Auf einmal ist alles anders

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>Penny's Sicht<

Ich hatte gesehen, wie Sam mit der Frau auf den Armen aus dem Haus und direkt zu den Sanitätern neben uns gelaufen war. Der Junge, der bis dahin noch von einem weiteren Sanitäter neben mir untersucht worden war, hatte sich in dem Augenblick von uns los gerissen und war zu seiner Mutter gerannt. Ich war ihm sofort gefolgt und als ich neben Sam getreten war, hörte ich, was ich insgeheim irgendwie geahnt hatte und doch schockierte es mich, ließ einen kurzen Moment meinen Körper und mein Herz erstarren. Wie konnte man von seinen Gefühlen nur so übermannt werden, dass man vollkommen die Kontrolle über seinen Körper und vor allem sein logisches Denken verlor?

"Du wirst ihn sicher mögen. Mach es ihm nicht allzu schwer. Er ist nicht nur ein Feuerwehrmann. Sam ist dein Vater." Der Blick des Jungen schnellte zu Sam auf und auch ich warf ihm einen kurzen Blick zu, bis seine Handbewegung meine Aufmerksamkeit wieder auf den Jungen lenkte. Seine Augen waren emotionslos auf die Frau gerichtet, während er ihn an sich zog und ihn so daran hinderte seine Mutter anzusehen, der in diesem Moment einer der beiden Sanitäter die leblosen Augen schloss. 

"Lass mich los!", keifte der Junge und boxte Sam in den Bauch, der sofort seine Hand sinken ließ, doch sonst mit keiner Miene zu erkennen gab, was in ihm vor ging. Erst als der Junge sich seiner Mutter zuwandte, sie schüttelte und darum bat aufzuwachen, sah ich Mitgefühl in seinen Augen aufflackern, das eindeutig dem Jungen galt und er legte ihm eine Hand auf die Schulter - und auch mir traten Tränen in die Augen, wegen dem Verlust, den ein kleiner Junge nicht ertragen müssen sollte

"Peyton. Deine Mum ist von uns gegangen", sagte er ruhig und Peyton erstarrte, ehe er sein Gesicht an das seiner Mutter legte und bitterlich zu weinen begann. Ich schaute zu Sam auf und entdeckte Blut an seinem Hals. Ich war durch die Situation und das neue Wissen ein wenig gehemmt, dennoch gefiel es mir nicht, dass Sam verletzt war. Ich schärfte meinen Blick und entdeckte unter dem Blut einen Schnitt, der nicht allzu schlimm zu sein schien und atmete erleichtert aus. 

Ich verstand noch überhaupt nicht, was hier vorging und die Tatsache, dass Sam auf einmal einen Sohn haben sollte, schreckte mich ab - oder eher die Frage, was da zwischen ihm und der Mutter war und wie lange es gegangen war. Ich hatte den Jungen mit dem Namen Peyton oben in seinem Zimmer wieder erkannt. Er war der Junge aus Bella's Retaurant gewesen. 

Ihm war einer seiner beiden Pizzakartons runter gefallen, die er geholt hatte und ich hatte ihm diesen aufgehoben und wieder auf den anderen in seinen Händen gelegt. Er hatte mich so fröhlich angelächelt und sich bedankt. Sein Aussehen hatte mich verwirrt, aber auch amüsiert, weil ich daran hatte denken müssen, was Sam wohl zu dieser Ähnlichkeit sagen würde. 

Niemals hätte ich aber geglaubt, dass Sam einen Sohn haben könnte, eben weil er nie etwas von ihm erzählt hatte und weil er niemals bei Sam gewesen war. So, wie Peyton Sam nach der Offenbarung seiner Mutter angesehen hatte, kannte er Sam offensichtlich gar nicht. Wie kam es bloß, dass Sam, der durch und durch ein Familienmensch war, keinerlei Kontakt zu seinem Sohn zu haben schien? Hatte ich mich doch so sehr in ihm getäuscht? Man konnte jedem nur vor den Kopf sehen, oder?! 

"Lass mich los!", schrie Peyton wieder aufgebracht und drehte sich um, um mit den Fäusten erneut auf Sam einzuschlagen, der versuchte seine Hände zu packen, doch der Junge war so in Rage, dass er sich nicht bändigen ließ."Ich hasse dich. Du hättest sie retten sollen! Ich will das nicht. Ich will nicht bei dir bleiben! Ich will meine Mum wieder haben!" 

Ich wusste nicht, was mich in diesem Moment dazu bewegte, doch ich legte meinen Arm um den Bauch des Jungen und trug ihn ein paar Meter weg, brachte erst einmal Abstand zwischen ihn und seine...Eltern. Er hatte nicht nur grade seine Mutter verloren, sondern hatte sich auch seinem scheinbar bis dahin vollkommen unbekannten Vater gegenübersehen müssen, der seine Mutter zu allem Übel nicht hatte retten können. Sam hatte nicht grade den grandiosesten Start erwischt. Er tat mir wirklich leid, aber noch mehr bedauerte ich den Jungen, der noch immer über Sam fluchte und schimpfte, während er in meinen Armen strampelte und versuchte sich zu befreien. Ich setzte ihn ab und hockte mich vor ihn, ergriff sofort seine Handgelenke, bevor seine Wut sich gegen mich richten konnte und schaute ihm in die Augen. Er erwiderte meinen Blick trotzig.

Vergangenes ist nie vergessenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt