Piroska will eigentlich nur der Frau Großmutter, die im Wald lebt, neue Vorräte bringen. Aber dort geht etwas Seltsames vor. Junge Frauen verschwinden spurlos, Reisende werden ausgeraubt und die Wölfe heulen am hellichten Tag. Und ein seltsamer jun...
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Piroskas und Ylvigurs Irrfahrt ist zu Ende. In einer halben Stunde werden sie in ihrem eigenen Zuhause sein und was dann dort geschieht – nun, das ist ihre Privatsache.
Da dies hier eine Märchenadaption ist, sollte eigentlich ein „Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Ende" folgen. Und da es kein eigentliches Märchen ist, sondern eine recht moderne Geschichte, müsste hier ein Epilog stehen. Einer, der die Leser darüber aufklärt, wie genau es nach der Geschichte weitergeht.
Aber brauchen wir so etwas wirklich? Dürfen wir gar nichts mehr der Phantasie des Lesers überlassen, müssen wir ihm alles vorkauen? Ich denke, es gibt durchaus Leser, die ruhig schlafen gehen können, ohne zu wissen, wie viele Welpen bald in einem grauen Steinbau herumwuseln, ob Göran hingerichtet oder eingekerkert wird, welche Strafen Eliska und die Frau Großmutter erhalten (auf jeden Fall keine milden, das versichere ich euch), ob Jolanta jemals wieder ihr Armband und Tiborek die bestickte Decke zurückerhalten und ob sich Stepan und Piroska mit ihren Eltern aussöhnen.
Ich werde nichts dergleichen schreiben. Sich das auszumalen überlasse ich euch. Ich für meinen Teil denke, dass es ein „glücklich und zufrieden" nicht so ohne Weiteres geben wird. Gerade nicht bei diesem Paar. Es werden zweifellos noch etliche blaue Flecke auf Ylvigurs Schienbeinen erscheinen, es wird Zank und Streit geben und auch mal Tränen.
Ganz sicher wird es Grundsatzdiskussionen geben. Zum Beispiel darüber, ob frisch getötete Ratten auf den Esstisch gehören oder süße Kätzchen mit ins Ehebett. Ob es statthaft ist, Honigglasur ohne den dazugehörigen Kuchen zu essen oder es wirklich nötig ist, den Ofen jede Woche gründlich zu putzen. Ylvigur wird lernen müssen, dass man Werkzeuge auch ordentlich in eine Kiste räumen kann und vor allem, dass man sie nicht auf einem Boden liegen lässt, über den geschäftige Hausfrauen mit einem Tablett voller Gebäck laufen, kleine Kinder krabbeln oder neugierige Katzen alles anknabbern. Piroska wird akzeptieren müssen, dass sie zur Sonnenwende nur mit Stepan oder Marian tanzen kann, weil weder ihr Ehemann noch überhaupt jemand aus seinem Volk es jemals lernen wird. Aber ich traue den beiden auch zu, dass sie diese Differenzen meistern werden.
Im Märchen ist immer alles gut, wenn der Gute gesiegt hat und der Böse bestraft worden ist. Aber das ist nicht die Realität. Mit „glücklich und zufrieden" ist zunächst auch deshalb nichts, weil zu viele Wunden geschlagen wurden, die nicht so schnell verheilen. Piroska wird sich noch lange fragen, ob sie denn so wenig wert ist, dass man sie einfach verkauft, wenn das Geld knapp ist. Und jedes Mal, wenn sie eine Figur schnitzt, wird sie an Göran denken, der einst ein so liebevoller, freundlicher Mensch war, bis etwas in ihm zerbrach. Auch Marian und Stepan werden nie mehr einen Bogen spannen oder ein Tier häuten können, ohne an den Mann zu denken, der ihnen das beibrachte.
Manche Wunden heilen nie, andere vernarben mit der Zeit und schmerzen weniger. Ich könnte mir vorstellen, dass es noch eine lange Zeit dauern wird, aber dann doch einmal eine Versöhnung zwischen den Geschwistern und ihren Eltern stattfinden wird. Sicher noch nicht, wenn Stepans Hof erst einmal steht und die versammelte Werwolfgemeinde einen Ofen für Piroska gebaut hat, der ausreicht, um sie alle mit süßen Gebäck zu versorgen. Obwohl Piroska natürlich höchstens alle zwei Wochen Kuchen backen wird, denn wie Hunden sollte man auch Wilkos nicht zuviel Süßes geben.
Aber vielleicht, wenn das erste oder evtl. schon das zweite Welpe zwischen Piroskas Füßen krabbelt, während sie kocht oder sich mit Ylvigurs Farblösungen für die Gerblohe das sicherlich rote Fell bunt einfärbt. Vielleicht lacht dann Malia über einen blau und grün gescheckten Enkel, während sie Piroska beim Abschrubben hilft und Dawid für Ylvigur ein Regal baut, an das kein unternehmenslustiger kleiner Werwolf mehr herankommt – wer weiß? Das alles mag geschehen oder auch nicht, aber es gehört hier nicht mehr hin.
Denn wie immer am Ende einer Geschichte ist die Geschichte nun einmal unwiderruflich – zu Ende.
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