Primrue Mellark 3 | Kapitel 30

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Bei meiner Wohnung angekommen, atmete ich noch ein letztes mal tief durch und zwang mir ein Lächeln auf, ehe ich vorsichtig die Tür öffnete.
Cato war jedoch wach, hatte wahrscheinlich nicht mehr geschlafen, sondern lehnte am Kopfende und schaute mich an.
„Da bist du ja wieder." lächelte er, „Alles okay?"
„Wir wissen wo Nio ist.", platze ich heraus, da es nichts brachte lange um den heißen Brei zu reden.
Schließlich hatten wir nicht mehr lange Zeit zusammen und wer wusste schon, ob ich wieder kommen würde.
Das schien auch Cato zu verstehen, da er schwieg, als ich die Tür hinter mir schloß.
„Du gehst.", stellte er fest und ich nickte, „Und ich kann nicht mit."
Der Schmerz in seiner Stimme tat mir selber weh, weswegen ich mit schnellen Schritten zu ihm ging und mich zu ihm setzte.
„Ich komme wieder Cato.", versprach ich leise, „Ich lass niemanden noch einmal zwischen uns kommen. Auch nicht Nio. Aber ich muss das tun, sonst werd ich ihn nie los."
„Ich weiß.", flüsterte Cato nickend, ehe er traurig lächelte. „Wie lange haben wir noch?"
„Zwei Stunden.", gestand ich.
Seufzend lehnte sich Cato wieder etwas mehr an, ehe er seine Arme nach mir ausstreckte.
„Dann komm wenigstens her.", verlangte er sanft und ich kam seiner Aufforderung nur zu gerne nach.
Ich krabbelte über das Bett zu ihm und unter die Decke. Vorsichtig lehnte ich mich an ihn, als er jedoch nicht schmerzhaft zusammen zuckte, atmete ich erleichtert auf und entspannte mich. Sofort schloss sich Catos zweiter Arm um mich und hielt mich so an seinem Körper gefangen.
Genüsslich schloß ich die Augen und versuchte alles von ihm aufzunehmen.
„Vergiss da oben nie, wer du bist.", erinnerte mich Cato nach einer Weile des Schweigens, „Egal was passiert oder was du siehst, denk immer daran, dass ich auf dich warte."
Ich schaute auf zu ihm und spürte da bereits seine Lippen auf meinen. Einen Moment genoss ich einfach das Gefühl, ehe ich den Kuss erwiderte. Sanft strich ich dabei über seine Wange, während er mich näher an sich zog. Es schien Cato nicht zu schmerzen, weswegen ich einfach alles um mich herum ausschaltete, damit ich nur ihn wahr nahm. Seine Lippen, seine Arme, die mich festhielten und sein Herzschlag, der gegen meine Brust schlug.
Viel zu schnell lösten wir uns wieder von einander und blickten uns schweratmend in die Augen, wobei nun auch die Angst zurück kam, ihn nie wieder zu sehen.
„Wie hast du es geschafft, dich so tief in mein Herz zu verankern?", fragte ich ihn leise.
Einen Moment schien Cato zu überlegen, ehe er sanft lächelte.
„Anscheinend war es eine gute Idee ein Messer auf dich zu werfen?", wollte er wissen und nun musste ich auch ein wenig lachen, als ich mich daran erinnerte, wie wir uns kennen gelernt hatten.
Er war mein Mentor gewesen und mir war von anfang an klar gewesen, dass er nichts Gutes mit uns vorhatte. Deswegen war es kein wirkliches Wunder, als er ein Messer nach mir und meinen kleinen Bruder geworfen hatte.
„Das ist eine sehr riskante Methode.", meinte ich gespielt ernst.
„Hey, du hast danach einen Apfel auf mich geworfen!", erinnerte er mich genau so und küsste mich auf die Stirn.
„Dann hast du mich gerettet.", kam es über meine Lippen und Cato hielt kurz Inne, während er mich verwirrt musterte. „Nicht nur, weil du mich aufgehalten hast, mich selber umzuringen, sondern weil du mir den Apfel geschickt hast, als ich aufgegeben hatte."
„Ich wusste, dass er dich an deine eigenen Worte erinnern würde.", stimmte Cato leise zu, „Dich dort liegen zu sehen und zu wissen, dass du aufgegeben hattest, fühlte sich schlimmer an, als alles, was ich bis damals erlebt hatte. Nur verstand ich damals nicht warum. Ich wusste, dass Dillian dir helfen wollte, aber du ließt ihn nicht, also musste jemand dich daran erinnern, wer du warst. Primrue Mellark gibt schließlich niemals auf."
„Aber nur, weil du nach der Arena dagewesen warst. Für meine Eltern wollte ich da bleiben. Für dich wollte ich leben. Dabei habe ich mich oft gefragt, wann ich dir genug auf die Nerven gehe und du mich nicht mehr reinlässt, wenn ich dich mitten in der Nacht weckte."
„Du hast mich nie geweckt.", gestand er, „Wann immer das Wetter schlecht war, lag ich wach und wartete. Einerseits hatte ich immer gehofft, dass du zu mir kommen würdest, andererseits hoffte ich, dass dich die Nacht nicht so quälen würde." Erneut lachte er fast schüchtern auf, „Ich bin erbärmlich, ich weiß."
„Erbärmlich ist glaube ich das letzte Wort, was mir zu dir einfällt.", konterte ich sofort, „Schließlich wäre nicht jeder einfach so freiwillig mit mir ins Kapitol gegangen, besonders nachdem er, wie du, gewusst hätte, wie ich drauf war. Trotzdem hattest du nicht eine Sekunde gezögert."
„Und ich würde es immer wieder tun, auch wenn dies bedeutete, noch einmal in Nios kranker Arena zu landen.", gab er zurück und küsste mich auf die Nasenspitze.
Gerade als ich ihn wieder zu einem erneuten Kuss ziehen wollte, klopfte es jedoch an der Tür und wir schauten verwirrt auf.
Ich wusste nicht wirklich, wer uns jetzt stören würde, weswegen ich zur Tür ging und nicht dumm schaute, als ich Henna davor sah.
Sie gab mir jedoch auch gar nicht die Möglichkeit zu fragen, da sie sich sofort an mich warf und ich dadurch nach hinten stolperte.
Gerade so fand ich mein Gleichgewicht wieder, als das jüngere Mädchen auch schon bereits begann zu schluchzen und ich hilflos zu Cato schaute, der nur mit den Schultern zucken konnte.
„Du gehst also hoch?", schniefte sie plötzlich und ich wusste woher ihre eindeutige Angst kam.
„Ja, aber ich komme wieder.", behauptete ich deswegen erneut.
„Versprichst du es?", fragte Henna leise und schaute mich mit großen Augen an.
„Ich verspreche, dass ich alles versuchen werde, um wieder zu kommen.", versprach ich ruhig und schaute dabei nicht weg.
Anscheinend schien ihr die Wahrheit besser zu tun, als eine halbherzige Lüge, da sie sich langsam wieder beruhigte und nickte.
„Ich... also... jemand muss sich doch um Cato kümmern, oder? Schließlich soll er sich nicht bewegen?", stelte sie eher fragend fest und ich musste schmunzeln.
„Heißt das, du spielst meine Krankenschwester bis Primrue wieder da ist?", mischte sich jetzt jedoch Cato ein und ich lächelte ihn dankbar an.
So hatte Henna wenigstens jemanden, an den sie sich in der Not wenden konnte.
Auch das Mädchen nickte sofort begeisert, weswegen ich kurz auflachte.
„Ich sehe schon, ihr Beiden versteht euch. Dann werd ich wohl mal los machen."
Natürlich wurden beide sofort wieder still aber ich nahm es ihnen nicht übel. Schließlich wollte ein Teil von mir auch einfach hier bleiben.
Trotzdem zwang ich meine Beine noch einmal zum Bett zurück und lehnte mich zu Cato.
Ein letztes mal küssten wir uns sanft und zärtich. Ein Abschiedskuss.
„Ich liebe dich Cato.", erklärte ich noch einmal leise, da ich das Bedürfnis dazu hatte.
„Ich liebe dich auch. Für immer. Egal was passiert.", erwiderte Cato und blickte mir tief in die Augen, so dass ich ein letztes mal in seinem grau versinken konnte, „Vergiss das nicht."
„Niemals."

Primrue Mellark 3 | Ungewolltes VermächtnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt