Primrue Mellark 3 | Kapitel 35

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In der Dunkelheit kamen wir ein wenig schneller voran. Es war leichter sich an einigen Soldaten entlang zu schleichen, während sie in die andere Richtung sahen.
Trotzdem schien es mir ewig zu dauern, bis endlich die Mauern von Nios Anwesen in Sicht kamen.
Mit dem Rücken an die Mauern gedrückt, schauten wir uns gegenseitig an.
Keiner schien wirklich sprechen zu wollen, jedoch wollte ich auch nicht ewig hier bleiben und den Wachen dabei zusehen, wie sie ihre Runden auf den Gelände drehten.
„Wie weiter?", fragte ich deswegen flüsternd.
Shade zuckte mit den Schultern.
„Wir können versuchen uns durchzuschleichen oder angreifen.", erklärte er ruhig.
„Die Chance, dass wir alle einfach dabei drauf gehen, wenn wir angreifen, ist ziemlich hoch.", erinnerte Padax in der gleichen Lautstärke wie wir.
„Alle reinschleichen wird auch nicht funktionieren.", mischte sich nun Flax ein, „An den Soldaten außerhalb des Anwesens langzukommen war einfach, aber da drin ist unsere Gruppe einfach zu groß, damit wir alle ungesehen an Wachen und Kameras vorbeikommen."
Alle schienen kurz zu überlegen, doch es war ziemlich klar, dass uns nur eine Möglichkeit gab, um Nio sicher zu erreichen.
„Dann teilen wir uns auf.", sprach ich aus, was alle dachten.
Ich konnte in ihren Gesichtern sehen, dass ihnen die Idee genau so wenig gefiel wie mir selber, nachdem was mit meiner Mutter geschehen war, aber wir hatten keine andere Wahl.
Das schienen auch die Anderen nach wenigen Minuten einzusehen, weswegen Padax nickte.
„Das ist wohl der beste Plan... oder eben auch der einzige. Primrue und Flax kommen mit mir. Ihr anderen greift an.", schlug er vor, woraufhin Flax sich wieder einschaltete.
„Meleena bleibt bei uns.", entschied er ernst.
Der Mann aus Distrikt Sieben schien angespannt, besonders wenn es um seine kleine Ziehschwester ging. Ich wusste nicht die ganze Geschichte der Beiden, nur die ihrer letzten lebenden Verwandten. Als Johanna die Beiden bei sich aufgenommen hatte, schien Flax jedoch einen starken Beschützerinstinkt für Meleena entwickelt zu haben.
Auch Padax schien dies zu merken, weswegen er zustimmend nickte.
„Dann bleibt nur ihr Drei um für Ablenkung zu Sorgen.", meinte er an Shade, Bryony und Finn gewandt.
„Oh ich war schon immer gut dafür, alle aus der Fassung zu bringen.", grinste die Frau aus Distrikt Zwei, was Finn einen Hustenanfall bescherte und Shade nur schief grinsen ließ.
Ich dachte daran zurück, wie wir im Kapitol erfahren hatten, das Navet eigentlich gar nicht Shades Sohn war, sondern Finns und wie sehr es ihn aus der Bahn geworfen hatte.
Ja, Bryony war wirklich gut darin, ohne es wahrscheinlich zu wollen.
Padax nickte.
„Wir versuchen uns zu beeilen. Wir teilen uns noch einmal auf. Flax und Meleena, versucht auf die andere Seite des Anwesens zu kommen und dort irgend einen Weg zu finden. Primrue und ich, nutzen den Weg hier vorne."
Erneut stimmten alle zu. Drei kleine Gruppen waren besser als eine Große. Eine Gruppe würde hoffentlich zu Nio durchkommen.
Trotzdem hatte ich Sorge, die Anderen nicht mehr wiederzusehen.
Finn schien es ähnlich zu gehen, da er mich im nächsten Moment auch schon fest an sich zog. Einen kurzen Moment hielten wir uns fest, ehe er mich auf Armeslänge von sich schob und lächelte.
„Du passt auf dich auf, okay?", verlangte Finn.
„Und du auf dich.", konterte ich darauf nur.
Kurz darauf wurde ich auch schon von Shade in die Arme genommen.
„Bis später Kleine. Halt den Kopf unten.", schlug er vor, was mich nun auch kurz schmunzeln ließ.
„Und du passt auf sie auf Padax.", verlangte Finn, was mich nun die Augen verdrehen ließ.
Padax grinste nur und zog mich dann von Shade weg, damit wir endlich anfangen konnten.
Bryony hatte nicht übertrieben, als sie meinte, dass sie gut ablenken konnte, weswegen Flax und Meleena ohne Probleme hinter das Anwesen kamen und auch Padax und ich das Anwesen ohne große Probleme erreichten.
Drinnen angekommen, wusste ich jedoch immer nicht wirklich, wo wir genau hin mussten.
„Padax? Wo genau ist Nio.", wollte ich wissen, als genau in dem Moment Wachen um die Ecke kamen.
So viel zum Thema unauffällig bleiben.
Fluchend griff Padax an und rannte im wahrsten Sinne des Wortes den ersten Soldaten einfach um, während ich noch meine Dolche heraus zog.
Gleichzeitig brachte ich mich in Deckung, da der Zweite, der vier Soldaten nun auf mich schoss.
Blind warf ich ein Messer in seine Richtung, wodurch ich seine Salve unterbrach und mich nun ebenfalls auf ihn stürzen konnte, wie Padax vorher auf seinen.
Im Nahkampf mir vollkommen unterlegen hatte ich ihn schnell niedergerungen, weswegen ich mich den verbliebenen Zwei zuwanden wollte. Sie hatten jedoch ihren ersten Schock, uns zu sehen, ebenfalls überwunden, weswegen sie ihre Waffen anhoben.
Padax konnte wie ich nur darauf schauen, da wir Beide zu weit weg waren, um wirklich angreifen zu können, als auf einmal ein Pfeil den Ersten niederstreckte. Der zweite Soldat hatte keine Zeit wirklich darauf zu reagieren, als ihn ebenfalls ein Pfeil traf und er getroffen zu Boden ging.
Verwirrt drehten Padax und ich uns um, damit wir unseren Retter sehen konnten, auch wenn ich bereits einen Verdacht hatte. Niemand schoss so schnell und zielsicher, wie Nex.
Genau dieser trat nun auch grinsend aus dem Schatten und schüttelte den Kopf.
„Euch Zwei kann man auch einfach nicht alleine lassen oder?", fragte er gespielt entpört, doch ich ging nicht darauf ein.
„Was zum Henker machst du hier? Du solltest doch im Versteck bleiben?", wollte ich wissen, als mir ein anderer Verdacht kam. „Wurdet ihr angegriffen?"
Eiswasser spülte bei dem Gedanken durch meine Adern und mein Herz hörte auch nicht auf zu rasen, als Nex den Kopf schüttelte.
„Das hier ist auch mein Kampf. Ich konnte nicht tatenlos rumsitzen. Besonders nicht nachdem... tut mir Leid wegen deiner Mutter."
Nur die Erwähnung an sie schnürrte mir den Hals zu, weswegen ich nur gezwungen nickte.
„Mein Vater... ich mein, weiß er es schon?", fragte ich ängstlich, da ich nicht wusste, was ich als Antwort bekommen würde.
Nex nickte.
„Es geht ihm nicht wirklich gut aber Cato passt auf ihn auf.", gestand er ruhig.
Das war gut. Cato würde nicht zulassen, dass er sich etwas antat. Wenn ich überlebte, könnte ich also zumindest meinen Vater wiedersehen.
„Danke, dass du uns gerade das Leben gerettet hast.", brachte ich deswegen verspätet heraus.
„Hey, das ist doch mein Job oder? Retter in der letzten Sekunde.", grinste Nex, woraufhin nun Padax lachend den Kopf schüttelte.
Kurz darauf wurden wir jedoch wieder ernst.
Schweigend sammelte jeder seine Waffen ein, ehe wir noch ein letzes mal tief durchatmeten.
„Dann lasst uns dieses Spiel endlich zu Ende bringen.", murmelte Nex und ich stimmte murrend zu.
Nio war endlich zum greifen nah und alles was ich wollte, war ihn endlich tot zu sehen.

Primrue Mellark 3 | Ungewolltes VermächtnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt