three

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Schluchzend blickte ich hinauf zu dem Mond und wünschte mir, mich augenblicklich aufzulösen. Meine Existenz auf der Welt brachte keinen Sinn über die Menschheit. Die Welt war kahl und schenkte mir keinen Willen noch leben zu wollen. Ein Seil um meine Kehle würde mein Leben beenden. Ein Schusspatrone würde mein Kopf durchlöchern können, wäre sofort tot. Ein Messer würde mein Brust durchstechen können, würde verbluten. Der Strudel im Fluss würde mich ertrinken lassen.

Doch trotzdem saß ich hier. Im abgelegten Spielsplatz. Die Schaukel qutischte, als ich wieder Aufschwung nahm. Der Wind wehte ungeheuerlich schnell. Meine Hände schmerzten, als ich die erfrorenen Ketten an der Schaukel fest umgriff. Der Schnee lag über den Sand und hielt alles in weißen Tönen.

Es erschien mir alles friedlich.

Doch auch die Faszination und die Schönheit hatte schwarze Flecken und ließen einen das Gesicht verziehen. Denn plötzlich erschienen dunkle Sihouellten, die sich auf das schwache Licht von den Straßenlampen warfen. Ängstlich begann ich langsamer zu werden, bis ich schließlich mit meinen Stiefeln im gefrorenen Sand stoppte. Sie traten immer näher hinaus aus der Dunkelheit, bis sie im Radius des Lichtes stehen blieben. Genau wie ich sie anschaute, schaute mich die Gruppe an. Es waren Jugendliche.

»Hey, kleines Mädchen! Du erfrierst doch hier in der Kälte oder möchtest du, dass wir dir Gesellschaft leisten?« Panik ließ meinen Körper völlig einfrieren. Mein Herz pumpte außerordentlich schnell und der einzige Ausgang wäre der hintere, geradewegs in den angelegen Wald. Und diese müsste ich blitzschnell antreten, da es die jungen Männer tatsächlich auf mich abgesehen hatten.

Panisch warf ich immer wieder Blicke zu den Jungs, die nun begannen zu sprinten. Kreischend nahm ich meine Beine in die Hand und lief so schnell, wie ich auch nur kannte. Einmal rutschte ich aus und stöhnte schmerzvoll auf, als ich auf meinen Po landete. Beim zweiten Mal fiel ich schluchzend auf meine Knie. Die Schmerzen durchströmten meinen ganzen Körper und hielten mich Trapp.

Stützend am ersten Baum angekommen, atmete ich schwer aus und zitterte stark, als die kühle Luft in meine Kehle drang. Der Spielplatz war einer meiner Orte, an denen ich für mich sein konnte. Es war ein ruhiger Ort, an dem ich die aktuellsten Ereignisse in meinem Kopf durchging. Der unerwünschte Besuch ließ mich wieder erinnern, dass ich rennen musste. Denn die jugendliche Gruppe war noch immer hinter mir und schrie mir zu, dass ich stehen bleiben soll. Sie würden mir nichts tun. Doch das glaubte ich nicht.

Ich hatte es von meinen Eltern gelernt. Als sie damals sagten, sie würden mir nichts tuen. Doch genau dann schellerte es immer.

Mit abgehackten Atem warf ich mich nach einigen Metern, hinter einen großen Baum. Meine zittrigen Hände presste ich an meine Ohrmuschel, um sie bloß nicht mehr zu hören. Das laute knirschen durch den Schnee, machte mich wahnsinnig. Eine Träne löste sich aus meinem Auge und glitt an meiner kühlen Wange hinunter. Der Wind wehte unfassbar schnell und ließ die Tränen aus meinem Gesicht, davonfliegen.

So saß ich da - schluchzend und mit den Händen an den Ohren gepresst - und wartete die nächsten Minuten ab. Doch komischerweise fand mich niemand und ich spürte weder eine Hand auf meiner Schulter, weder eine gedämpfte Stimme. Verwirrt öffnete ich meine Augen und schaute mich vorsichtig um. Keiner der Jungen war da. Weit und breit waren Bäume und Schnee. Wo waren die Jungs hin? Hielten sie es doch für eine schlechte Idee, mich anzugreifen?

Leise rappelte ich mich auf und schaute mich mehrfach um. Doch anscheinend war ich alleine. Vielleicht habe ich mir die Gruppe bloß eingebildet? Verrückt war ich nicht! Seufzend blieb ich noch einige Sekunden stehen, bis ich mich die nächsten Schritt wagte. Ich versuchte leise den Heimweg anzutreten, doch der Schnee knirschte unfassbar laut unter meinen schwarzen Stiefel. 

Inviolable touchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt