Primrue Mellark 3 | Kapitel 3

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Die Dolche in meinen Händen fühlten sich gut an. Ihr Gewicht gab mir die Stärke, die ich nicht mehr wirklich in mir spürte, jedoch somit mir selber vortäuschen konnte. 
Dazu war Cato an meiner Seite. 
Auch wenn ich immer gehofft hatte, war ein Teil von mir sich sicher gewesen, dass ich ihn nie wieder sehen würde. Doch jetzt ging er neben mir. Atmend und unverletzt. Seine Haut nicht mehr grau und schweißgebadet, wie damals, nach seiner Verletzung. Zu wissen, dass er lebte und das es ihm gut ging, war ein weiterer Schub, der mich deswegen weiter trieb. 
Leise setzte ich Fuß vor Fuß hinter Nex, während ich versuchte, mich irgendwie in den Gängen zurecht zu finden. Doch auch wenn ich oft hier lang gegangen war, oder geschleift wurde, war ich nicht wirklich fähig, irgendwelche Wege auszumachen.
Während wir durch den Zellenbereich gingen, spürte ich die Anspannung der Anderen um mich herum. Ich selber hoffte einfach darauf, dass wir bald hier heraus waren und ich meine Gedanken sortieren konnte.
Natürlich hatte ich nicht dieses Glück, da in der nächsten Sekunde auch schon ein Alarm los ging. 
„Hab mich schon gefragt, wann sie uns endlich bemerken.“; murmelte Nex vor mir und auch Cato neben mir brummte.
Die Anspannung nahm noch ein wenig zu jedoch mischte sich auch Kampfeswille hinzu. 
Niemand von uns würde aufgeben, dass war klar. 
Flax übernahm die Führung, als wir durch die Tür brachen, die den Zellenbereich vom normalen trennte. 
Ein Wachmann war gerade dabei sich aufzurichten, nachdem er anscheinend schon einmal niedergeschlagen wurde. Der Mann aus Distrikt Sieben zögerte jedoch nicht lange und schickte die Wache mit einen gezielten Schlag in den Nacken wieder ins Reich der Träume.
Keiner von uns achtete wirklich mehr auf den Mann. Wir liefen einfach weiter, auch wenn wir nur bis in den nächsten Hallenbereich kamen, als auch schon Kugeln um uns herum flogen. 
Shade reagierte als erster und packte Trius, um ihn mit sich in Deckung zu ziehen. 
Wir anderen machten es ihm nach, wodurch ich mich zwischen Nex und Cato eingequetscht wieder fand. 
„Und jetzt?“, rief Cato über den Schusswechsel hinweg, während Bryony und Finn schon beide dabei waren, das Feuer zu erwidern. 
„Es sind zwei.“, meinte Nex und versuchte um die Ecke zu schauen, kam aber nicht weit, da sofort an der Stelle, wo sein Kopf kurz war, Kugeln einschlugen, „Ich brauch zwei freie Sekunden, um einen zu treffen.“
Kurz nickte Cato, ehe er dieses mal zu den Mann aus Distrikt Zwei rief. 
„Shade! Ich brauch ein neues Magazin.“
Der andere Mann griff fast nebenbei in eine seiner vielen Taschen und zog das gewünschte heraus. Ohne wirklich hinzuschauen warf er es und Cato fing es genau so geschickt auf. Ich beobachte die anderen und stellte fast ehrfürchtig fest, wie sie eine regelrecht Einheit geworden war. 
Gleichzeitig übernahmen Shade und Cato das Sperrfeuer, während nun Finn und Bryony die Magazine wechselten; dann aber ebenfalls wieder schossen und somit die Gegner in Deckung zwangen.
Das schien das Zeichen für Nex, um aus unserer Deckung mit einen Hechtsprung raus zurollen und näher an unsere Gegner heranzukommen. Gleichzeitig hatte er Bogen und Pfeil schussbereit in der Hand, als er Kniend zum stehen kam. Selbst meine Mutter wäre davon begeistert gewesen. 
Genau in dem Moment, wo die beiden Schützen wieder nach oben kamen, schoss er und traf einen der Beiden zielsicher. Jedoch wurde mir da auch der Fehler in seinen Plan klar, da es schließlich zwei waren und dieser nun auf Nex anlegte. 
Gerade als ich eine Warnung brüllen wollte, wurde der zweite Schütze jedoch nach hinten gezogen und ein Messer sauste zwischen Schulter und Hals. Der Tote brach zusammen und ich erkannte kurz einen grinsenden Flax, ehe er wieder im Schatten regelrecht verschwand. 
Sie waren wirklich ein Team. Natürlich hatten sie daran gedacht. 
„Alle in Ordnung?“, fragte Nex schwer atmend und drehte sich wieder zu uns um. 
Alle anderen nickte oder regten Daumen in die Höhe, während das Adrenalin in allen abebbte. 
Es waren nur wenige Sekunden gewesen und trotzdem war ich genau so nutzlos wie ein unbewaffnetes Kind. Ich war wütend darüber. Auch wenn ich erschöpft war und ein Großteil von mir einfach nichts mehr tun wollte, schrie ein anderer auf, weil er nicht mitkämpfen konnte; das er kein Teil dieses Teams war.
Gerade als ich mich auch wieder hinter die Deckung fallen lassen wollte, bemerkte ich jedoch eine Bewegung, wo gar keine sein durfte. 
Verwirrt kniff ich die Augen zusammen und versuchte es erneut zu sehen. Oben, auf den Querbalken der Halle, war etwas, aber erst in der nächsten Sekunde wurde mir klar, welche Gefahr da oben lauerte.
Der Schafschütze brachte sich gerade in Position und hatte eindeutig auf Nex angelegt, dessen Namen ich in dem Moment auch schon rief. 
Verwirrt blickte er mich an, als meine Beine sich auch schon von selber in Bewegung setzten. 
Schnell schoss ich vorwärts und traf hart auf Nex Brustkorb. Es fühlte sich an, als würde ich gegen einen Berg rennen, aber die Überraschung war auf meiner Seite, weswegen er stürzte. Genau in dem Moment ging auch der Schuss los und ich betete, dass Nex schnell genug fallen würde, da es mir vorkam, als würden wir in der Luft stehen.
Trotzdem war ich schnell genug gewesen, um Nex aus der Schussbahn zu bringen. Jedoch nicht, für mich selber, was mir auch erst in dem Moment klar wurde, als die Kugel in meiner rechte Schulter einschlug. 
Ich konnte regelrecht spüren, wie sie sich durch Haut, Sehnen und Muskeln fraß und erst in meinen Knochen stecken blieb, wodurch ich durch den Aufschlag zurück geschleudert wurde. Hart schlug ich gegen eine Säule die auch noch die Luft aus meiner Lunge trieb, doch dies war nichts gegen den brennenden Schmerz in meiner Schulter. 
Schreie wurden laut. Ein erneuter Kugelhagel. Kurz darauf ein dumpfer Aufschlag, den nur ein Menschenkörper verursacht wurde. Es schien alles weit weg zu sein. Alles in meinen Körper schien nur auf meine Schulter konzentriert zu sein. Mein ganzer Arm, kribbelte und schien gleichzeitig eine Feuerspur zu der Einschussstelle zu beschreiben. Ich war schön öfters verwundet wurden, aber Klingen waren etwas anderes als diese unscheinbar wirkende Kugel.
Wie von selbst legte ich meine Hand auf die Wunde, wodurch der Schmerz größer wurde und ich ein aufstöhnen nicht verhindern konnte. Blut strömte über meine Finger und ich merkte, wie es immer schwerer wurde, klar zu denken. 
Alles was ich spürte, war Schmerz.

Primrue Mellark 3 | Ungewolltes VermächtnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt