seven

1.3K 94 18
                                    

Ahnungslos und orientierungslos schlenderte ich nun durch die Straßen. Der Waldrand beängstigte mich, aber zog mich wie magisch an. Vielleicht sollte ich zu Aly, sie würde mich doch wahrscheinlich bei sich aufnehmen? Nur was ihre Eltern davon hielten, wusste ich allerdings nicht. Aktuell war ich wohnunglos, eine streuende. Doch mir war alles lieber, als in den vier Wänden von Magdalena und Cadon. Seit einer knappen Stunde fühlte ich mich nun vollkommen frei. Auch wenn ich außerordentlich stark frierte und ich kraftlos war, lief ich weiter. Ohne ein Ziel vor den Augen zu haben.

Mein Smartphone hatte ich wahrscheinlich im Koffer. Doch ich hatte es vor lautem Zeitdruck reingeworfen, so wusste ich nicht, wo es überhaupt lag. Vielleicht lag es auch noch in meinem Zimmer?

Aprubt blieb ich stehen und überdachte nochmals meine Entscheidungen. Ich hatte doch niemanden der mich aufnehmen konnte, niemanden der ein Auge auf mich werfen konnte. Eventuell waren meine voreiligen Taten doch einwenig falsch. Ich hätte nicht von Zuhause weg rennen sollen. Cadon und Magdalena würden bestimmt die Polizei alimieren. Nirgens konnte ich mich verstecken oder untertauchen. Aly war bestimmt im Urlaub mit ihrer Familie.

Einbrechen war keine Option.

Mulmig schritt ich weiter und lehnte mich an ein der hochgewachsenen Bäume. Ich war müde und hungrig. Augenblicklich verfluchte ich mich für meine Dummheit. Weder Geld noch Proviant hatte ich mit eingepackt. Automatisch schossen Tränen in meine Augen. Wohl oder übel musste ich wieder Nachhause, um Verzeihung bitten und wieder in die alten Muster verfallen. Andere Aussichten für ein Überleben gab es überhaupt nicht im Hochwinter auf den Straßen.

Schluchzend schaute ich wieder hoch in den dunklen Himmel, damit keine weiteren Tränen mein Gesicht hinunter liefen.

★★★

Mit klappernden Zähnen kämpfte ich mich durch die Masse, ignorierte die Schneekristalle die gegen mein Gesicht schlugen und versuchte tapfer auf den Beinen zu bleiben. Das Leben in New Jersey war in vollem Gange. Die Autos fuhren langsam, kämpften genauso wie ich, sich durch den Schnee und schauten mich skeptisch an. Wiedereinmal saß der Pech auf meiner rechten Schulter, denn der kommende Schneesturm wurde immer heftiger mit den Minuten. Doch ich war den Unwetter hilflos ausgeliefert.

Als ich das große und Bekannte Firmengebäude erkannte, wusste ich, dass ich endlich angekommen war. Denn neben diesem mysteriösen Gebäude war ein kleines Café, in dass ich immer essen gegangen war. Recht schnell lief ich geradewegs darauf zu und wollte erleichtert ausatmen, doch als ich die Türklinke hinunterdrückte, ließ sie sich nicht öffnen. Und ich vernahm auch keine einzige Bewegung im Café. Kein Licht brannte, nichts. Das Café war geschlossen.

Verdammt, wie spät war es denn?

★★★

»Madame, bitte verlassen sie den Eingang. Sie behindern die Menschen!« Bei dieser störenden Lautstärke schlug ich gähnend meine Augen auf. Mir war ganz schwummrig, ich fühlte mich wie ein ausgelaugter Schwamm. Vor mir stand eine etwas ältere Frau, die streng zu mir hinunterblickte. Ihre Haare waren professionell hochgebunden. Verwirrt ließ ich meinen Blick umher gleiten und stellte fest, dass ich gestern Nacht noch meine Position geändert hatte. Ich war vom Café die wenigen Meter zur Firma geschritten, da dort ein Abdeckung vom starken Schnee war.

Sie schnaufte auf und verschränkte die Arme. Ihr Pelzmantel umfasste ihren Körper elegant und schlagartig zitterte ich wieder, als mir einfiel, wie kalt mir doch überhaupt war. Es musste doch bestimmt schon Mitternacht sein, war ich wirklich für wenige Stunden weggenickt? 

Inviolable touchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt