Kapitel 32

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Ruan kämpfte mit Leidenschaft und Amelia konnte sehen, wie geübt und erbarmungslos er war. Seine Gegner fielen zu seinen Füssen. Gemeinsam mit Orak kämpften sie Seite an Seite. Ihre Schwerter knallten auf gegnerische. Zähneknirschen und Schweiss erfüllte die Luft. Ruan schrie schmerzerfüllt auf. Ein Gegner hatte ihn an der linken Schulter getroffen. Dreckig lachte ihm dieser ins Gesicht, als sich Ruan nach vorne beugte und an die verletzte Schulter fasste. Orak übernahm den Feind, hob mit einem Hieb aus und schlug dem Gegner ein Bein ab. Er fiel in sich zusammen und Blut floss in Strömen aus seinem abgetrennten Bein. Amelia spürte die Schmerzen von Ruan und sandte ihm einen Teil ihrer Energie. Ruan durfte nicht aufhören zu kämpfen! Ein sekundenschneller Blick zwischen den Kämpfern hindurch zu Amelia genügte Ruan um zu wissen, weshalb er seine Wunde schliessen spürte. Tapfer hob er sein Schwert und half dem überforderten Orak zwei Konkurrent auszuschalten. Die Schlacht war ohrenbetäubend. Blut befleckte die Kleider und das Schlachtfeld. Angsterfüllte Schreie waren zu vernehmen. Der Boden bebte von den Massen.

Vitor stach dank seiner Grösse für einen Kobold aus den Massen heraus. Er trieb seine Gruppe an, ohne dabei den eigenen Kampf aufzugeben. Seine Stimme war kraftvoll und seine Kämpfer gut formatiert. In kleineren Gruppen, die einen Kreis bildeten, scharten sie sich durch das gegenüberstehende Heer. Amelia liess Dornenbüsche wuchern und wachsen, die sich um die Füsse der Feinde krallten. An ein Wegrennen war nicht mehr zu denken. Dank dieser erschreckenden Taktik die Füsse zu festigen, waren die Meisten ein leichtes Opfer für das Duo. Amelia konzentrierte sich auf ihre Gabe, um zu kämpfen, während Finn mit dem Schwert um sich schlug und alle Hiebe parierte.

Ein äussert scharfsinniger Gegner konnte sich mit nur einem Keulenschlag aus den Dornen befreien. Amelia wurde an der Wade getroffen und brannte den Gegner noch während dem Schmerzensschrei zu Asche. Erst als sie sein angsterfülltes Gesicht sah, erkannte sie den jungen Wärter, der dazumal im Türrahmen von Eris gestanden hatte. Beileid durchflutete sie kurz. Doch ihr blieb keine andere Wahl. Feind war Feind und wer sie töten will, musste damit rechnen sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen.

Eris hielt sich in den hintersten Reihen auf. Solange er dort blieb konnte er keine grossen Schäden anrichten, denn sein Feuerstrahl reichte nicht bis innen. Nur vereinzelt waren Feuerbälle über die Massen geflogen.

Der erste Drache war vom Lazarett zurückgekehrt, als er die Verwundeten abgeladen hatte. Die Nimsks waren in ihrer eigenen Welt und übten den Schutzzauber für die Verletzen aus, während alle Helfer hektisch umher rannten und die Verwundeten betreuten und nach Priorität kategorisierten.

Der Drache konnte im vorderen Teil des Schlachtfeldes landen, da das feindliche Heer bereits mehrere Meter zurückgedrängt wurde. Sie verloren an Masse und Lücken entstanden zwischen den Gegner, die ein Angriff zusätzlich vereinfachten. Während der Drache weitere Verletze aufsammelte und sie sachte mit seinen Zähnen und Krallen auf sein, von verwundeten Engel und Kobolden, beflecktes weisses Fell hob blickte sich Amelia nach weiteren Verletzten um. Erschütterte konnte sie Orm am Boden liegen sehen. Seine Keule noch fest umklammert, lag sein Gesicht mit der grossen Knollennase in seinem eigenen Blut. Ihm war nicht mehr zu helfen. Seine violette Zunge hängte leicht aus dem blutenden Mund und seine kleinen Augen waren leer. Jedes Leben war bereits aus seiner Seele gewichen. Es blieb keine Zeit für Abschied.

Amelia liess die Augen über die Massen schweifen und erkannte Eris, der sich bereits weiter nach vorne getraut hat. Er breitet bedrohlich seine Arme aus. Amelia kannte diese Bewgung nur zu gut. "Ein Feuerschwall! Schützt euch!" Jeder Kämpfer versteckte sich hinter der Frontreihe aus Kobolden, die den heissen Schwall von Eris auffingen, ohne mit der Wimper zu zucken. Andere versteckten sich hinter ihren eigenen Schildern und diejenigen, die zu spät reagiert hatten, schrien fürchterlich. Die wenigen Luftkämpfer stürzten in einer Bruchlandung zu Boden. Amelia sandte Energie an die brennenden Körper und liess die zu rettenden auf den Drachen aufladen. Brandblasen am Gesicht und am ganzen Arm zierten die verletzten Engel. Eris, das wirst du büssen! Amelia erhob sich in die Lüfte, die nun gefährlich leer waren. Feinde schwangen sich ebenfalls in die Luft. Mit Leichtigkeit liess Amelia einen Tornado um sie und Finn aufwirbeln, sodass sie nichts treffen konnte. Während Finn Mühe hatte sich im Wind zu behaupten, scannte Amelia die Umgebung ab. Der Stand war gut. Sie suchte nach Verletzen. Ihr grosses Herz konnte ihre eigenen Leute nicht leiden sehen und so verteilte sie Stück für Stück mehr Energie. Stirnrunzelnd liess sie sich hinunter und sah den keuchenden Finn an.

Der Tornado war wohl nicht die beste Idee gewesen.

"Finn! Eine dunkle graue Gaswolke hatte sich um Eris gebildet. Was ist das?" Er stütze seine Hände auf den Knien auf, während er ratlos mit der Schulter zuckte.

Ruan spürte die Energie von Amelia in seinen Bewegungen, doch Orak wurde zunehmend schwächer. Sie mussten zurück und sich kurz ausruhen. Die Front war für den alten Kobold zu viel. Gerade als Ruan das Gefühl hatte Luft zwischen sich und die Gegner gebracht zu haben, stand ein weiterer vor ihm. Seine Rüstung glitzerte im Sonnenlicht und blendete ihn. Mit gekniffenen Augen versuchte er die Schläge zu parieren. Ohne Erfolg. Sein Bein wurde gestreift und ein dumpfer Knall gegen seine Brust verschlug ihm die Luft. Reflexartig krümmte er sich. Der Engel mit dem aschweissen Haar schwang sein Samuraischwert nach oben. Das Schwert schnitt hörbar durch die Luft und näherte sich Ruan. Er hatte die Augen vor Panik bereits geschlossen, als die Geräusche verstummten. Er spürte keinen Schmerz. Orak hatte sich in letzter Sekunde ehrenwürdig vor ihn geworfen. Das Schwert steckte tief in seiner Schulter und Blut quoll bereits an den Seiten hervor. "Nein! Orak!" Wut und Trauer überspülten Ruan, sodass er sein Schwert kraftvoll schwang und sein Gegenüber kaltlos köpfte. Der Kopf fiel zu Boden und blieb sofort liegen, noch bevor sein Körper kraftlos in sich zusammensackte.

"Rückzug! Rückzug!" Der Feind verzog sich und plötzlichen waren die Gegner verschwunden. Orak stütze sich auf dem aufgestellten Knie seines Mitkämpfers ab. Wie gerne wollte Ruan ihm seine Kraft weitergeben. Doch er war nicht dazu bestimmt. "Blieb stark!" Hektisch öffnete er seine dunkelgrauen Flügel und flog er in die Luft. Wo war sie denn? Das Schlachtfeld hatte sich ausgebreitet. Orak lag zitternd am Boden und öffnete den Mund. "Halte durch!" Ruan schrie panisch und suchte das Feld erfolglos ab. Als er zu Orak zurückkehrte, war dieser bereits von seinen Schmerzen erlöst worden und Ruan hatte nie erfahren, was der Anführer ihm mitteilen wollte. Eine Träne druckte aus seinem Augenwinkel und er schlug mit einem Kampfschrei frustriert auf den Boden. Betrübt hatten die eisblauen Augen das Funkeln in ihnen verloren. Das Feld um ihn hatte sich gelockert und zwei Blasen aus Armeen entstanden. Er riss sich zusammen und flog zu seinem Heer zurück.

Einige suchten vergeblich nach ihrem Partner oder Freunden. Die Konzentration durfte jetzt nicht kippen. Gerade als er sich, wie gewohnt, zu einer Ansprache erheben wollte, sah er Amelia in die Lüfte fliegen. Ihre Hose war blutbefleckt und auch ihre Arme. Anscheinend war es nicht ihr eigenes. "Kämpfer, wir dürfen die Kraft nicht verlieren! Wir haben sie bald. Ihr Heer schrumpft auf ein Minimum. Scheut euch nicht, den Kampf für das Gute weiterzuführen. Wir werden diesen Krieg gemeinsam bezwingen. Lasst euch nicht unterkriegen. Sie sind müde und enttäuscht. Gebt euer bestes. Gemeinsam nach vorne – Los!" Voller Euphorie schrie sie über die Massen hinweg, während sie sich noch im Flug die Flügel zusammenklappte und mit Finn an ihrer Seite nach vorne rannte. Die Kobolde legten mit ihren kurzen Beinen einen regelrechen Sprint ein und einige Engel standen zögerlich im hinteren Bereich. Mit durch das ganze Tal hallende Geschrei rannten die Engel auf das feindliche Heer zu. Diese war zum zweiten Mal überrascht worden und fügte sich dem Zwang. Die gegnerischen Bewegungen waren träge und langsam. Amelia schöpfte Hoffnung.

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