Kapitel 27

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Es war nicht gerade der kälteste Tag, dennoch bildete sich beim Ausatmen eine kleine Wolke vor Natsus Mund.

Seufzend rieb sie sich die Hände aneinander, ließ dabei ihr Ziel nicht aus den Augen.
„Wieso genau sitzen wir jetzt eigentlich hier?", fragte sie Akio, deutete dabei mit dem Kopf auf die Blumenkiste, die vor ihnen stand.

Der Dunkelhaarige setzte das Fernglas ab, machte sich wieder kleiner, bevor er unauffällig auf einen Mann deutete, der sich neben dem Eingang aufhielt und telefonierte. „Siehst du den Typen dort drüben?"
Natsu folgte der Richtung, zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Ja?"
„Is' 'n mieser Kerl. Hat mich mal angefaucht, weil ich ihm das letzte Stück Onigiri vor der Nase weggekauft hab." Grinsend hob er eine Augenbraue, sah dabei zu Natsu.
„Magst du Onigiri so sehr, dass du es jemand anderem einfach wegkaufst??"
„Naja... Ich hab nur gesehen, dass er es kaufen wollte, also habe ich mich vorgedrängelt und es mir zuerst gekauft", erklärte er, sah dabei wieder zu dem Beobachteten.
Das ist gemein."
„Ach, der Typ is' auch immer gemein. Is' ein ehemaliger Nachbar von meinem Bruder, und der hat sich immer darüber beschwert, dass die Jugend von heute an nichts Anderes außer Sex denken kann."

Natsu sah zur Seite, schluckte. Dass Akio dieses Thema so offen ansprach, ließ sie etwas erröten - schließlich war es in ihrer Familie üblich gewesen, nicht über sowas zu reden. So war sie aufgewachsen, und sie konnte sich noch zu gut an die vielen Diskussionen zwischen ihrem Bruder und ihrer Mutter erinnern, als diese ihn und Kageyama mal im Bett erwischt gehabt hatte.

„Alles gut?", fragte der Jüngere.
Natsu sah wieder geradeaus, nickte. „Mhm."
Akio hob die Augenbrauen, blickte ebenfalls wieder zu dem Typen vor dem Eingang auf der gegenüberliegenden Straßenseite. „Hast du eigentlich 'nen Freund?"

Das Mädchen erschrak, blickte überfordert zu ihm. „Nein", antwortete sie hastig.
„Wieso?"
„Was wieso?", fragte sie genervt.
Akio hielt in der Bewegung inne, presste die Lippen zusammen. „Egal. War nur neugierig."
„Mhm. Jetzt sag!"
„Guck mal, da is' 'n Schmetterling!", sagte er zur Ablenkung, zeigte dabei irgendwo hin, wo ganz bestimmt kein Schmetterling war.
„Jetzt lenk nicht vom Thema ab!"

Der Junge seufzte. „War nur 'ne Frage, beruhig dich."
„Ich will wissen, wieso du das wissen willst."
Wieder schwieg er, sah dabei jedoch dieses Mal auf den Asphaltboden. „Einfach so."
„Du bist echt nervig." Verärgert rollte sie mit den Augen, während sie sich wieder der Beobachtung widmete.
„Ich weiß", sagte er leise, während er für einen Moment zu ihr spähte - sein Blick blieb in dieser kurzen Zeit an ihrem Gesicht hängen, bevor er wieder den Kopf drehte und das Fernglas ansetzte. „Siehst du den dort?" Er zeigte auf einen anderen, etwas älteren Mann, der auf einer Parkbank vor ihrem Zielort saß und durch die Gegend sah. Auf seinem Kopf trug er einen dieser Fischerhüte, mit der linken Hand stützte er sich auf einem Gehstock ab, und auf seiner Nase saß eine große, runde Brille.
„Mhm", sagte Natsu beleidigt.
„Der sieht nett aus, nich'?"
„Mhm."
„Is' er aber nich'. Zumindest manchmal. Der arbeitet auch dort. Aber manchmal setzt er sich eben genau dort hin, um die Leute zu beobachten, die Ein und Aus gehen, falls irgendetwas passieren sollte, dass er der Polizei sagen kann, er könne helfen", erzählte er. „Mein Vater hat mir mal erzählt, dass der des Öfteren die Polizei ruft, weil er sich einbildet, irgendein Mensch würde ihn beobachten."
„Lass mich raten: Dieser irgendein Mensch bist du?"
Akio presste wieder die Lippen zusammen, schloss die Augen, während er das Fernrohr absetzte. „Du kennst mich schon viel zu gut."

Natsu musste kichern. Schnell legte sie sich die Hand vor den Mund, als ihr einfiel, dass sie ja hier auf geheimer Mission waren, doch schon bald fiel Akio in ihr Lachen ein.
„Du bist so 'n Idiot", sagte sie seufzend.
„Ich weiß, ich weiß."

Let my Heart beat for you - KageHinaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt