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Lane

Ich bin nervös.

Keine Ahnung, warum das so ist, aber fest steht: Ich bin verdammt nervös. Dabei kann ich den Grund für ebendiese Nervosität nicht einmal wirklich ausmachen. Natürlich hat es irgendwie damit zu tun, dass Beat und ich in wenigen Minuten zu meinen Eltern fahren und damit unsere Fake-Beziehung so richtig starten werden. Aber trotzdem... diese Unruhe in mir kann ich nicht nur auf eine Sache festmachen.

Ich stehe an meinen Wagen gelehnt da, etwas erschöpft nachdem ich versucht habe, die verbogene Antenne ein bisschen zu richten. Entweder ein armer Vogel ist dagegen geflogen oder irgendein Clown vom Campus hat sich einen Scherz erlaubt. So oder so hatte ich wirklich Glück, dass das Radio trotzdem funktioniert.

Beat hat mir vor einer Stunde geschrieben und mich gefragt, ob meine Eltern großen Wert auf anständige Kleidung legen. Ich habe ihr geantwortet, dass das nicht der Fall ist. Ganz ehrlich – die beiden sind schon so aus dem Häuschen, dass ich eine Freundin habe, da könnte sie vermutlich auch in einem Kartoffelsack aufschlagen, und sie würden freudige Luftsprünge machen.

Doch trotz meiner Versicherung, dass sie keinen großen Aufwand betreiben müsse, fallen mir fast die Augen aus dem Kopf, als sie schließlich nach draußen tritt.

Ein dunkler Rollkragenpulli, der mich an die Farbe von Auberginen erinnert, umschmeichelt ihren Oberkörper wie eine zweite Haut. Dazu trägt sie eine schwarze, hohe Stoffhose, die aussieht, als wäre sie eigentlich Teil eines Anzugs. Ihre in Netzstrümpfen steckenden Beine lugen ein Stück unter dem wadenhohen Saum der Hose heraus, bis sie in ein paar hochhackiger Stiefel übergehen.

Als Beat schließlich vor mir steht, registriere ich zudem noch, dass sie sich sehr aufwendig geschminkt hat. An ihren Augen glitzert es und ein schwarzer geschwungener Strich betont das kräftige Grün ihrer Augen auf eine fast schon brutale Weise. Ihr dunkelroter Mund verzieht sich zu einem wissenden Lächeln, als sie mir zuzwinkert und dann ihren Mantel, sowie eine kleine Tasche in einer fließenden Bewegung auf den Rücksitz befördert. Verdammt, sie sieht gut aus.

»Hi. Schön, dass du da bist. Kann es losgehen?«, frage ich, wobei ich Blickkontakt tunlichst vermeide. Sie lacht leise. »Sicher, sicher. Ich freu mich schon, deine Erzeuger kennenzulernen.«

»Meinen Bruder lernst du auch kennen«, merke ich an, während ich mich hinters Lenkrad setze. Beat umrundet den Wagen bis sie neben mir auf der Beifahrerseite Platz nimmt und sich anschnallt. »Du hast einen Bruder? Sorry, falls du das schon einmal erwähnt hast und ich es vergessen habe.«

Ich schnalle mich ebenfalls an und parke aus. »Kein Problem. Sein Name ist Fran.«

Sie stutzt. »Ein ungewöhnlicher Name für 'nen Kerl, aber ich find's cool.«

»Eigentlich heißt er Frank, aber damit kann er sich weniger identifizieren. Er sagt immer, es klingt ihm zu hart.«

»Ah, verstehe. Und ist er dein kleiner oder großer Bruder?«

»Kleiner«, antworte ich, während ich den Blinker setze.

Danach reden wir nicht mehr viel, sondern hören nur noch Radio. Es ist fast schon ein wenig unheimlich, wie sehr sich unsere Musikgeschmäcker gleichen. Es kommt nicht nur ein Mal vor, dass unsere Hände über der Mittelkonsole gegeneinander prallen in der Absicht, den Sender zu wechseln, wenn irgendein schlechter Song anläuft. Ein seltsam warmes Gefühl macht sich daraufhin in meiner Brust breit und ich sehe aus dem Augenwinkel, wie Beat grinst.

Je länger wir fahren, desto mehr gewöhne ich mich an ihr Parfüm, welches teuer und blumig riecht. Am Anfang der Fahrt hat es mich noch irritiert, doch mittlerweile habe ich sogar irgendwie Gefallen daran gefunden.

BeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt