„Der Zellentrakt ist voll", erklärte der Reeder. „Die beiden Neuen müssen wir in die Stadt zurückschicken."
Piroska schrak auf, als sie die Stimme hörte. Seit Stunden hatte sie nichts mehr gehört außer den Geräuschen, die sie selbst verursachte. Das Kontor lag etwas abseits und erhöht, so dass man von ihm aus den ganzen Pier überblicken konnte. Zumindest am Tag. Jetzt war es bereits fast völlig dunkel.
Der Reeder hatte nicht mit ihr gesprochen, der Kapitän begleitete ihn und meinte gerade: „Das wird nicht nötig sein. Ich habe einige Arrestzellen auf dem Schiff, da können wir sie unterbringen."
„Gut, dann haben wir sie morgen schneller zur Verfügung", der Reeder war sofort einverstanden.
„Ich dachte eher, dass sie so schneller in die Betten kommen und – was ist denn hier passiert?" Er hatte die Schwelle übertreten.
„Ich!", sagte Piroska stolz. Sie kniete auf dem Boden und rieb gerade mit Salz und Essig die Butter vom Boden ab. Zur Verblüffung der beiden Männer löste sich damit auch der Teer von den Planken.
Das Kontor sah nun völlig anders aus. Das Regal war geschrubbt worden, die Bücher ordentlich eingeräumt und der Schreibtisch war wieder als solcher zu gebrauchen, auch wenn der größte Teil der Platte von Papierstapeln eingenommen wurde. Stapel, die Piroska sachkenntlich nach „Nam und Art" geordnet hatte, wie der Reeder mit einem raschen Blick feststellte.
Es gab noch viel zu tun. Aber immerhin konnte man wieder arbeiten. Der Kapitän begutachtete die Schiffsbücher, den Schreibtisch und die Stapel auf dem Tisch und auf dem Boden. Piroska hatte alles, was sie gefunden hatte, erst einmal sortiert.
„Die Schubladen sind noch leer", merkte sie an. „Ihr müsst mir sagen, wo ihr das Blankpapier, die Tinte und das alles hinhaben wollt."
Der Kapitän lächelte sie an. „Das werden wir beide morgen ausmachen. Du hast sehr gute Arbeit geleistet, ich kann jetzt schon mit den Eintragungen beginnen. Du darfst dann um mich herum scheuern und mir helfen, das alles hier zu sortieren."
Piroska nickte eifrig. "Gerne!"
„Es scheint dir beinahe Spaß zu machen, hm?"
„Ich kann Unordnung nicht leiden."
„Das sieht man. Aber jetzt komm, es gibt was zu essen und dann darfst du schlafen."
Piroska musste zugeben, dass ihr eine Pause mehr als lieb war. Sie folgte dem Kapitän aufs Schiff, wo bereits Ylvigur wartete, bewacht von zwei Matrosen.
„Wie war er?" fragte der Reeder.
„Sehr tüchtig. Brauchte nur einmal Pause, als er sich die Nase anstieß und sie zu bluten begann."
„Zeig her!" Piroska rannte, so schnell es die Ketten erlaubten, zu Ylvigur. „Er hat sich die Nase gebrochen", erklärte sie dem Kapitän.
„Sieht man. Scheint aber gut zu heilen. Habt ihr ihn versorgt?" Die Matrosen nickten. „Gut, dann geht's jetzt ab in eure Zellen. Die Ketten nehme ich euch über Nacht ab, aber dafür soll ich euch fesseln, sobald ihr gegessen habt. Tut mir leid, Anweisung von oben."
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Das Zeichen der roten Kapuze ✔️
FantasyPiroska will eigentlich nur der Frau Großmutter, die im Wald lebt, neue Vorräte bringen. Aber dort geht etwas Seltsames vor. Junge Frauen verschwinden spurlos, Reisende werden ausgeraubt und die Wölfe heulen am hellichten Tag. Und ein seltsamer jun...