganze Familie war in Gryffindor. Und ich will eigentlich auch dorthin. Aber irgendwie habe ich trotzdem ein merkwürdiges Gefühl, fast als wäre Gryffindor doch nicht die richtige Wahl...<<
Ginny war selbst davon überrascht, dass sie ausgerechnet einer Person, die sie erst seit wenigen Minuten kannte und die durch ein geheimnisvolles Tagebuch mit ihr kommunizierte, anvertraute. Sie wusste nicht einmal wie Tom Riddle aussah. Doch sie hatte irgendwie das Gefühl, dass sie Tom vertrauen konnte. Ihr Schreibpartner brauchte sehr lange für seine Antwort, bevor endlich wieder Buchstaben auf dem Papier erschienen.
>>Dann bist du wahrscheinlich anders als deine Familie. Etwas Besonderes, wie ich finde.<<
Ginny wurde bei dieser Antwort ein wenig warm ums Herz. >>Danke Tom<<, dachte sie.
Die Antwort fiel ihr sogleich etwas leichter.
>>Danke. In welchem Haus warst du?<<
Für diese Frage brauchte Tom nur wenige Sekunden.
>>Ich war in Slytherin. Meiner Meinung nach ist es das beste Haus in Hogwarts. Vielleicht kommst du ja dorthin<<
Ginny stockte und hätte fast ihren Federkiel fallen gelassen. Sie begann zu zittern. >>Aber das will ich doch gar nicht. Slytherin. Ich will doch nicht so werden wie Draco Malfoy! Was würden meine Eltern von mir denken? << schoss es ihr durch den Kopf. Ihre gerade neu gewonnene Erleichterung war offensichtlich bereits wieder verflogen. Sie packte ihre Feder ein wenig fester, während sie eine Antwort auf das Papier kritzelte.
>>Vielleicht. Aber ich glaube nicht, dass mir oder meiner Familie das gefällt<<
Schrieb die rothaarige an ihren Schreibpartner.
>>Sie sind deine Familie. Sie sollten dich unterstützen und dich nicht verurteilen <<
Antwortete Tom nach kurzer Zeit. Ginny las diesen Satz mehrmals durch, bevor er wieder verschwand. In diesem Punkt gab sie ihrem Schreibpartner durchaus Recht. >>Würden sie mich wirklich verurteilen?<<, fragte sich die Weasley. >>Nein.<<, sagte sie sich und verwarf diesen Gedanken schnell wieder. >>Sie wären bestimmt enttäuscht, aber nicht wütend<<. Mit neuem Mut schrieb die Weasley eine kurze Antwort.
>>Da hast du Recht<<
Tom brauchte nicht lange für seine Antwort, die ebenso kurz war.
>>Ich weiß<<
Ginny gähnte auf einmal herzhaft, nachdem sie fertiggelesen hatte. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie müde sie war.
>>ich sollte wohl besser schlafen gehen. Ich fahre morgen nach Hogwarts<<, sagte sie sich. Sie wollte ausgeschlafen und nicht völlig übermüdet in den folgenden Tag starten. In den bisher wichtigsten Tag ihrs Lebens.
>>Ich sollte etwas schlafen Tom. Bis bald<<
Schrieb die rothaarige zum Abschied auf die Seite. Sie wollte das Buch eigentlich schon zuklappen, da entdeckte sie, wie noch eine letzte Antwort von Tom auf der Seite auftauchte
>>Gute Nacht Ginny. Falls du etwas brauchst, ich bin genau hier<<
Ginny lächelte, >>Natürlich wo auch sonst<<, dachte sie und musste bei diesem gedanken fast laut lachen, konnte sich aber noch zurückhalten. Dann klappte die rothaarige das Tagebuch zu, bevor sie das es wieder dort verstaute, wo sie es zuvor gewesen war. Dann schlüpfte sie wieder zurück unter ihre warme Bettdecke und schloss die Augen.
Wenig später war die Weasley eingeschlafen.
Hey allerseits
Dieses Kapitel ist nicht ganz so lang, wie die anderen, ich hoffe es gefällt euch trotzdem.
Ansonsten würde ich mich natürlich wie immer über Kommis und Bewertungen freuen und wünsche euch noch eine schöne Restwoche
Dunkelpelz
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Das ist der Weg
Fantasy2016: Lily Luna Potter wacht eines Morgens in einer Zelle in Askaban auf? Was ist nur passiert? Wie ist sie nur hierhergekommen? Während Harry Potters jüngste Tochter verzweifelt nach einem Ausweg sucht, lernt sie eine geheimnisvolle Gefangene kenne...