Eingesperrt und vergessen?

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„Raus mit euch!" Die barsche Stimme weckte sie auf

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„Raus mit euch!" Die barsche Stimme weckte sie auf. Erschöpft von der langen Wanderung und der allzu kurzen Nacht waren sie alle drei eingeschlafen. Piroska stellte mit Schrecken fest, dass sie halb auf Ylvigur lag und rückte eilends weg. Hoffentlich hatte sie seiner Nase nicht noch mehr Schaden zugefügt.

Jemand nahm die Säcke von ihnen fort und sie konnten sich wieder aufrichten. Auf einen weiteren Befehl hin robbten sie in die Richtung, in der sie das offene Ende des Wagens vermuteten. Piroska verlor dabei die Orientierung und knallte mit dem Kopf gegen eine Seitenplanke. Daraufhin fauchte die Frau mit der schrillen Stimme – Eliska hatte der eine Mann sie genannt -: „Mensch, stell dich nicht so dumm an. Sie sehen doch nichts. Mit Beulen und blauen Flecken lassen sich die Mädchen weniger gut vermitteln. HALT!" Der Schrei erschreckte alle drei. Gegolten hatte er offensichtlich Ylvigur, denn Eliska ordnete nun an: „Heb den Jungen vom Wagen. Der wäre jetzt beinahe kopfunter runtergeflogen und hätte sich wohl den Hals gebrochen. Und jetzt im Sommer lassen sich Leichen so schwer entsorgen!"

Daraufhin hielten sie inne. Der Wagen ruckelte, dann federte er etwas hoch und Eliska sagte scharf: „Stell ihn auf die Füße! Und halte ihn, bis er sicher steht!"

Einige Momente lang nahm Piroska dann nichts mehr wahr. Dann zog jemand an ihrem Fuß, zerrte sie unsanft vom Wagen und richtete sie auf. Piroska versteifte die Knie, bis sie fest stand und war überaus dankbar dafür, dass die Hand sie außen am rechten Knöchel gepackt hatte – die einzige Stelle, an der kein Messer stak. Marians Hirschfänger war außen im linken Stiefel, Ylvigurs Messer hatte sie in die Innenseiten beider Stiefel gesteckt.

Hinter ihr bewegte sich etwas. Dann fiel etwas schwer gegen sie und Eliska keifte: „Aufpassen, sagte ich! Wahrscheinlich sind ihre Beine eingeschlafen!"

Piroska stemmte die Füße fest in den Boden, um die offenbar gegen sie gefallene Jolanta zu halten. Die fing sich nach einem Moment wieder, flüsterte aber noch: „Piroska?"

„Ja", wisperte das Mädchen zurück.

Schon wurden sie wieder auseinander gerissen. Man zerrte sie in Dunkelheit und Kühle, dann wurden sie umgedreht und ihre Füße auf Stufen gesetzt. Nervös kletterte Piroska herunter, jederzeit mit einem Fall rechnend. Der geschah jedoch nicht ihr; als sie schon wieder auf festem Boden stand, hörte sie einen zweifachen, erschrockenen Ausruf, einen Fall und ein schmerzliches Jaulen.

„Der Wilko ist wohl noch nie eine Stiege hinuntergegangen", kommentierte der Mann mit der hellen Stimme spöttisch. „Aber der wohnt sicher in einer Erdhöhle, da gibt es sowas nicht."

Als ob er selbst das mit gefesselten Händen und ohne Sicht schaffen würde, dachte Piroska wütend. Sie fragte sich, was diese Menschen eigentlich gegen die Wilkos hatten. Nur weil Ylvigur im Wald wohnte, musste man ihn doch nicht wie ein Tier behandeln. Und selbst ein Tier hätte Piroska nie so verächtlich abgetan. Sie war sich aber bewusst, dass nicht viele das so sahen. Im Dorf hatte sie so oft „Das ist doch nur ein Tier", gehört, dass sie bei diesen Worten schon rot sah.

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