Auf nach Hogwarts

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1992


Ginny blickte mit gemischten Gefühlen auf die Steinwand zwischen den Gleisen 9 und 10 am Bahnhof Kings Cross in London. Ihre Familie war nach dem Frühstück zusammen mit dem fliegenden Wagen ihres Vaters zum Bahnhof geflogen und war nun bei der Pforte zu Gleis neundreiviertel angekommen. Die Weasley war diesen Weg schon mehrmals mitgegangen, hatte jedes Mal gequengelt, dass sie auch endlich in den Hogwartsexpress einsteigen wollte. Die Antwort von ihren Eltern war jedes Jahr dieselbe gewesen.
>>Du bist noch zu jung. In ein paar Jahren darfst auch du nach Hogwarts<< oder >>Hab noch etwas Geduld, Ginny Schatz<<

Damals war Ginny enttäuscht gewesen, auch ein kleines bisschen Wut und Eifersucht auf ihre älteren Brüder hatte sie empfunden, einfach nur, weil ihr großer Moment noch nicht gekommen war.
Aber sie war geduldig gewesen und hatte gewartet. Und nun war der Augenblick gekommen. Der Tag, an dem sie, Ginevra Weasley endlich in den roten Hogwarts Express einsteigen und nach Hogwarts fahren würde.
Doch jetzt, da es endlich soweit war, fühlte die rothaarige Hexe sich nicht so großartig oder glücklich, wie sie es erwartet hätte, es war eher ein mulmiges Gefühl, dass die jüngste Weasley plagte, während sie so auf die Steinwand vor ihr starrte. Woher dieses Gefühl kam, konnte sie gar nicht sicher sagen, es war einfach da...Ob es an der Häusereinteilung lag? Fred hatte beim Autofahren ein paar Witze gerissen und auch eine „Prüfung" erwähnt, speziell für Erstklässler. „Dass hast du letztes mal schon gesagt. Und es gab keine Prüfung", hatte Ron sich beschwert. Trotzdem wollte Ginny dieser Gedanke nicht mehr aus dem Kopf gehen. Unsicher blickte sie zu ihrer Mutter, die der rothaarigen jedoch beruhigend zuzwinkerte. „Komm schon, Ginny Schatz", sagte Molly ermutigend, „Du weißt doch, wie es geht, nicht wahr." Zur Erklärung ihrer Worte zeigte Ginnys Mutter auf die geheime Pforte, vor der die Familie stehengeblieben war.
Die Brüder der jüngsten Weasley waren bereits durch die Pforte gegangen, einzig Ron und dessen bester Freund Harry warteten noch hinter Molly und Ginny und plauderten fröhlich miteinander.
Die rothaarige Weasley nickte bloß, „Schon klar Mum.", murmelte sie und versuchte, ihr Unwohlsein nicht zu zeigen, „Einfach durchlaufen und nicht bremsen"
Etwas unsicher griff Ginny nach dem Griff ihres Gepäckwagens, atmete tief durch und lief langsam los, direkt auf die Mauer zu, erst langsam und dann etwas schneller. Sie hörte ihre Schritte auf dem gepflasterten Stein und das Blut, dass in ihren Ohren rauschte, während die Wand immer näherkam.

>>Du schaffst das Ginny. Du schaffst das. Das ist keine Wand. Das ist keine Wand, das weißt du doch<<

Ginny beschleunigte ihr Tempo erneut und rannte schließlich mit vollem Tempo auf die Wand zu, die die geheime Pforte verbarg.
In dem Moment, in dem Ginny die Wand erreicht hatte, wurde für einen Moment alles dunkel. Ein kalter Schauer durchfuhr die jüngste Weasley, während sie für einen Bruchteil einer Sekunde von völliger Schwärze umgeben weiterrannte. Dann blendete ein helles Licht ihre Augen, woraufhin die Weasley reflexartig versuchte zu bremsen und so auch ihren Wagen schließlich zum Stehen brachte.
Keuchend stützte Ginny sich auf dem Gepäckwagen ab und blickte sich dann staunend um. Sie erkannte das Gleis Neundreiviertel und den tiefroten Hogwartsexpress, den sie im letzten Jahr bei Rons erstem Jahr schon gesehen hatte. Aus dem Schornstein stieg bereits eine Rauchwolke empor und zahlreiche Schülerinnen und Schüler blickten aus den Fenstern oder verabschiedeten sich von ihren Eltern. Schritte erklangen hinter Ginny, als ihre Mutter sich neben sie stellte.
„Es ist doch immer wieder aufs Neue beeindruckend, meinst du nicht auch?" flüsterte ihre Mutter Ginny ins Ohr. Die rothaarige nickte wortlos. Denn genau das war es.
„So dann wollen wir mal", meinte Molly anschließend und klatschte zweimal in die Hände, „Lass uns deinen Koffer in den Zug bringen."



Gemeinsam mit Molly war das Verstauen des Koffers schnell erledigt und die Weasley verabschiedete sich von ihrer Mutter. „Pass auf dich auf, mein Schatz", meinte die rothaarige und küsste ihre Tochter auf die Wange. Ginny wurde knallrot. „Mum!", beschwerte sie sich. „Schreib mir einen Brief, wenn du angekommen bist. Ich will alles wissen", drängte Molly und ignorierte dabei Ginnys warnenden Ton.
„Mum!", wiederholte die jüngste Weasley energisch, „Das ist peinlich", fügte sie noch hinzu. Ihre Mutter seufzte. „Schon gut. Pass auf dich auf ja?" wiederholte sie noch ein letztes Mal, bevor sie aus dem Zug stieg und sich auf dem Bahnsteig zu Ginnys Vater Arthur gesellte.

„Hey Ginny."

Beim Klang einer Stimme hinter ihr wandte die rothaarige nach einem letzten Blick zu ihren Eltern den Kopf um und erblickte ein ihr ebenfalls bekanntes Gesicht. Ein Lächeln huschte Ginny übers Gesicht.
„Hallo Tatia", begrüßte sie das braunhaarige Mädchen aus der Winkelgasse.
Tatia Greyback lehnte im Gang rechts von Ginny an der Wand und empfing die Weasley mit einem Grinsen.
„Das war deine Mum, nicht wahr?", fragte die braunhaarige und nickte in die Richtung, in die Molly verschwunden war. Ginny verdrehte die Augen und spürte, wie sie wieder rot wurde. „Ja das war meine Mum,", murmelte sie etwas peinlich berührt. Wieso musste ihre Mutter sie immer so vor anderen blamieren? >>Sie kann es einfach nicht lassen<< dachte sie und verdrehte innerlich die Augen.
Tatia schien diese Tatsache jedoch nicht zu kümmern, sondern wechselte gleich das Thema.
„Na, bist du schon aufgeregt?", wollte die braunhaarige wissen. Ginny nickte bloß aufgeregt, ein breites Grinsen erschien auf dem Gesicht der Weasley. „Und wie", meinte sie aufgeregt. „Auf was freust du dich am meisten?" wollte sie dann wissen. Bei diesen Worten bildete sich auf Tatias Stirn eine kleine Falte, während sie augenscheinlich nachdachte und für einen Moment schwieg. „Ich freue mich auf den Moment, wenn ich Hogwarts zum ersten Mal sehe.", meinte sie dann, „Oh und auf die Häusereinteilung natürlich. Auf meinen Gemeinschaftsraum...den Unterricht". Tatia seufzte verträumt.
Und da war es wieder.
Das ungute Gefühl, dass Ginny seit der Winkelgasse verfolgte, wenn jemand über die Häusereinteilung sprach.
Der Gedanke nicht nach Gryffindor zu kommen, war so präsent, wie nie zuvor.
Dann erinnerte sich die Weasley an das Tagebuch und an Toms aufmunternde Worte von vorheriger Nacht.

>>Dann bist du wahrscheinlich anders als deine Familie. Etwas Besonderes, wie ich finde.<<

Ginny fühlte sich danach immerhin ein klein wenig besser, als vorher, auch wenn das unwohle Gefühl nicht ganz verschwand.
„Ich freue mich auch darauf, wenn ich zum ersten Mal Hogwarts sehe", stimmte die rothaarige Tatia anschließend zu. „Und ich bin gespannt auf die Lehrer dort."
Die braunhaarige grinste breit.
„Los komm mit. Gehen wir uns ein Abteil suchen."



Tatia und Ginny hatten Glück. Beinahe am Ende des Zuges fanden die beiden tatsächlich noch ein leeres Abteil, in dem sie ihr Gepäck abstellten. Tatia machte sich gleich in Richtung Imbisswagen auf und so blieb Ginny alleine im Abteil zurück.
Da der rothaarigen langweilig war beschloss sie ein wenig mit Tom zu schreiben. Als sie das Tagebuch aus ihrem Koffer geholt und es aufgeschlagen hatte, war sie sich gar nicht sicher, wie oder wo sie anfangen sollte, weswegen sie einfach das erste schrieb, was ihr so durch den Kopf ging.
>>Hallo Tom. Wie geht es dir<< schrieb sie dann einfach. >>Ganz simpel<<, fand die rothaarige mit einem Schulterzucken und wartete auf Toms Antwort.
Es dauerte nicht lange, bis er zurückschrieb.
>>Hallo Ginny. Mir geht es gut. Bist du schon in Hogwarts? <<
Eifrig kritzelte Ginny eine Antwort auf das Papier.
>>Nein noch nicht. Aber bald. Ich sitze schon im Zug und wir werden bald dort sein. << erzählte sie Tom.
Seine Antwort war kurz.
>>freust du dich? <<
Bei dieser Frage überlegte Ginny einen Moment.
>>Natürlich<<, schrieb sie dann, >>Auch wenn ich immer noch etwas Angst habe. Vor der Häusereinteilung<< Diese Worte hatte sie ganz instinktiv geschrieben. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie sich Tom anvertrauen konnte und dass er ihr helfen würde.
Tom brauchte dieses Mal für seine Antwort etwas länger.
>>Du brauchst keine Angst zu haben, Ginny. Egal wohin du kommst, du wirst dort bestimmt glücklich<<
Sofort fühlte Ginny sich ein wenig besser.
>>Danke<<, schrieb sie

„Was machst du da?". Schnell klappte Ginny das Buch zu und starrte Tatia mit hochrotem Kopf entgegen. Sie hatte gar nicht bemerkt, wie die braunhaarige zurückgekommen war.
Die Braunhaarige sah Ginny fragend an, „Du schreibst Tagebuch?", wollte sie wissen. „Jaa...habe ich schon seit ich klein war..." log Ginny und verstaute Toms Tagebuch wieder in ihrem Koffer. Den fragenden Blick von Tatia ignorierte sie.
>>Es tut mir Leid Tatia. << dachte die Weasley >>Aber das bleibt erstmal mein Geheimnis...<<


Je näher der Hogwarts Express seinem Ziel kam, desto aufgeregter, aber auch nervöser wurde Ginny. Einerseits freute sie sich natürlich auf das Schloss, dass für das kommende Jahr ihr Zuhause werden würde, andererseits war es die Ungewissheit, die ein unwohles Gefühl im Bauch der Weasley auslöste. Die Ungewissheit über den heutigen Abend, der in gewisser Weise ihre Zukunft mitbestimmen würde.
Als der Zug langsamer wurde, verließen Ginny und Tatia ihr Abteil und liefen mit vielen anderen zu einem der Ausgänge des Zuges. Auch die Braunhaarige war etwas stiller geworden und schien ebenfalls ziemlich aufgeregt zu sein.
Während sich Ginny an zwei Slytherins vorbeischob, hörte sie auf einmal wie eine Stimme ihren Namen rief. Schnell sah sie sich um und entdeckte schließlich Percy, der etwas weiter weg stand und sie fragend ansah.
„Hast du Ron gesehen?", schrie er ihr zu um den Lärm zu übertönen. Dann rief er noch etwas hinterher, doch der zweite Satz des Vertrauensschülers ging jedoch im Lärm der anderen Hogwarts- Schüler unter.
Ginny beantwortete die erste Frage ihres Bruders mit einem schnellen Kopfschütteln, dann sah sie sich nach Tatia um, die jedoch auf ihre Freundin gewartet hatte.
Ginny dachte sich nichts bei der Sache mit Ron. Ihrem Bruder ging es bestimmt gut. Bereits wenig später hatte sie diese Tatsache schon wieder verdrängt...
Mit einem Ruck blieb der Hogwarts Express stehen und die Türen nach draußen öffneten sich. Gemeinsam mit ihrer Freundin verließ Ginny den Zug und sah sich draußen staunend um.
Vor ihr tat sich ein kleiner Bahnhof auf, der im Dämmerlicht des Abends von einigen Laternen erleuchtet war. Ähnlich wie in der Winkelgasse lag eine magische Atmosphäre in der Luft.

„Erstklässler zu mir! Alle Erstklässler zu mir!"

Ein lauter Ruf erklang, der sogar den Lärm der Gespräche der anderen Schüler am Bahnhof übertönte. Ginny reckte den Hals, spähte an zwei Schülerinnen vorbei und entdeckte eine große männliche Gestalt, die bereits einige Schülerinnen und Schüler um sich gesammelt hatte.
Der wilde Bart, seine breiten Oberarme und der zerschlissene Mantel waren unverkennbar. Der Mann musste Hagrid sein, der Wildhüter von Hogwarts. Ginny hatte ihn aus den zahreichen Erzählungen ihrer Brüder sofort erkannt.
Schnell lief sie hinüber zu Hagrid, Tatia folgte ihr mit zügigen Schritten. Die beiden Mädchen waren unter den letzten, die beim Wildhüter ankamen.
Während Ginny einige der Schüler musterte, blickte Hagrid nochmals zurück zum nun menschenleeren Bahnsteig. „Sind das alle Erstklässler?" rief er nochmal zur Sicherheit. Als keine Antwort kam, wandte er sich der Gruppe an Erstklässlern zu, die ihn neugierig anstarrten. Ein kleines Lächeln zeichnete sich unter seinem wilden Bart ab. „Nun denn, dann wollen wir mal. Folgt mir" Meinte Hagrid freundlich, wandte sich ab und stapfte einen kleinen Trampelpfad hinab. Mit den anderen Erstklässlern und Tatia dicht an ihrer Seite folgte Ginny dem Wildhüter.





2016


Ginny unterbrach wieder für einen Moment ihre Erzählung, was Lily einen kurzen Moment zum Nachdenken gab. Harrys Tochter dachte einmal mehr über diese Tatia Greyback nach, mit der Ginny sich angefreundet hatte. „Ist Tatia deine beste Freundin?", kam es ihr unwillkürlich über die Lippen. Sie hatte das gar nicht fragen wollen, aber zum Glück reagierte Ginny vergleichsweise gelassen. „Zum Glück ist sie das", war die Antwort. Ihre Stimme klang ein klein wenig sarkastisch, „Sonst wäre ich wirklich aufgeschmissen gewesen. Hat mir ein paar Mal aus der Patsche geholfen. Aber das erzähle ich später" Lily nickte, die Neugier hatte sie einmal mehr gepackt.
Eine weitere Frage quälte die Potter jedoch nach wie vor.
Die Häusereinteilung und das Unwohlsein, dass dieses Ereignis bei Ginny verursachte.
Ob damals etwas geschehen war? Und wenn ja, was?
Obwohl Lily diese zahlreichen Fragen quälten, brachte sie kein Wort aus ihrer trockenen Kehle heraus. Also schwieg Harrys Tochter, während Ginny mit ihrer Erzählung fortfuhr...





Hey Leute. Vorab eine große Entschuldigung. Es war einfach so viel in Letzter Zeit, dass ich lange nichts hochladen konnte. Ich hoffe ihr könnt mir das nachsehen. Für euer Warten werdet ihr jetzt mit Kapitel 7 belohnt. Ich hoffe es gefällt euch, falls ja, lasst es mich gerne in einem Kommi wissen. Auch Kritik ist gern gesehen.

Ich arbeite schon am nächsten Kapi, aber es wird noch ein bisschen dauern, bis es kommt. Hoffentlich nicht allzu lange ;)
VG und bis zum nächsten Mal,
Euer Dunkelpelz

Das ist der WegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt