Kapitel 1

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Wir hatten unsere Sachen in die neue Wohnung gebracht

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Wir hatten unsere Sachen in die neue Wohnung gebracht. Sie war zwar klein, aber schön hell.
Direkt danach waren wir aufgebrochen, um erst Amalas zukünftige Universität vom Nahen zu betrachten und dann den Sitz der Vogue Korea ausfindig zu machen. Die beiden Gebäude waren leider so weit voneinander entfernt, dass wir nicht unsere Mittagspausen gemeinsam verbringen konnten, aber dafür entdeckten wir in der Nähe des Hochhauses im Zentrum Seouls ein paar schöne Restaurants und Cafés. Wir waren die gesamte Gegend um das Vogue-Gebäude abgegangen, bis wir schließlich genau gegenüber an einem kleinen Café hängen blieben, das eine gelbe Markise ausgefahren hatte, um die Gäste, die draußen saßen, vor der prallen Sonne zu schützen. Das Café hieß Yellow Skies und es war eines dieser Cafés, die von außen kleiner wirkten, als sie wirklich waren. Als wir es betraten, gab es einen richtigen Baum, der in die Mitte des Cafés gepflanzt war, geschmückt mit gelben Lampions, die sich stark von den dunkelgrünen Blättern und dem hölzernen Interieur abhoben. Hinter der Theke des Cafés ging es noch weiter, zu einer Tür hinaus, die zu einem weiteren Außenbereich führte.
Amala und ich sahen uns nur kurz an und wir entschieden, ohne etwas zu sagen, dass wir uns auf jeden Fall nach draußen setzen würden. Auch im Außenbereich des Cafés war ein Baum in die Mitte des quadratischen Platzes gepflanzt. Drumherum gab es genügend Tische für Cafébesucher, die die sommerliche Atmosphäre genießen wollten, ohne dass der Platz dadurch überfüllt wirkte. Amala und ich hatten Glück, es waren nur noch zwei Tische für jeweils zwei Personen unbesetzt.

Sobald wir uns einen der Tische gesichert hatten, kam auch schon ein Kellner zu uns, als hätte er uns ankommen sehen. Er war ein großer, muskulöser Mann mit strahlendem Lächeln und großen, dunklen Augen. Eine seiner Augenbrauen und seine Unterlippe waren gepierct und unter seinem hochgekrempelten weißen Hemd kam ein tätowierter rechter Unterarm zum Vorschein.
"Guten Mittag, was darf ich Ihnen bringen?", fragte er uns und Amala setzte sich sofort auf, da sie ihre Chance witterte, das erste Mal in Südkorea etwas auf koreanisch bestellen zu dürfen. Sie bestellte für mich einen Eiskaffee mit und der junge Kellner bat uns, einen Moment zu warten und verschwand dann mit großen Schritten im Inneren des Cafés.
"Wow, wir sind gerade erst angekommen und die gutaussehenden Männer kommen wie von alleine", schwärmte Amala und fächerte sich mit der Hand Luft zu.
Sie hatte nicht unrecht, der gutaussehende Kellner war nicht der einzige Mann gewesen, der rein von seiner ästhetischen Ausstrahlung eine Wirkung auf uns gehabt hatte. Erst war es ein Mann in schneidigem Anzug und mit freundlichen Gesichtszügen gewesen, der den selben Bus wie wir genommen und uns den Platz angeboten hatte, den er besetzt hatte. Und bevor wir dann unsere neue Wohnung mit unseren Koffern erreichen konnten, hatte uns ein Mann mit tiefen Grübchen geholfen, das schwere Gepäck ins dritte Stockwerk, zufälligerweise auch sein Stockwerk, zu tragen. So wie es aussah hatten Amala und ich eine Glückssträhne. Besonders Amala, die sicherlich für den Rest der Woche bereits genügend Inspiration gesammelt hatte und dabei hatten wir Seoul selbst noch gar nicht richtig erkundet.

Der Kellner mit den dunklen Locken kam mit einem Eiskaffee und einem Latte Macchiato zurück und ich machte ein schnelles Foto von unseren Kaffees und einer posenden Amala für meinen Instagram Account. Es kamen direkt Reaktionen von High School Freunden und Uni-Bekanntschaften, die uns viel Spaß wünschten oder die beteuerten, wie neidisch sie waren. Mom sah das Foto ebenfalls und rief mich mitten in einem Gespräch mit Amala über pastellene Wandfarben und flauschige Teppiche an.
Entschuldigend sah ich Amala an, aber sie winkte nur ab und griff nach ihrem Latte Macchiato.
"Mom? Ist es nicht gerade erst drei Uhr morgens in Boston? Wieso bist du noch wach?"
"Nicht noch. Schon wieder. Ich kann nicht schlafen, wenn mein Baby so weit weg ist."
Ich verdrehte die Augen, musste aber lächeln.
"Ich bin vierundzwanzig und ich habe die letzten vier Jahre in New York gewohnt. Ich war vorher schon weit weg von Zuhause."
"Aber jetzt bist du nicht einmal mehr auf dem selben Kontinent. Selbst Veronica kann nicht schlafen."
"Weil deine Mutter mich die ganze Zeit mit ihren Sorgen wachhält", hörte ich sie im Hintergrund trällern, gutgelaunt wie immer.
Ich versprach ihr mich zumindest in dieser Woche jeden Morgen, Mittag und Abend zu melden und ihr ein kleines Update zu geben, damit sie beruhigt war. Ich hoffte, dass Mom und ihre Lebenspartnerin Veronica dann endlich in Ruhe schlafen konnten.
"Hat sie wieder das Besorgte-Mutter-Fieber erwischt?", fragte Amala, nachdem ich das Handy zurück in meine Tasche gesteckt hatte.
"Du kennst sie. Ich weiß noch, als sie sich als Betreuerin für eine Klassenfahrt gemeldet hat, als ich in der Middle School war. Das war so peinlich."
Amala schmollte. "Wenn du diese Geschichte auspackst, bin ich immer traurig, dass wir nicht zusammen zur Middle School gegangen sind."

Unsere Unterhaltung drehte sich um weitere peinliche Erlebnisse, die wir uns schon hunderte Male erzählt hatten. Die Kaffeegläser, die vor uns standen waren bereits leer und wir hatten vermutlich schon beinahe eine Stunde in diesem wunderschönen Café gesessen, die Pflanzen um uns herum betrachtet und geschätzt, wie alt der Baum im Zentrum des Außenbereiches wohl war. Amala kam auf Hundert Jahre ich schätzte ihn auf zwanzig, da er noch nicht so riesig war. Fest stand aber, dass es den Baum schon vor diesem Café gegeben haben musste. Der Baum im Innenbereich war sicherlich woanders aufgezüchtet und dann im Café eingepflanzt worden. Alles in allem erinnerte mich dieser Ort ein wenig an Der geheime Garten, eines meiner Lieblingsbücher.
"Guten Tag, darf ich den Damen noch etwas bringen?", fragte plötzlich ein Kellner mit tiefer Stimme und ich erschrak. Er entschuldigte sich und ich winkte lächelnd ab.
Als ich meinen beim Lächeln gesenkten Blick hob, merkte ich allerdings, wie meine Mundwinkel meiner Kontrolle entglitten. Mein Herz schien stehenzubleiben und meine Hände wurden plötzlich schweißnass.
Das gebräunte Gesicht des neuen Kellners kam mir bekannt vor, auch wenn es nicht mehr so klein und pausbäckig war, wie in meiner Erinnerung. Es war den süßen Babyspeck losgeworden doch die Züge waren die selben. Das dichte braune Haar war das selbe. Selbst das Lächeln war das selbe.

Er hatte Amalas Bestellung aufgenommen und wandte sich nun mir zu. Bitte erkenn mich nicht, bitte erkenn mich nicht, bitte nicht.
"Haben Sie auch noch einen Wunsch?" Dass du nicht erkennst, wer ich für dich einmal war, dachte ich in der Stille meines Kopfes.
Stattdessen stammelte ich allerdings nur: "I-i-ich ... ich ... Wasser. Ein Wasser. Bitte."
Er schrieb es sich mit einem nun reservierten Lächeln auf und bat uns kurz zu warten. Dann verschwand er und ich konnte ihm nur hinterherschauen und hoffen, dass er mich tatsächlich nicht erkannt hatte.
"Norang, alles in Ordnung?"
"Ja, ich ... es ist nur, ich kenne ihn."
"Oh fuck", sagte Amala und ich drehte mich zu ihr um und zog die Augenbrauen hoch. Amala fluchte unglaublich selten.
"Wir haben gestern noch drüber gesprochen und jetzt taucht auf einmal wirklich jemand auf, der dich vor deiner Transition gekannt hat? Ist er einer derjenigen, die es wissen?", flüsterte Amala leise.
Ich biss mir auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. Dass war es ja gerade, er hatte es vermutlich nie erfahren.
Sein Name war Kim Taehyung und bevor ich vor beinahe fünfzehn Jahren Südkorea verlassen hatte, war er mein bester Freund gewesen. Ein Kindheitsfreund, der mit seinem besten vermeintlich männlichen Freund gespielt und Abenteuer erlebt hatte. Ich hatte ihm nie erzählt, dass ich eigentlich ein Mädchen war. Und ich wollte es auch nicht tun, nachdem mein Vater nicht gerade wünschenswert reagiert hatte, als er davon erfahren hatte.

"Ich bin einfach gegangen, ohne etwas zu sagen", erklärte ich Amala und schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter.
"Ich habe meinen besten Kindheitsfreund einfach zurückgelassen, ohne dass er mich wirklich kennenlernen konnte."

[Es

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[Es. Geht. Los. Also, es ist letzte Woche schon losgegangen, aber jetzt geht es noch mehr los. Wenn ihr versteht. xD
Ich muss jetzt Weg, Kuchen essen!
Wir lesen uns Freitag, Leuts! Gönnt euch ein entspanntes Wochenende! <3]

Yellow Skies || kim taehyungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt