„Beweg dich langsam.", befahl meine Mutter ohne mich anzusehen.
Ihr Blick war immer noch hinter mich gerichtet, während sie langsam nach einem Pfeil griff.
Ich tat, wie sie mir sagte und drehte mich nur so langsam wie möglich herum, auch wenn alles in mir danach schrie, mich schneller zu bewegen.
Als ich jedoch sah, was meine Mutter meinte, war ich froh, dass ich den Reflex unterdrücken konnte.
Die menschgroßen Rattenwesen, die zum Teil nur auf ihren Hinterfüßen standen, zum Teil auf allen vieren, waren mir nur zu gut bekannt.
„Sie sind schnell."; flüsterte ich, als ich mich daran erinnerte, wie ich mit Nex Karlic gefunden hatte, als er in der Arena gegen diese Viecher gekämpft hatte, „Sie greifen zusammen an."
„Du kennst die Dinger also schon?", wollte meine Mutter wissen. Jedoch reimte sie es sich selber zusammen woher.
„Nios Arena.", stellte sie fest und ich nickte vorsichtig, während ich zählte, wie viele Gegner wir hatten.
Zu sehen waren nur fünf, aber ich war mir sicher, dass noch mehrere von ihnen sich irgendwo versteckten.
„Lass dich von ihnen nicht zu weit weg treiben.", ermahnte mich meine Mutter und erneut nickte ich zustimmend.
Es war eine angespannte Situation. Ich konnte die Muskeln der Mutationen, die bis zum zerreissen gespannt waren, sehen und doch bewegten sie sich keinen Millimeter, genau wie wir. Sie warteten, musterten uns nur aus ihren kleinen Knopfaugen.
Jedoch wusste ich nicht warum. Was wenn sie auf weitere Ratten warteten? Wer wusste schon, wie viele Nio auf uns losgelassen hatte, neben seinen Soldaten?
Katniss neben mir schien zu dem gleichen Entschluss zu kommen, da in der nächsten Sekunde auch schon ein Pfeil an mir vorbei sauste und die vorderste Mutation zu Boden streckte.
Kurz zappelte sie noch, doch dann blieb sie reglos liegen. Ihre Kameraden starrten einen Moment auf sie, ehe eine nach der Anderen aufblickte und ein schrilles, keifendes Geräusch ertönen ließ.
„Ich glaub, dass hat sie wütend gemacht.", schlussfolgerte meine Mutter, doch ich konnte auf ihre sarkastische Aussage nichts erwidern, da sich bereits die restlichen vier Ratten in Bewegung setzten.
Reflexartig warf ich mein erstes Messer und traf eine der Ratten genau in die Brust, genau wie Katniss noch eine weitere mit einem Pfeil erledigte.
Ich hatte jedoch gerade noch genug Zeit, um meinen zweiten Dolch zu zielen, ehe die dritte Mutation bei mir war und sich auf mich stürzte.
Geschickt wich ich zur Seite aus und schaffte es, ihr in den Bauch zu stechen, was sie jedoch nur noch wütender zu machen schien. Ihre Klaue fegte haarscharf an meinem Gesicht vorbei, gefolgt von ihrem Maul, welchen ich nur ausweichen konnte, weil ich mich unelegant auf den Boden fallen ließ.
Ich rollte mich von der Mutation weg, während diese wütend immer wieder nach mir trat, ehe ich das vertraute Geräusch eines abgefeuerten Pfeiles hören konnte.
Die Mutation folgte mir nicht weiter und fiel Tod zu Boden, als ich mich gerade wieder schweratmend aufrappelte.
Meine Mutter zog mich zu sich während, wie vermutet, weitere Ratten auftauchten.
Trotzdem konnte Katniss sie mit ihrem Bogen gut in Schach halten, während ich begann die Pfeile, der naheliegenden Ratten einzusammeln, damit sie nicht ausgingen.
Irgendwann gab es keinen Nachschub mehr und wir konnten erleichtert aufseufzen.
„Ich hasse Ratten.", stellte meine Mutter fest und trotz der ausichtslosen Sitution, in der wir uns gerade noch befunden hatte, konnte ich nicht anders als lachen.
Gerade als ich hoffte, dass wir uns ausruhen konnten, hörte ich jedoch ein auffälliges Knacken links von uns.
Ich rechnete mit einer neuen Mutation und auch Katniss, die zwischen mir und den Gegner stand, schien es gehört zu haben.
Jedoch trat nicht eine Ratte aus der Deckung, sondern ein Soldat.
Erstarrt konnte ich nur dabei zu sehen, wie er seine Waffe hob, während meine Mutter nach einen weiteren Pfeil griff.
Ich wusste, dass sie schneller war, als der Soldat, jedoch griff ihre Hand ins leere.
Keine Pfeile.
Endlich ließ mein Körper zu, dass ich reagierte, weswegen mein Messer an meiner Mutter vorbei flog. Jedoch schoss auch der Soldat genau in dem Moment, ehe meine Waffe ihn traf und er Tod zu Boden glitt.
Ich spürte nicht den bekannten Schmerz einer Schussverletzung und auch nicht den Rückschlag, den die auftreffenden Kugeln verursachten.
Panisch schaute ich zu Katniss, die immer noch neben mir stand und lächelte.
Vier blutende Einschusslöcher in ihrer Brust.
Als sie zusammenbrach, gefror mein eigenes Blut zu Eis in meinen Adern. Ich fing sie auf, auch wenn es mich dadurch nur an Haymitch erinnerte.
Mein kleiner Bruder hatte gelächelt, als er mit vier tiefen Wunden in der Brust zusammen gebrochen und gestorben war.
„Mum bitte. Sag mir das es dir gut geht. Bitte.", flehte ich sie an, doch nur ein Husten kam über ihre Lippen, gefolgt von einen rasselnden Atemzug, der jegliche Hoffnung in mir zunichte machte und nur ein Brennen in meinem Inneren zurück ließ.
„Du gibst nicht auf, hörst du?", brachte Katniss schwer hervor, „Ich hab nicht gewollt, dass es so endet. Sag deinen Vater, dass ich ihn Liebe und dass ich nicht gehen wollte."
„Hör auf, du musst kämpfen, bitte.", bat ich erneut, wodurch meine Mutter mich sanft anlächelte.
„Meine kleine Primrue. Ich hatte nie gewollt, dass du dieses Leben leben musst, wie ich. Aber du bist stark. Ich bin stolz auf dich, vergiss das nie.", erklärte sie, während ihre Stimme immer leiser wurde und ihre Augen langsam zu fielen.
Ich konnte nur panisch dabei zu sehen und es nicht verstehen.
„Bitte.", flehte ich erneut, „Bitte nicht Mum. Mach die Augen auf. Bitte."
Sie reagierte nicht, weswegen ich sie fester in meine Arme zog und schüttelte.
„Bitte Mami.", hörte ich mich selber sagen und klang wieder wie ein kleines Kind.
Doch keine Reaktion kam.
Sie war fort.
Der Gedanke allein konnte keinen halt in meinem Kopf fassen. Die Panik darüber schnürte mir meinen Hals zu. Mit tränenverhangenen Augen schaute ich mich um und alles was ich wusste war, dass ich allein war.
Ich wollte nicht allein sein. Nicht jetzt.
Als eine Gestalt über einen Schutthaufen geklettert kam, konnte ich nicht reagieren. Sie starrte auf mich und meine Mutter.
„Nein"
Dieses eine schmerzhafte Wort ließ mich die Person erkennen. Es war wohl auch die einzige Person, die ich in diesen Moment bei mir haben wollte, weil er meinen Schmerz verstand.
Deswegen ließ ich Katniss auch los und rannte auf ihn zu.
Finn griff sofort nach mir und zog mich fest in seine Arme.
Endlich bekam ich wieder Luft und konnte den Schmerz über den Verlust meiner Mutter zu lassen. Mein Gehirn realisiert was passiert war und ich brach schluchzend in den Armen des Mannes, der für mich immer ein großer Bruder gewesen war, zusammen.
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Ich bin über eure Meinung gespannt. Dies war eines der schwereren Kapitel zu schreiben, genau wie fast jeder Tod in einer Geschichte. Natürlich war dieser hier noch einmal etwas besonders schweres und ich habe lange darüber nachgedacht. Lasst mir eure Meinung da. ^^
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Primrue Mellark 3 | Ungewolltes Vermächtnis
FanfictionTeil 3 der Geschichte um Primrue Mellark [Teil 1: http://www.wattpad.com/story/14799951-primrue-mellark-ungewolltes-erbe // Teil 2: http://www.wattpad.com/myworks/19788964-primrue-mellark-2-ungewolltes-schicksal] Ich weiß nicht, wie lange ich in de...