Kontrolle an der Brücke

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Eine Weile gingen sie schweigend weiter

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Eine Weile gingen sie schweigend weiter. Aber Piroska hatte noch nie lange den Mund halten können und so begann sie nun ihrerseits, Ylvigur auszufragen. Dass er nicht allzu viel über sich erzählen wollte, hatte sie schon erkannt und auch richtig als Vorsicht aufgrund schlechter Erfahrungen und nicht als angeborene Zurückhaltung eingeordnet. Er hatte ihr selbst gesagt, dass „seinen Leuten", wie er sich ausdrückte, ihrer Lebensweise im Wald wegen oft misstraut wurde. Kein Wunder also, wenn er dann lieber schwieg als etwas zu sagen, das ihm als „anders" und darum falsch ausgelegt werden konnte.

Aber er kannte sich im Wald aus. Und Piroska erkundigte sich daher nach den Namen aller Pflanzen und Tiere, die sie sahen, nach den Spuren von Leben an Bäumen, im Gras und im Gebüsch. Sie war schon immer neugierig gewesen und vor allem an der Natur interessiert. Ylvigur hingegen liebte den Wald und es machte ihm offensichtlich Freude, ihn dem auf dem freien Land aufgewachsenen Mädchen zu zeigen.

So machte er sie auf die Eingänge der Baue von Mäusen und Burunduks aufmerksam, nannte ihr die Namen der Vögel, die sie hörten und zeigte ihr eine Haselmaus, die friedlich in ihrem winzigen Kobel schlief und sich von ihnen nicht stören ließ. Er gab ihr verschiedene Blätter und Beeren und sogar Blüten zum Probieren, ließ sie an anderen Kräutern nur schnuppern und gab ihr Zapfen, Moos und verschiedene Steine in die Hand, damit sie deren Struktur ertasten konnte. Einmal fing er auch eine Maus und gab sie ihr. Und war sichtlich beeindruckt, als Piroska nicht aufschrie, sondern interessiert das Tierchen betrachtete und befühlte.

„Gib zu, du hast gedacht, ich kreische", sagte sie anklagend, nachdem er die erleichterte Maus wieder abgesetzt hatte.

Ylvigur lachte. „Vielleicht. Manche Mädchen aus den Dörfern quieken so schön, wenn sie Mäuse sehen. Aber es gefällt mir, dass du anders bist."

„Mich wirst du nicht so schnell quieken hören. Zuhause war von vorneherein ich diejenige, die die Mäuse aus der Falle holen musste. Sogar Stepan weigerte sich immer, sie anzufassen." Ihr Tonfall verriet Ylvigur genug, um mitfühlend zu fragen: „Wer war Stepan?"

„Mein Bruder. Er war mit Marian und Göran auf der Jagd, verlor die beiden und tauchte niemals wieder auf."

Ylvigur wurde nachdenklich. „Wann ungefähr war das? Und wo genau waren sie jagen?"

„Wann kann ich dir sogar genau sagen. Am Tag der Sommersonnenwende letztes Jahr – es ist also fast ein Jahr her. Ich denke, sie haben sich nicht allzu weit von Altkirch entfernt. Selbst unsere Jäger und Holzfäller gehen niemals weit in den Wald hinein."

„Dachte ich mir. An dem Tag waren etliche Wegelagerer unterwegs. Wir sind ihnen aus dem Weg gegangen, haben sie aber aus der Ferne beobachtet. Sie werden ihn getroffen und mitgenommen haben. Sie mögen keine Zeugen." Er dachte einen Moment lang nach. „Kann es sein, dass er dir nicht sehr ähnlich sieht?"

„Ja, das stimmt", erwiderte Piroska lebhaft. „Er ist so groß wie du, aber stämmiger und hat leuchtendblondes Haar und richtig schöne dunkelblaue Augen, nicht so nichtssagende wie meine."

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