Kapitel 8 - Gesetze

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Sie merkte, dass der grünäugige Fae neben der Königin sie anstarrte, doch sie ignorierte ihn und fiel erneut in einen tiefen Knicks. Dann räusperte sie sich und sagte leise: „Eure Majestät, ich... Ich bin Eliza. Ich kannte eure Mutter sehr, sehr gut." Falls Königin Aelin überrascht war, so zeigte sie es jedenfalls nicht, oder sie hatte den Namen Eliza einfach noch nie gehört, wusste nicht, wer sie war. Diese Annahme stellte sich eine Sekunde später als falsch heraus. „Um ehrlich zu sein, überrascht mich das nicht, Eliza. Schließlich habt ihr meiner Mutter Evalin nach eurem Tod euren Sohn anvertraut." Da war nichts Wertendes, herabwürdigendes oder Verurteilendes in der Stimme, aber trotzdem sackte Eliza das Herz in die Hose. Warum genau, wusste sie selbst nicht so recht.

Als würde Gavriel ihre Unsicherheit spüren, legte er ihr seine warme Hand auf den Rücken. Eliza blickte zu Boden. „Es tut mir leid, dass ich mich nicht mehr selbst um Aedion kümmern konnte und euren Eltern dadurch wahrscheinlich so einiges aufgebürdet habe", sagte sie demütig. Da sie Evalin und Rhoe nach ihrem Tod im Unendlichen Königreich wiedergesehen hatte, wusste sie, dass Aedion für sie keine Last gewesen war, sondern ein Geschenk, aber ein bisschen Demut gegenüber der Königin konnte ja nicht schaden. Aelin lachte, was Eliza verunsicherte. Aber es war ein freundliches, offenes Lachen. „Etwas aufgebürdet? Wohl kaum. Sie haben ihn geliebt wie ein eigenes Kind. Eine Zeit lang war er sogar ihre einzige Hoffnung, denn ich war noch nicht in Sicht und meine Mutter dachte auch nicht mehr daran, ein Kind zu bekommen. Sie war zwar noch jung, aber schon gute vier Jahre mit meinem Vater verheiratet und noch nicht schwanger. Es hätte also sehr gut sein können, dass sie Aedion als Thronfolger und Erben einsetzen mussten. Er ist zwar kein Prinz mit Galathynius-Blut in den Adern, aber dennoch ein Prinz. Mit ihm hätten sie zumindest einen Erben gehabt, wenn es mit mir nicht geklappt hätte."

Sie legte den Kopf schief und grinste Aedion an. „Sorry, Cousin, dass ich dir deinen Titel als König gestohlen habe. Was ein Pech aber auch, dass ich auf die Welt kam, nicht wahr?" Aedion lachte mit Aelin und zwinkerte ihr zu. „Kurz also: Aedion war keine Last für meine Eltern, sondern ein Segen. Und für mich auch, so ganz nebenbei. Aedion war immer mein bester und einziger Freund, der einzige, der keine Angst vor meinem Feuer hatte." Das hatte Eliza gewusst, denn in Aedions Kindheit hatte sie ihn und Aelin manchmal im magischen See gesehen. Zudem war sie unglaublich erleichtert, dass die Königin so locker zu sein schien und überhaupt keine Tyrannin. „Bring mir drei Stühle, bitte", wies sie eine Dienerin an, die loslief, um den Auftrag auszuführen. „Nun, Eliza, wir hätten also geklärt, dass Aedion ganz und gar keine Last für uns war. Was ich aber noch nicht weiß, Eliza, ist, wie Ihr hierhergekommen seid. Das würde mich wirklich brennend interessieren. Gehe ich richtig in der Annahme, dass ihr tot wart?" Eliza nickte. Sie fragte sich, warum die Königin sie nicht duzte, schließlich hatte sie es nicht nötig, einer verstoßenen Prinzessin Respekt zu zollen.

Vielleicht kam sie wirklich nach ihren Eltern, stets höflich und gesittet. Während sie auf die Stühle warteten, musterte Eliza den Fae-Gemahl der Königin, der sie, als er ihren Blick bemerkte, herausfordernd angrinste. Da fiel Eliza auf, dass sie ihn tatsächlich bereits kannte, und zwar nicht im Positiven: Einmal, vielleicht ein oder zwei Wochen vor Aedions Geburt, war sie getarnt in Varese unterwegs gewesen und gestürzt. Sie war auf Gavriel und diesen Fae –Rowan, wenn sie sich recht erinnerte – getroffen. Gavriel hatte sie zwar nicht erkannt, ihr aber aufgeholfen und sie gefragt, ob alles in Ordnung sei. Der grünäugige Fae dagegen hatte sie als „Straßenhure" beleidigt und keine Anstalten gemacht, einer hochschwangeren Frau zu helfen, die am Boden lag. Wie sie allerdings zu dieser wenig schmeichelnden Bezeichnung gekommen war, wusste sie bis heute nicht, denn sie hatte nichts an sich gehabt, was sie als „Straßenhure" definiert hätte. Vielleicht hatte er einfach einen schlechten Tag gehabt, man möge es ihm nachsehen. Sie nahm wahr, wie sich Gavriel hinter ihr versteifte. Sein Inneres wurde ganz still. Sie würde ihn später fragen, wieso. Sie dachte weiter über den Prinzgemahl nach.

The Lion and his Angel - Throne of Glass FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt