Kapitel 10

902 48 20
                                    

Nachdem das Spiel und die Siegerehrung vorbei waren, begannen die ersten Leute, sich für Autogramme und Fotos in Schlangen bei den einzelnen Spielern anzustellen.
 
Hinata war überrascht, als sich auch bei ihm einige Leute anstellten. Es waren zwar nicht so viele wie bei Atsumu oder Bokuto, aber es freute ihn trotzdem zu sehen, dass es Menschen gab, die sich als Fans von ihm bezeichneten.
 
Gerade war er darauf fixiert, einem etwas jüngeren Mädchen ein Autogramm zu geben, als sein Blick auf den Ausgang fiel.
Für einen Moment erstarrte er, als er dachte, dort jemanden erkannt zu haben, den er nur allzu gut kannte. Er versuchte, die Person unter der Menschenmenge wiederzufinden, aber konnte sie nicht ausfindig machen.
Aber er war sich sicher, dass er es gewesen war.
 
„Ist alles okay?“, fragte das Mädchen, weshalb er wieder in die Realität zurückfand.
„K-Klar. Ich dachte bloß, ich… egal.“
 
Er machte noch ein Foto mit ihr, dann war er fertig.
 
Etwas erleichtert atmete er aus, massierte sich seine Hand etwas, da diese aufgrund des vielen Schreibens etwas wehtat.
 
„Hey.“
 
Hinata drehte sich um, sah die große Nummer Fünf der Adlers vor sich stehen.
 
„H-Hey“, sagte er etwas nervös. Was machte der denn jetzt hier?
 
Romero lächelte etwas. „Mein Sohn ist ein Fan von dir. Dürfte er ein Foto mit dir machen?“
„Klar!“ Zugegeben, er war etwas verwirrt, weshalb Romeros Sohn ein Fan von ihm war, doch vergaß diese Verwirrung schnell, als der kleine Junge schüchtern hervortrat und langsam zu ihm ging.
 
Hinata kniete sich neben ihn, lächelte ihm zu. „Hi! Wie heißt du denn?“
 
Der Junge spielte an dem Saum seines T-Shirts herum, als traute er sich nicht, etwas zu sagen.
 
„Warum bist du denn plötzlich so schüchtern?“, fragte Romero den Kleinen.
 
Hinata lächelte noch breiter, klopfte dem Jungen auf die Schulter.
„Willst du ein Foto machen?“
 
Der Junge nickte, und da holte der gegnerische Spieler auch schon sein Handy hervor, öffnete die Kamera, während Hinata sich neben den Kleinen setzte und einen Arm um ihn legte. Der Junge lächelte schüchtern, und als das Foto gemacht war, versuchte der Orangehaarige erneut, mit ihm zu reden.
 
„Und du bist ein Fan?“
Der Junge nickte.
„Freut mich!“
 
Schüchtern sah der Kleine zur Seite, zog wieder an seinem T-Shirt herum. „K-Kann ich e-ein Autogramm haben?“, fragte er leise.
Hinata nickte, nahm eine der Autogrammkarten zur Hand, unterschrieb darauf.
„Verrätst du mir deinen Namen?“, fragte er erneut.
„Rubens“, antwortete der Junge nun doch.
„Schöner Name. Gefällt mir.“ Hinata gab ihm die Karte, und Rubens nahm sie glücklich entgegen.
„D-Darf ich dich umarmen?“, fragte er.
„Äh… ja, klar!“
 
Die Beiden umarmten sich, und erneut erschien ein noch breiteres Lächeln auf Hinatas Gesicht.
Als sie sich losließen, schien Rubens all die Nervosität zur Seite gelegt zu haben. „Ich hab deine Spiele in Brasilien gesehen. Ich will jetzt auch mit Beachvolleyball anfangen!“
„Echt? Oha, cool!“ Er wusste nicht, was er sagen sollte – dass es auch Leute gab, denen er womöglich ein Vorbild war, wurde ihm erst jetzt bewusst.
„Ja! Papa hat gesagt, wir fahren im Sommer an den Strand, und da kann ich dann spielen.“
„Glaub mir, du wirst es lieben!“
 
Der Kleine lachte, als Hinata ihm etwas durch die Haare wuschelte, dabei selbst lachen musste.
 
 
Aus der Ferne sah Kageyama ihnen zu. Er wollte wegsehen, seinen eigenen Fans die Aufmerksamkeit schenken, doch es fiel ihm schwer, den Blick abzuwenden, da er die Art, wie Hinata mit dem Jungen sprach, ziemlich süß fand.
 
„Soll ich ehrlich sein?“, fragte plötzlich jemand neben ihm, als die Schlange endlich zu Ende war.
Er drehte sich um, sah dem Älteren direkt ins Gesicht, der die Hände in den Jackentaschen hatte, dabei ebenfalls zu dem Wing Spiker der MSBY sah, aber dann schließlich den Blick doch zu Kageyama wandte.
„Ja?“
„Lass es sein. Hinata war schon immer stur, und solange du immer wieder auf ihn zugehst und ihn anbettelst, wird er sich nur noch mehr von dir entfernen.“
 
Der dunkelhaarige Setter seufzte, sah dann wieder zu seinem Ex hinüber.
„Ich weiß. Aber ich ahne auch, wieso er so ist, und der Grund gefällt mir nicht gerade…“ Die letzten Worte sagte er so leise, dass sein Gesprächspartner sie beinahe nicht hörte. „Das Ganze sagt sich leichter, als es ist, Suga.“
 
Suga zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Was meinst du?“
Kageyama schloss für einen Moment die Augen, bevor er auf den Boden sah. „Ich versuche nicht, mit ihm zu reden, weil ich ihn wieder zurück haben will. Natürlich will ich das auch, aber der Hauptgrund ist, dass ich mir Sorgen mache.“
„Worüber denn? Er verhält sich doch ganz normal.“
 
Der Setter der Adlers nahm sich seine Wasserflasche, trank etwas, atmete durch. „Hier geht es um etwas, was in unserem letzten Schuljahr passiert ist.“
„Und zwar?“
„Nimm’s nicht persönlich, aber das ist etwas, das man nicht herumerzählen sollte. Und wir Fünf haben uns damals versprochen, dass das Ganze unter uns bleibt, um vor allem Hinatas Laufbahn nicht zu beeinflussen, und selbst wenn er extrem sauer ist und wir vermutlich nie wieder zusammenkommen werden, will ich, Erstens, dieses Versprechen nicht brechen und Zweitens mache ich mir Sorgen um ihn, weil er dieselben Muster wie damals aufweist.“
 
Eine Zeitlang blieb es still zwischen ihnen.
 
„Aber solange er nicht mit mir redet, kann ich ihm nicht helfen…“, fügte Kageyama immer leiser werdend noch hinzu. „Ich glaube, er merkt es selbst nicht.“
 
 
Als Hinata gemeinsam mit seinen Teamkollegen die Halle verließ, fiel ihm wieder die allzu bekannte Person ein, die er erspäht hatte.
 
Das Team stand also nun in dem Durchgang, der zu den Garderoben führte, und in welchem Bereich nur registrierte Leute Zutritt hatten.
An der Ecke am Ende von diesem warteten sie auf den Trainer, doch Hinata wurde das Gefühl nicht los, dass er sich vergewissern müsse, ob er mit seiner Vermutung richtig lag oder nicht, weshalb er sich leise von seinen Mitspielern wegschlich, ungesehen in den offiziellen Eingangsbereich schlüpfte, dabei die Kapuze seiner Jacke über den Kopf zog.
 
Er sah sich um, dachte zuerst, er wäre vielleicht zu spät – doch dann sah er ihn wieder, entdeckte dabei zwei weitere Bekannte, die neben diesem standen.
 
Ohne großartig nachzudenken lief er zu ihnen, blieb dort stehen. Die kleine Gruppe schien ihn noch nicht bemerkt zu haben, weshalb er sich mit einem kurzen Räuspern bemerkbar machte.
 
Alle drei drehten sich gleichzeitig zu ihm.
 
„Ah. Hallo“, kam es lahm von dem Blonden mit der Brille.
 
Stille.
 
Nun bereute er es, einfach so in das Gespräch gestürzt zu sein.
„Also… ähm… lange-“
„Lange nicht gesehen“, unterbrach Yamaguchi ihn monoton.
 
Verlegen kratzte sich Hinata am Hals, wandte dabei den Blick von ihnen nicht ab.
 
„Ihr habt echt gut gespielt“, sagte Yachi freundlich, lächelte dabei.
„D-Danke.“
 
„Wenn ihr entschuldigt, ich muss dann doch früher los“, sagte Tsukishima, erhob sich dabei, verließ den Eingang.
 
Die anderen sahen ihm nach, und zuerst herrschte wieder die Stille über sie.
„Hinata, ich muss dich was fragen“, sagte Yamaguchi da.
„Und zwar?“
„Ich habe vorhin mit Kageyama gesprochen.“
„Und?“, fragte Hinata, nun deutlich desinteressiert.
„Lassen wir mal euer Beziehungsproblem beiseite. Geht es dir gut?“
 
Der Wing Spiker lächelte. „Mir ging es nie besser“, antwortete er spöttisch.
„Wir machen uns Sorgen.“
„Als ob ihr euch Sorgen macht, ganz ehrlich. Wir Fünf hatten seit dem Abschluss keinen Kontakt mehr. Sorry, ich meinte wir Zwölf.“
„Können wir das bitte beiseite lassen? Du weißt, von was ich rede.“
„Ja. Und ich habe dir schon gesagt, dass es mir bestens geht!“
 
„Hinata, wir meinen es nur gut-“, begann Yachi, doch Hinata unterbrach sie.
„Ich muss sowieso los. Ich wollte bloß Hallo sagen, und jetzt werde ich wieder zurückgehen. War schön, euch wiederzusehen.“
„Hinata, warte-“ Yamaguchi wollte ihn aufhalten, doch da Hinata auch ohne zu laufen schon ziemlich schnell sein konnte, lief er ihm nicht nach – vielleicht war es das Beste, sie hatten ja in der Vergangenheit daraus gelernt.
 
„Kageyama hatte recht“, sagte Yachi, sah zu Boden. „Er ist genauso wie damals.“
 
 
Mit gesenktem Kopf kehrte Hinata zu seinen Teamkollegen zurück.
„Da bist du ja! Wo warst du denn?“, fragte Inunaki.
„Ich… ich musste nur kurz an die frische Luft“, log er.
 
Er sah in die Runde. Außer Foster und Atsumu waren alle da.
„Wo ist Tsumu?“
 
Sakusa rollte mit den Augen, drehte sich weg.
 
„Musste anscheinend irgendetwas mit irgendwem regeln, keine Ahnung“, erklärte Bokuto. „Sakusa ist keine zuverlässige Informationsquelle.“
„Da kommst du jetzt erst drauf?“, fragte Inunaki, weshalb er einen ernsten Blick von dem Dunkelhaarigen zugeworfen bekam.
 
Nun näherte sich ihnen der Trainer, der nachdenklich auf sein Klammbrett sah. „Sorry, dass es so lang gedauert hat. Da war gerade irgendein Drama am Schalter, weswegen ich nicht durch konnte.“
„Wieso sind Sie nicht durch die Halle?“, fragte Barnes.
„Die ist schon zugesperrt.“
„Was für ein Drama war da?“, fragte Meian.
 
Foster hob die Schultern. „Da ist irgendein Mädchen, das meint, dass sie eine Berechtigung hätte, hier rein zu kommen, obwohl sie keine offizielle Bestätigung hat.“
„Bestimmt ‘n Fangirl“, meinte Inunaki.
„Keine Ahnung, sie meinte, sie wäre ein Familienmitglied, aber sie konnte sich nicht ausweisen.“
 
Hinatas Augen weiteten sich. Wieso hatte er gerade so ein seltsames Gefühl bei der Sache?
 
„Wie sah sie aus?“, fragte er etwas aufgeregt.
 
Der Trainer überlegte, musterte ihn. „Äh… sie hatte auf jeden Fall orangene Haare.“
 
Hinatas Augen weiteten sich, bevor er loslief, um die Ecke zischte, auf deren anderer Seite sich eben diese Schalter befanden, von denen der Trainer gesprochen hatte.
 
„Lassen Sie mich doch einfach rein!“, rief das Mädchen.
„Sie müssen das verstehen, ich-“
 
„Lassen Sie sie rein, bitte!“, rief Hinata, worauf der Wachmann zuerst zögerte, dann aber den Schalter umschaltete, sodass sie eintreten konnte.
 
„ONIII-CHAN!“, schrie Natsu, stürmte auf ihn zu.
 
Hinata war sprachlos, als seine kleine Schwester auf ihn sprang, sich an ihn klammerte, und er alle Mühen hatte, sie zu halten und nicht umzufallen.
 
Er bemerkte nicht, dass Natsu schniefte. „Wieso hast du mir nichts gesagt? Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du wieder hier bist?“
Hinata klammerte sich nun ebenfalls an sie, als seine Augen vor Freude glasig wurden, und ihm ebenfalls die Tränen kamen.
 
„Du bist so groß geworden“, bemerkte er.
„Und du nicht gerade schlauer.“
 
Ihnen entfuhr Beiden ein kurzes Lachen, dann löste Natsu ihren Kopf von seiner Schulter, um ihm in die Augen zu sehen, während er sie weiterhin hielt. „Geh nie wieder weg. Bitte!“, bat sie schluchzend.
 
Hinata lächelte, als er seiner geliebten Schwester eine Strähne aus dem Gesicht strich. „Nie wieder“, sagte er. „Zumindest nicht so lange“, fügte er schnell hinzu, weshalb sie wieder unter den Freudentränen lachen musste.
 
„Weiß Mom, dass du hier bist?“, fragte der Ältere, worauf sie zur Seite sah.
„Ja.“
„Natsu?“
„Ich hab ihr schnell geschrieben, als ich in den Zug gesprungen bin, als ich erfahren habe, dass du tatsächlich hier bist und mitspielst.“
 
Hinata seufzte. „Wenigstens was. Obwohl ich bezweifle, dass sie glücklich darüber war.“
„War und ist sie nicht. Ich glaube, ich kann mein Handy die nächsten Tage vergessen. Aber egal, das war es mir wert.“
 
Sie drückte sich wieder an ihn, schluchzte weiter in seine Schulter.
 
„Ich hab dich lieb, Onii-chan.“
 
Hinata bemerkte nicht, dass seine Teamkollegen neugierig um die Ecke spähten, so sehr übermannte ihn dieser Moment.
„Ich dich auch, Natsu“, sagte er, während er ihr über den Rücken strich. „Ich dich auch.“

Let my Heart beat for you - KageHinaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt