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»Hast du Angst vor Ihnen?« Vermutlich war ihm mein nervöses Beinzucken aufgefallen. Mit den Schultern zuckend blickte ich aus dem Fenster und beobachtete die Menschen, die ich mit der Schnelligkeit des Autos kaum identifizieren konnte. Immer wieder versuchte ich die beiden glücklichen lächelnden Menschen aus meinem Gehirn zu verbannen, doch sie tauchten immer auf. Ob es nun Tag oder Nacht war, sie schwirrten in mir herum und bereiteten mir unerträgliche Kopfschmerzen.

Seufzend knallte ich meine kühle Hand auf meine erhitzte Stirn und keuchte auf, als Roman seine Hand mit meiner anderen verflechtete. Als Zeichen, dass er bei mir war und nicht alleine auftreten musste.

»Ich sehe es nicht gerne, wenn andere für dein schlechtes Wohl verantwortlich sind...« Schluckend ließ ich die Augen geschlossen und somit auch meinen sonst vorlauten Mund. Nach reden war mir nach der Aussage nicht zumute. Doch die Unsicherheit musste ich nicht überspielen oder die Schauspielerin in mir spielen lassen, denn meine Hand in seiner begann verräterisch zu zittern. Die Verheimlichung einer Dinge würde mir nie gelingen.

Dieser gut gebaute Mann neben mir roch und spürte jede noch so einzelne Gefühlslage. Um ihm Lügen oder ein Schauspiel zum fraß zu werfen, musste man professionell voran gehen. Doch die Tatsache, dass ich neben ihm nie in die Ruhe kam und immer innerlich hüpfte, ließ mich auch dies erschweren. Es funktionierte nicht und das wusste er genaustens. Er durchschaute jeden Spielzug eines Gegenspielers.

»Schaue mir in die Augen.« Und wenn er die Antwort durch die Haltung nicht identifizierte, fand er sie ausführlich in den Augen.

Mit seiner Hand an meinem Kinn drehte er mein Gesicht in seine Richtung. Seine Augen erschienen mir dunkler als je zuvor, doch vermutlich behauptete ich dies jedes Mal und ließ mich immer wieder auf neuste erschaudern. Trotz dem Verkehrs schaute er mir in die Augen und nickte langsam. Worte fallen zu lassen war nicht nötig, denn er saugte sie aus meinen Augen zusammen.

»Soll ich mit dir erhlich sein...« Das aprubte schnelle Bremsen ließ mich erschrocken und laut aufkeuchen und nach vorne schauen. Mit Schwung nahm er sich wieder mein Kinn in seine große Hand und zog es hastig in seine Richtung. »Am liebsten würde ich deinem beschissenem Bruder die Fresse blutig schlagen, aber das würdest du nicht wollen...«

★★★

Schweigend liefen wir nebeneinander zur Eingangstür her. Roman schien gemerkt zu haben, dass er mich Eingeschüchtert hatte, denn kurz vor der Eingangstür drückte er mich gegen die Wand, an der die Klingel befestigt war. Unsicher hob ich meinen Blick hinauf zu seinem Gesicht und versuchte das aufkommende Zittern in meinen Knien zu unterdrücken.

»Seine Frau sollte hoffen, dass ihm nur sein Gesicht blutig geschlagen wird.« Mit diesen harschen Worten stellte er mich dicht an seinen warmen Körper und drückte ungeduldig auf die Klingel. Den Eindruck den er hinterließ, interessierte ihn nicht ihm geringsten. Schnellmöglichst wollte er die Aufgaben erledigen, um wieder von hier zu verschwinden.  Roman hatte mir nämlich von seiner großen Wut erzählt und nun befürchtete ich das schlimmste.

Nur wenige Sekunden warteten wir vor der Tür, bis ich das Laute schreien einer Magdalena vernahm. Die schwereren Schritte gelangten zur Haustür.

»Welcher Idiot randaliert hier?« Fuchsteufelswilds riss sie die Haustür auf und baute sich auf. Ihr Blick landete auf dem hübschen Gesicht von Roman -- mich bemerkte sie nicht -- denn ihr Blick klebte nur wütend an ihm. »Haben Sie noch alle Tassen im Schrank? Anscheinend ja wohl nicht! Woher nehmen Sie sich das Recht hier wie ein verrückter zu klingeln?« Nun glitt ihr rasender Blick zu mir und ihre Mimik verfiel in derselben Sekunde. In ihrem Gesicht stand ein großes Fragezeichen.

Akribisch ließ sie ihren Blick über mich gleiten, überlegte nun, wie sie reagieren sollte. Cason war höchstwahrscheinlich auf der Arbeit, da auch kein Mercedes auf der Auffahrt stand. Ihr großer Bauch verriet, dass sie kurz vor der Entbindung stand.

»Na los Tracy, hol deine Sachen.« Sanft legte er seine Hand auf meinem Rücken und schob mich an Magdalena vorbei. Er hinter mir. Magdalenas Schreie ignorierend, schritten wir die Treppe hinauf in mein Zimmer und ließen eine aufgebrachte Frau hinter uns. Vermutlich rufte sie nun Cason an, um ihm unbedingt hierher zuholen.

»Mein Handy!« Freudig sprang ich auf mein Bett auf und schnappte mir mein Handy, dessen Akkustand leer war. Lächelnd steckte ich dies direkt in meine Hosentasche ein. Aus meinem Kleiderschrank holte ich ein leeren Karton heraus und fühlte diesen mit wichtigen Dinge, die mir am Herzen lagen. All meine Kleider stopfte ich hinein, meine restlichen Schulsachen, jegliche Geschenke meiner Freunde und auch das Foto mit meinen Eltern.

Roman währendessen lief durch mein Zimmer, schaute sich alles seelenruhig an und überprüfte auch interessiert die Kommoden. Bei meiner Unterwäsche machte er einen wissenden Stopp.

»Die wirst du sicherlich auch gebrauchen, Tracy.«

Sein Grinsen ließ mich rot werden. Hochrot wand ich mich sofort von ihm ab und stopfte weiter meinen bereits vollen Karton. Natürlich entging ihm auch nicht, dass ich schnell die Unterwäsche mitnahm. Fertig geworden drehte ich mich um meine eigene Achse und holte zuallerletzt mein Tagebuch unter meinem Kissen hervor. In diesem waren die tiefgründigsten Texte und Geheimnisse verborgen und mir entging der Blick von Roman.

Ebenso entging mir, dass Roman etwas aus meiner Kommode nahm und in seine Hosentasche steckte.

»Ich hab alles, wir können gehen, bevor mein Bruder noch hier ein Drama veranstaltet..« Mit einem letzten Blick verließ ich mein Zimmer und starrte Roman an, dessen Augen sich in einem Bild verfangen hatte, was neben meinem Bett stand. Dort waren ich, Cason und Magdalena zusehen. Dort hatte ich nicht gewusst, dass sie Schwanger war und ich war einigermaßen glücklich gewesen.

Doch dieses Bild hatte keinen Wert für mich. Es könnte stehen bleiben. Ich würde es nicht mitnehmen.

»Wäre doch irgendwie lustig...« Den Bilderrahmen schlug er mit Leichtigkeit gegen die Wand und das Glas darin zerbrach. Die Seite an der Cason und Magdalena verträumt lächelten, zeriss er mit einem Mal und die Seite an der ich stand und zaghaft lächelte, nahm er mit. Grinsend schritt er nun aus dem Zimmer und schloss hinter sie die Tür. Unendliche Fragen schwirrten in meinem Kopf umher, doch die lösten sich auf, als Roman mein Handgelenk umfasste.

Wie zwei Diebe traten wir die Treppe hinunter und erblickten eine herrische Magdalena, die flüchtig aus dem Fenster schaute. Sie wartete auf ihren einzigen wahren Helden, den sie mir weggenommen hatte -- Cason --  und ich verstand nicht, warum ich mich nicht schon längst auf ihrem Lieblingsteppich übergeben hatte.

»Hausfriedensbruch ist das. Wenn Cason erfährt, mit wem du dich herumtreibst, kriegst du gewaltigen Ärger! Das versichere ich dir.« Roman trat zu ihr und ließ sie wiederum zurückweichen. Panisch schaute sie mich an und streichelte beschützerisch über ihren großen Bauch. Schnaubend legte er mein Karton zur Seite und baute sie vor der Frau auf, die mir noch wenigen Wochen erst das Leben zur Hölle gemacht hatte. Die Frau, die mich mit ihrer Art kaputt machen wollte.

»Sie sollten ihr in meiner Anwesenheit nicht drohen.«

Magdalena schluckte und behielt uns beide genaustens im Blick, bevor sie an der Seite an ihm vorbeischritt und die in die Küche düste. Mit Gänsehaut am ganzen Körper schaute ich Roman in die Augen, als er sich zu mir umdrehte.

»Raus aus dem Haus, bevor ich auf diesen Mistkerl warte und ihm wirklich die Fresse blutig schlage.« Hektisch nickend trat ich von der letzten Stufe hinunter und rannte förmlich zur Haustür, um aus diesem Haus zu verschwinden. Die eindeutige Drohung steckte felsenfest in meinem Verstand, weswegen ich mich stumm neben die Autotür stellte und wartete, dass Roman kommen würde.

Den Karton legte er vorsichtig in den Kofferraum seines Autos. Vorsichtig stieg ich ein und schaute noch einmal zum Fenster, wo uns Magdalena feindselig beobachtete. Wäre Roman nicht an meiner Seite gewesen, hätte sie mich fertig gemacht. Sie hätte mich mit ihren Worten zum Weinen gebracht, das wusste ich genaustens.

Mit einem knallen stieg nun auch Roman ein. Angewidert schüttelte er sich und zündete das Auto an.

★★★

take me, Roman.... Ja, wie hat's euch nochmal gefallen? ❤️😅

Inviolable touchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt