Kapitel 13

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Gegenwart
 
Erst die Sonne, die durch das Fenster, dessen Vorhänge er vergessen hatte zuzumachen, schien, weckte Hinata auf.
Die Strahlen trafen ihn genau an seinem Auge, weshalb er ein paar Mal blinzeln musste, um sich an das plötzliche helle Licht zu gewöhnen.
 
Müde seufzte er, streckte sich einmal, bevor er sich auf die andere Seite drehte – nur um da festzustellen, dass alles noch so da lag, wie er es am Abend hingeschmissen hatte. Sein Handy lag sogar direkt neben ihm, und als er auf den Bildschirm sah, wusste er, dass es nicht die Sonne gewesen war, die ihn geweckt hatte.
 
Die etwas zu laut gestellte Erinnerung auf seinem Handy war es nämlich, auf dessen Display stand das Wort Tabletten.
 
Hinata seufzte, schaltete dann den Wecker aus, bevor er die Augen wieder schloss und sich ins Bett kuschelte.
 
Vielleicht später.
 
Doch keine zwei Sekunden mit geschlossenen Augen waren ihm vergönnt, denn genau da gab das Gerät wieder seine Geräusche von sich, doch dieses Mal war es nicht die Erinnerungsapp, sondern eine Nachricht einer bekannten Unbekannten Nummer.

Unbekannte Nummer
Du hast gesagt, dass du wissen
willst, wer ich bin.
                                       11:02

Hinata blinzelte ein paar Mal, als er die Uhrzeit sah – wie lange hatte er denn bitte geschlafen?

Hinata
Ja?
11:03

Unbekannte Nummer
Siebzehn Uhr, Sendai City Gym,
Eingangsbereich.
                                       11:05

Hinata
Was ist da??
11:05
 
Hinata
Hallo?
11:08

Unbekannte Nummer
Hi.
             11:09
 
Unbekannte Nummer
Sei einfach da.
                          11:09
 
Unbekannte Nummer
Es wird Zeit, dass wir alle
etwas Bestimmtes ausdiskutieren.
                          11:10

Augenrollend legte Hinata das Handy beiseite, strich sich dann verschlafen durchs Gesicht.
Eigentlich hatte er vorgehabt, den Rest des Tages im Bett zu verbringen, doch er wusste, dass er dafür sowieso keine Zeit hätte.
Schließlich ging sein Flug nach Rio schon in drei Tagen – er hatte das Geld, das er Edson versprochen hatte, halbwegs zusammen und wollte das alles schnell hinter sich bringen, bevor der Typ aufs Nächste kam.
 
Gerade hatte er die Augen geschlossen, als seine Tür aufgerissen wurde. Er erschrak, setzte sich sofort auf. „Was-“
„Aufstehen, jetzt aber schnell!“
 
Hinata seufzte, gähnte laut. „Ein paar Minuten noch.“
 
Als es plötzlich still wurde, sah er unsicher nach rechts, wo seine Mutter vor ihm stand, ihm die fast volle Tablettendose vor die Nase hielt.
 
Verlegen kratzte er sich am Hals. „Ähm… also…“
„Du weißt, dass die dir nicht helfen, wenn du sie nur einmal im Jahr nimmst, oder?“
„Natürlich weiß ich das.“
„Wieso tust du’s dann nicht?“
„Ist doch eh unnötig. Sie ändern doch eh nichts an der Situation.“
„Aber sie schwächen sie ab.“ Ayumi stellte die Dose auf dem Nachttisch ab, stemmte die Hände in die Hüften. „Ich mache mir bloß Sorgen. Ich will nicht, dass es dir wieder so wie damals geht.“
„Aber jetzt bin ich ja erwachsen und kann auf mich selbst aufpassen.“
„Sieht man.“ Erneut hob sie die Dose, schüttelte sie zur Demonstration etwas, stellte sie dann wieder hin.
 
Hinata rollte mit den Augen, dann stieg er aus dem Bett, nahm sich frische Kleidung aus seinem Koffer, der noch immer unachtsam am Boden herumkullerte.
 
„Gut, dann musst du dich eben entscheiden.“
 
Er verharrte in seiner Bewegung, drehte sich zu ihr, wartete darauf, dass sie weitersprach.
 
„Entweder du nimmst diese Dinger und kannst dir sicher sein, dass es nicht mehr so schlimm wird, oder du nimmst sie nicht und verlierst möglicherweise die Kontrolle – willst du das unbedingt nochmal erleben?“
 
Der Junge starrte zuerst sie an, dann blickte er auf den Boden.
Ganz tief im Inneren wusste er, dass seine Mutter recht hatte – doch zugeben wollte er das nicht, weshalb er sich wortlos seine Sachen schnappte und ins Badezimmer verschwand.
 
 
 
Um genau zehn vor Fünf kam er beim Sendai City Gymnasium an.
 
Er betrat das Gebäude, sah sich dort drin um.
Niemand außer ihm befand sich gerade hier, weshalb er seine Kapuze und Sonnenbrille abnahm und sich an eine der Wände lehnte.
 
Wen er wohl hier gleich vor sich haben würde?
Es fiel ihm schwer zu glauben, dass wer-auch-immer sich ihm von heute auf morgen einfach so präsentieren würde – jedoch hatte er seine Vermutungen, auf wen diese ganze Sache zurückzuführen sein könnte.
 
Eine Weile stand er so da, dann lief er Kreise im Eingang, um sich die Zeit etwas zu vertreiben.
 
„Hinata? Was tust du denn hier?“, fragte da plötzlich jemand hinter ihm, weshalb er vor Schreck beinahe geschrien hätte.
 
Eine Weile starrten er und sein Gegenüber sich an.
 
„Ich wusste es…“, sagte Hinata da.
Die Wut kam sofort in ihm hoch, als er den verwirrten Ausdruck des Blonden sah.
„Was-“
 
Und er konnte sich nicht kontrollieren, als er ihn am Kragen packte und gegen die Wand drückte – im Nachhinein fragte er sich, wie er das eigentlich geschafft hatte, denn schließlich war der Junge vor ihm um einiges größer.
 
„WAS GEHT DENN MIT DIR AB?!“, schrie dieser.
„Ach, das könnte ich DICH auch fragen! Macht es dir Spaß, mich den ganzen Tag vollzuspamen?! Macht es dir Spaß, mir sowas von auf die Nerven zu gehen, Tsukishima?!“, schrie er.
 
Der Größere riss verwirrt die Augen auf, versuchte, sich zu befreien. „Ich habe absolut keine Ahnung, von was du eigentlich redest!“
 
„Wow. Und dafür habe ich mir also frei genommen…“, meinte da plötzlich jemand anderes.
Beide fuhren herum, und Hinata sah zu seiner Rechten Kinoshita, der die Beiden verstört anstarrte.
„Dachte ich mir auch gerade“, meinte da Narita, der um die Ecke trat.
 
Zögerlich ließ Hinata Tsukishima los, dann starrte er zu den beiden Neuankömmlingen. „Hä- Aber- Das- Wie-“
„Du könntest ruhig einmal dein Hirn einschalten, das würde dir echt nicht schaden“, meckerte der Mittelblocker da, doch der Orangehaarige ignorierte ihn einfach.
 
„Wie wär’s, wenn wir einfach so tun, als wären die letzten Minuten, in denen ich euch Beiden übrigens zugeguckt habe, nicht geschehen, und wir das alles neu starten?“, fragte da Sugawara, der sich ihnen langsam näherte.
 
„Genau, sonst gibt’s noch eine Verhaftung, wenn Daichi da ist“, spaßte Tanaka, klopfte Hinata dabei auf den Rücken.
„Woher kommt ihr alle so plötzlich?“, fragte dieser verwirrt – er verstand gar nichts mehr. Eigentlich sollte er doch hier nur diesen Unbekannten treffen, und jetzt stand plötzlich das halbe ehemalige Karasuno-Team vor ihm.
 
„Vom Eingang“, antwortete Kiyoko.
 
„Was tut ihr alle hier?“, fragte Yamaguchi, der zusammen mit Yachi den Eingangsbereich betrat.
 
„Ich glaube, das fragt sich gerade so ziemlich jeder hier“, merkte Suga an, der dabei die Hände in die Jackentaschen sinken ließ.
 
„Also ich-“
„AAHHH!“, unterbrach Kinoshita Asahi schreiend, als Letzterer plötzlich hinter ihm stand und zu reden begonnen hatte. „Meine Güte! Erschreck mich doch nicht so!“
„Was-“
 
Tanaka brach in lautes Gelächter aus, in das auch schon bald die anderen mit einfielen.
„Ich sagte doch, du solltest aufhören, dich immer so anzuschleichen“, neckte Suga das ehemalige Ass kichernd.
Asahi sah betrübt zur Seite. „So schlimm?“
 
„Wobei man anmerken muss, dass die Brille dir irgendwie steht“, sagte Ennoshita – alle Augen waren auf ihn gerichtet, denn im Gegensatz zu den Anderen wirkte er überhaupt nicht verwirrt oder so etwas in der Art, ganz im Gegenteil.
 
Als es kurz still war, sah Hinata sich um.
Wenn sich hier gerade tatsächlich das gesamte ehemalige Karasuno-Team versammelte, dann würde doch auch-
 
„Äh… Hi?“
 
Wieder drehten sich alle Köpfe zur selben Stelle – vor der Eingangstür stand Kageyama, der irritiert seine Kappe abnahm.
 
Stille.
 
Dann sahen alle zu Hinata, als warteten sie darauf, dass er etwas sagte. „Was? Soll ich ihm ein Begrüßungslied singen, oder was?!“, fragte er gereizt, weshalb wieder alle zu dem Setter starrten.
 
„Hähem!“
 
Die Blicke wanderten wieder auf die andere Seite, wo nun Nishinoya aufgetaucht war und etwas beleidigt durch die Runde sah. „Schön, dass ihr alle hergekommen seid“, sagte er. „Ich finde es bewundernswert, wie schnell plötzlich alle da sind, wenn man sich erstmal eine Zweitnummer besorgt und so tut, als wäre man ein bedrohlicher Typ.“
 
„DU warst das?!“, rief Hinata.
 
Noya schob entschuldigend die Unterlippe vor, dann nickte er. „Sorry. Aber ich muss zugeben, dass es echt witzig war, dich so zu verarschen.“
„Das hast du ja toll hingekriegt!“
„Nicht wahr?!“ Stolz streckte der ehemalige Libero die Arme in die Höhe. „Wobei ich erwähnen muss, dass Chikara mir sehr, sehr geholfen hat, indem er die andere Hälfte von euch übernommen hat.“
 
„Das klingt lustig!“, meinte Tanaka. „Das muss ich-“
„Wirst du nicht“, unterbrach Kiyoko ihn.
„… mir dann ansehen?“, beendete er den Satz schnell.
 
„Habt ihr eigentlich sowas wie Hobbies?“, fragte Tsukishima.
„Jap“, antwortete Noya.
„Lass mich raten: Genau das?“
„Jap!“
 
Der Blonde rollte mit den Augen.
 
„Gut, da wir ja jetzt vollständig sind, würde ich sagen, wir-“
„Was ist mit Daichi?“, fragte Asahi.
„Achja, stimmt… der sollte in genau… Fünf… Vier…“ Der Kleinste sah auf die Uhr, dann zum Eingangstor, dann wieder zur Uhr. „…Eins… jetzt.“
 
Die Tür wurde aufgerissen, Daichi stürmte in die Halle – Hinata musste zweimal hinsehen, als er dachte, eine Waffe in seiner Hand zu sehen. „HÄNDE HOCH!“
 
„Sonst ist alles gut bei dir?“, fragte Sugawara.
 
Daichi starrte für einige Sekunden auf den Chaotischen Haufen, bevor er die Dienstwaffe senkte und laut seufzte. „Welcher von euch Idioten hat angerufen und meinte, dass hier ein Überfall wäre?“
Nun kicherten so ziemlich alle, sogar Hinata konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken.
 
„Freut mich auch, dich wiederzusehen!“, begrüßte ihn Nishinoya. „Und da wir ja jetzt vollständig sind, würde ich vorschlagen, dass wir beginnen.“
„Mit was?“, fragte Kageyama.
„Mit dem Grund, wieso wir alle hier sind.“
 

Let my Heart beat for you - KageHinaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt