24. Kapitel- Elijah

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Ich liebe es mit Violet an unserem Kunstprojekt zu arbeiten. Es herrscht einfach immer eine gute Stimmung zwischen uns. Und obwohl wir uns währenddessen nicht viel unterhalten, finde ich es einfach toll. In manchen Momenten braucht man nicht viele Worte, um sich zu verstehen. Noch dazu müssen wir uns auch in gewissem Maße konzentrieren, da dieses Kunstprojekt benotet wird und diese Note schon ein wichtiger Teil in diesem Fach ist.

Fröhlich vor mich hin grinsend gehe ich wieder zu Violet. Gerade war ich noch auf der Toilette. Und ich habe mir schon die richtigen Worte zurecht gelegt, wie ich Violet fragen könnte, ob wir heute noch etwas zusammen unternehmen. Nur wir zwei. Für mich wäre es dann so eine Art Date, aber ich weiß nicht, als was es Violet betiteln wird, dies werde ich ihr aber selbst überlassen. So kann ich dann auch sehen, wie weit wir schon sind.

Aber als ich um die letzte Ecke biege, sehe ich ein Bild, was ich so überhaupt nicht erwartet habe und auch nicht sehen will. Schnellen Schrittes nähere ich mich Violet, die sich tapfer gegen irgend einen Mann wehrt, der ihr anscheinend einen Kuss aufdrängen will. Von hinten kann ich diese Person nicht identifizieren, aber was klar ist, ist, dass ich diese Person definitiv nicht leiden kann. Er bedrängt meine Violet. Der Beschützerinstinkt in mir meldet sich und ich werde noch einen Schritt schneller.

Als ich nahe genug dran bin, packe ich den Unbekannten an der Schulter und ziehe ihn so nach hinten. Da er wahrscheinlich nicht mit jemand anderes gerechnet hat, verliert er sofort das Gleichgewicht und landet am Boden.

Ein schneller Blick genügt mir derweil, um fest zu stellen, dass Violet keine offensichtlichen Verletzungen hat, um alles andere werde ich mich nachher kümmern, aber zuerst muss ich mich um diesen Vollidioten kümmern.

Zwar nehme ich schockiert wahr, dass das unser Sportlehrer vor mir am Boden ist, aber das ändert für mich in diesem Moment gar nichts, wenn diese Tatsache das Ganze nicht sogar noch schlimmer macht.

Unser mieser Sportlehrer, wollte gerade aufstehen, aber dass kann ich nicht zu lassen und so landet meine Faust in seinem Gesicht. Am liebsten würde ich ihn noch viel öfter schlagen, aber ich darf nicht. Also versuche ich meine Wut zu unterdrücken und öffne langsam meine verkrampften Fäuste und atme ein paar Mal tief ein und wieder aus.

Suchend blicke ich mich nach Violet um, kann sie aber nirgends entdecken. Lange muss ich mir darüber aber keine Gedanken machen, denn schon sehe ich sie um die Ecke kommen. Im Schlepptau mit unserer Direktorin und ihrem Mann, welcher zugeleich auch ein Mathe Lehrer an unserer Schule ist. Anscheinend hat Violet den beiden schon alles erzählt, denn die nehmen den am Boden liegenden Sprotlehrer gleich mit, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen.

Auch Violet und ich folgen den Beiden anschließend in das Direktorat. Zu meiner Verwunderung kommen dort auch gerade zwei Polizisten an. Wie viel Zeit ist in der Zwischenzeit bitte vergangen, als ich mit mir gerungen habe, diesen Idioten nicht blutig zu schlagen.

___

Im Anschluss ging alles noch ziemlich schnell. Violet musste die ganze Geschichte noch einmal vor den Polizisten schildern. Dabei habe ich dann auch alles erfahren, zum Beispiel, wie es überhaupt zu dieser Situation kam. Und als ich das ganze hörte, konnte mich nur Violets zierliche Hand auf meinem Arm und ihre leicht ängstlichen Augen beruhigen, sonst hätte ich für nichts garantieren können.

Danach wurde unser Sportlehrer weggebracht und Violet bekam die Möglichkeit, dass sie die nächsten Tage auch zu Hause bleiben könnte, wenn sie will. Die ganze Zeit über war ich bei ihr und habe ihre kleine Hand nicht aus meiner entlassen. Sie schien es aber auch nicht gestört zu haben.

Und jetzt stehen wir beide vor dem Schulgebäude und scheinen beide nicht so recht zu wissen, was wir machen sollen. Ich will Violet zu nichts drängen, aber ich will sie auch nicht allein lassen. Das kommt für mich im Moment überhaupt nicht in Frage.

"Ähm, würde es die etwas ausmachen, wenn du zu mir mitkommst? Ich will jetzt irgendwie nicht allein sein.", kommt die zögernde Frage von Violet.

"Natürlich. Was ist das denn für eine Frage.", versuche ich sie ein wenig zum lächeln zu bringen. Was auch funktioniert. Zwar ist es ein wackliges Lächeln, aber immerhin ist es eines.

Mit meinem Auto fahren wir zu ihr. Meiner Schwester habe ich eine Nachricht geschrieben, das ich später kommen werde und mit einer Kurzform des Ereignisses. Natürlich habe ich Violet vorher gefragt, ob Hazel es wissen darf. Aber die beiden haben in den letzten Monaten eine sehr enge Bindung zueinander aufgebaut sodass sie sich gegenseitig nichts verschweigen. Und ich hoffe, dass Hazel Violet helfen könnte, das Ereigniss zu verarbeiten.

Im Moment macht sie zwar keinen emotional aufgelösten Eindruck, aber ich bin mir sicher, dass man eine solche Situation nicht hinunter spielen darf. Und wie man es verkraftet hat auch nichts mit Schwäche zu tun. Denn was sicher ist, ist das diese Situation definitiv schon unter Belästigung fällt, vielleicht auch Nötigung. Aber ich kenne mich mit diesem Thema auch nicht aus.

Aber ich bin mir für mich sicher, dass ich Violet immer bei stehen werde, wenn sie mich braucht. Sei es, wenn sie diese Bitte ausspricht oder auch wenn man sie nur ein klein wenig in den Augen ablesen kann. Ich will nicht, dass Violet alles in sich hinein frisst. Und das sie der Typ für soetwas ist, da bin ich mir auch sicher. Sie würde lieber alles mit sich allein ausmachen, als zu jemanden anderen zu gehen, um die Last ein wenig zu teilen. Aber ich hoffe, dass sie erkennt, dass ich immer für sie da sein werde und sie mir alles erzählen kann.

___

Zuerst habe ich uns ein Sandwich gemacht, da wir beide noch nichts zu Mittag hatten. Das haben wir zusammen im Garten gegessen. Dabei aber auch nicht viel geredet. Ich denke, dass Violet mit ihren Gedanken ganz wo anders ist, wobei mir es auch so geht. Aber ich will sie aus diesem, momentan noch kleinen Loch raus holen und dafür sorgen, dass sie alles für einen Moment vergessen kann.

"Wie wärs, wenn wir uns einen Film anschauen. Ich denke, diese Zerstreuung könnntest du gut gebrauchen.", schlage ich vor, während wir das benutzte Geschirr in die Spülmaschine räumen.

"Ja. Aber in meinem Zimmer. Da ist es bequemer." Da ich nichts dagegen einzuwenden habe, stimme ich sofort zu. Beide nehmen wir noch Getränke und Süßigkeiten in die Hände und gehen dann hoch. Ich folge Violet in ihr Zimmer. Ich bin jetzt zum ersten Mal in ihrem Zimmer, fällt mir auf, als ich über die Türschwelle trete. Es ist ordentlich. In der Mitte dominiert ein großes Bett, indem locker zwei Personen gemütlich Platz haben. Ein Schreibtisch steht vor einem großen Fenster, was dafür sorgt, dass der Raum von Licht durchflutet wird. Eine Kommode und ein Schrank, sowei ein Bücherregal und ein Sessel vervollständigen die Inneneinrichtung. Kissen, Vorhänge, Teppiche und kleine, sowie große Dekoartikle bringen noch zusätzlich Farbe ins Zimmer.

"Ich ziehe mir noch schnell etwas anderes an. Du kannst es dir schon einmal in meinem Bett gemütlich machen und einen Film auf meinem Laptop aussuchen. Mir ist es egal welcher, aber hauptsache kein Horror Film.", meint Violet, nimmt sich irgendwelche Klamotten aus dem Schrank und verschwindet dann höchstwahrscheinlich im Badezimmer.

Ich habe mir meine Schuhe schon unten ausgezogen, also kann ich mich gleich in ihr Bett setzen. Kaum habe ich mich auf der Matratze nieder gelassen, umhüllt mich ihr einzigartiger Duft, der noch am Bettzeug klebt. Ein Traum, denke ich.

Ich nehme mir ihren Laptop zur Hand und stelle ihn auf meinen Schoß ab, beim aufklappen fällt mir gleich auf, dass sie kein Passwort hat. Dann öffne ich Netflix und suche nach einem geeigneten Film

Perfekt in dem Moment, als Violet den Raum betritt, klicke ich auf abspielen.

Ich hoffe, dass ich sie ein wenig ablenken kann.

Weil du es bist.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt