Amelia kniff die Augen weiter zusammen. Ihr Kopf dröhnte und sie konnte den Grund unter ihrem Körper spüren. Angestrengt öffnete sie die Lider. Steiniger und vermooster Boden trat in ihr Blickfeld. Ihr Kopf schmerzte fürchterlich. Schwach hob sie die Hand und fasste an ihre Haare. Verklebtes Blut löste sich ab. Die Kruste war bereits kalt und es war keine offene Wunde mehr zu spüren. Sie musste sich selbst geheilt habe. Taumelnd sass sie auf und fasste sich an die Stirn. Nur eine Handbreite neben ihr war ein tiefer Krater. Ihr Holzstab lag direkt vor ihr. Sie nahm ihn und stütze sich darauf. Als sie stand, trat der Geruch von Methan und Verwesung bewusst in ihre Nase. Der Nebel war noch dichter geworden, um sie herum war es stockfinster und sie konnte ihre Begleiter nicht hören und schon gar nicht sehen. Als sie eine weitere Minute nur ihnen eigenen Atem vernehmen konnte, versuchte sie gar nicht erst zu schreien. Die Kraft war aus ihren Gliedern entflohen und ihr ganzes Gewicht wurde vom Stecken getragen, der gefährlich weit durchbog. Ihre Augen brannten und wollten sich erneut schliessen. Es war so leicht die Augen zu schliessen.
Eine sanfte Stimme brachte sie dazu, die Augen erneut mühevoll zu öffnen. "Sei stark mein Kind." Amelia kniff die Augen nochmals zusammen. Halluzinierte sie? Amelia drehte sich langsam im Kreis. Von welcher Richtung war sie gekommen? Das konnte ewig dauern in diesem Labyrinth je wieder hinaus zu finden. Eine Schwade des Verwesungsgeruchs trat an ihre Nase und Amelia würgte. Sie fiel auf die Knie und kotze eine gelbliche dünnflüssige Masse aus sich heraus. Es waren nur ein kleiner Fleck, denn Amelia hatte seit langem nichts mehr gegessen. Der Hunger war ihr vergangen. Sie hatte nur ihre Wasserflasche, deren Inhalt eisig kalt war. Der Versuch den üblen Geruch aus ihrem Mund zu verdrängen scheiterte. Amelia wusste nicht wohin. "Das hat doch keinen Sinn." Ihr Gewicht war auf den Stecken gelegt, welcher darunter einbrach und Amelia erneut auf die Knie fallen liess. Sie wollte einfach liegen bleiben. Jetzt hatte sie nicht einmal mehr ein Hilfsmittel um aus dieser Suppe heraus zu kommen. So kuschelte sie sich in der Embryostellung ein und blieb liegen. Ihr Gewissen liess sie jedoch nicht schlafen. "Versuch es erstmal. Du hast einen Krieg zu gewinnen.", meint ihre innere Stimme. "Ach, die werden den Krieg auch ohne mich gewinnen."
Die fremde sanfte Stimme sprach nach einiger Zeit der Stille erneut zu ihr: "Steh auf mein Kind." Die Dunkelheit erhellte sich und eine Frau aus grünem Licht, das sich ständig neu zu ordnen versuchte erschien vor ihr. Sie sah aus wie Amelia selbst, nur erwachsener, schlank und mit längeren Haaren. Ein Schleier der bewegenden kleinen grünen Lichtimpulse bildete sich um sie. Die Frau trug ein Blumenkleid und einen Kranz aus verschiedensten Blüten auf dem Kopf. Amelia staunte. "Wer bist du?" Die Frau im Blumenkleid lächelte. "Ich war der Frühling. Ich bin die Königin. Und ich werde die Mutter einer Heldin sein." Während sie das sagte, trat sie zu Amelia und strich ihr behutsam mit der Hand über die Wange. Amelia konnte keine Wärme, keine Kälte, keinen Wind von ihrem Atem und keine Berührung vernehmen. Das konnte nicht Wirklichkeit sein. Sie kniff die Augen fest zusammen, doch die Frau war nicht verschwunden. "Weshalb bist du hier?" "Um dir zu helfen. Wie ich sehe bist du in Not." Das macht Sinn, dachte Amelia. "Wieso willst du mir helfen?" Die Frau, welche sich von ihr abgedreht hatte und den Schleier hinter sich herzog, drehte sich zurück zu ihr. "Weil du die Einzige bist die Lerimed retten kann. Du bist die Einzige die den Frühling retten kann. Und somit die Einzige, die das Gleichgewicht der Jahreszeiten halten kann. Amelia, du bist der Frühling!" Woher wusste die Frau so viel über sie. Ihre Knie schmerzten nur noch leicht, als sie aufstand. "Folge deinem Weg. Die Frau fing sich an aufzulösen und verwandelte sich in einen leuchtenden kleinen Faden, der sich durch den dicken Nebel schlängelte. Amelia schüttelte ungläubig den Kopf. Sie war erschöpft, verwirrt und wusste nicht was sie tun oder lassen sollte. Was war das gerade gewesen? Und von welchem Gleichgewicht hatte sie gesprochen? Ihr Inneres befahl ihr dem grünen Faden zu folgen. Ohne Angst lief sie auf der grünen Line und sah nicht zu Boden oder tastete sich nach Löchern ab. Nur die grüne Linie zählte.
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Frühlingskind
FantasyABGESCHLOSSEN "Der Nebel war noch dichter geworden, um sie herum war es stockfinster und sie konnte ihre Begleiter nicht hören und schon gar nicht sehen. Als sie eine weitere Minute nur ihnen eigenen Atem vernehmen konnte, versuchte sie gar nicht er...