Staunend beobachtete ich die Flammen im Kamin und vergaß die aktuelle Situation. Auch wenn ich bei einem fremden Mann gelandet war, fühlte ich nichts geringeres als Wohlsein. Bei Cadon und Magdalena hätte ich mich unwohl gefühlt. Das war auch nie anderes gewesen. Ob sie sich überhaupt Sorgen machen würden, wenn ich verschwunden wäre? Wenn es überhaupt keine Spur zu meinem Aufenthalt geben würde?
Wohlmöglich nicht. Schließlich tat Magdalena alles in der Macht stehend, um mich rauszuwerfen. Zumindest kam es mir oft so vor. Ich fühlte mich falsch in meiner Haut, als sei ich falsch. Dies hatte mir meine Schwägerin damals mit ihren deutlichen Blicken bewiesen. Wenn man mich nicht mochte, konnte man es mir nicht einfach nicht ins Gesicht sagen? Das betraf das auch einiger meiner Mitschülerinnen, die heimlich hinter meinem Rücken lästerten.
Doch seitdem ich die Klasse gewechselt hatte, habe ich auch tatsächlich Freunde gefunden. Die mich verstehen und für mich da sind. Ich fühlte mich verstanden, aber in den eigenen vier Wänden fühlte ich mich missverstanden.
»Wäre ich heute Nacht nicht zufällig da gewesen, hätten die Jungs sonst was mit dir gemacht.«
Ruckartig drehte ich meinen Kopf zu ihm um. Er saß mittlerweile auf seinem Sessel, der schräg gegenüber dem Kamin stand. Seine linker Arm lag auf der Lehne, demonstrierte seine Macht. Mit der rechten Hand fuhr er sich durch seinen gepflegten Dreitagebart. Er ließ mich keine Sekunde aus den Augen und als ich anfing seine Worte zu realisieren, schluckte ich den Kloß in meinem Hals hart hinunter. Er hatte Recht. Die Gruppe hatte bestimmte derartige Gedanken und der Schneesturm hätte mich letztendlich umgebracht.
Diesem Mann war ich mehr als nur dankbar und ich wusste nicht, wie ich ihm dies vermitteln sollte.
»Danke viemals...« Schüchtern warf ich ihm ein ehrliches Lächeln herüber, worauf er seufzte und aprubt den Blick abwand. Er war angespannt, das vernahm ich. Seine linke Hand war zu einer Faust geballt. Unsicher blickte ich ihn noch immer neugierig an. Er war ein wirklich schöner Mann. Trotzdessen hatte er mir noch immer nicht seinen Namen verraten. Meinen wusste er doch bereits. Schließlich spielte ich auch mit offenen Karten.
»Wie lautet dein Name?«
Mein mysteriöser Retter ließ seinen Blick auf die Flammen schweifen, gespannt lauschte er das Knacken des Holzes, ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Nach stillen Sekunden drehte er sich dann doch zu mir und lächelte mich ebenfalls an. Was ihm wohl durch den Kopf gegangen war?
»Roman.«
Mein Herz schlug augenblicklich schneller, als ich seinen Namen in meinem Kopf aussprach. Er passte ihm wie angegossen. Roman strahlte unendlich viel Macht und Autorität aus, dass ihm der Name die passende Ergänzung gab. Ich war erstaunt von diesem Mann. Als mir auffiel, dass ich ihn schon viel zu lange anschaue, blicke ich sofort auf den Boden und verstumme regelrecht. Ich verfalle in die Sprachlosigkeit. Seine Anwesenheit ließ mich ganz schwindelig werden. Dabei tat er nichts anderes, als mich anzuschauen.
»Ich möchte Nachhause, Roman.«
Mit einer Zustimmung hätte ich am ehesten gerechnet, doch stattdessen schmunzelte er bloß und schüttelte langsam seinen Kopf. Er deutete mit seiner maskulinen Hand, auf die ich wahrscheinlich zu lange starrte, auf das Fenster. Seufzend schaute ich in die Dunkelheit hinaus und konnte trotzdessen noch immer das Heulen des Windes vernehmen und die unglaubliche Stärke des Schneesturms. Ich würde hier noch ewige Stunden bleiben, wenn sich die Lage da draußen nicht endlich beruhigen würde.
Aber was zog mich so sehr an dieses Zuhause?
»Du würdest da draußen untergehen, kleine.« Er setze sich auf, legte seine Ellbogen auf seine Oberschenkel und verschränkte seine großen Hände. »Du bist bestimmt müde, Tracy. Du solltest dich ausruhen und schlafen.« Romans Mundwinkel zuckte und er schenkte mir ein Lächeln. Eins, dass mich komischerweise so unfassbar nervös machte. Ich kannte diesen Mann überhaupt nicht, konnte nichts über ihn Aussagen und dennoch hatte er bereits eine glasklare Wirkung auf mich. Wie schaffte er dies?
Vielleicht war ich auch einfach nur eine pubertierende achtzehnjährige.
★★★
Das heiße Wasser floss an meinem Körper herab und ließ mich wohlig aufseufzen. Nach diesem ganzen Stress war eine heiße Dusche wirklich die beste Alternative, um sich wieder zu finden. Nachzudenken und loszulassen. Summend cremte ich meinen Körper mit dem Duschgel ein, der wahrscheinlich Roman gehörte. Mit dem Schwamm fuhr ich über meine bereits gerötete Haut und ließ meinen Kopf in den Nacken fallen, genauso so, wenn ich ihm in die Augen schauen möchte. Wie ich festgestellt hatte, war er ein wirklich großer Mann. Aber dies hatte ich schon beim ersten Aufeinandertreffen herausgefunden.
Nachdem wir sein Wohnzimmer verlassen hatten, zeigte er mir das kleine Bad und erzählte mir, es sei ein Ferienhaus, dass eins seiner Freunde gehörte. Doch in diesen durfte er zurückgreifen und auch bewohnen, wie ich verstanden hatte. Roman aber selbst hatte ein Haus in der Stadt. Mehr wusste ich nicht, aber diese Informationen genügten mir.
Nachdem ich den ganzen Schaum von meinem Körper weggespült habe, schob ich die Schiebetür der Dusche zur Seite und stellte meine Füße auf den kalten Boden. Gänsehaut umhüllte meinen Körper. Rasch schlüpfte ich in den zu großen Bademantel und kuschelte mich in den letztendlich ein. Mit leergefegten Kopf öffnete ich die Tür und erblickte auf dem Boden die Kleidung, die ich für meinen Schlaf brauchte.
Ein Langarmshirt und eine große Hose, mit dicken Wollsocken.
Schnell warf ich die Kleidung über meinen Körper, bevor ich das Gästezimmer verließ, um meinen Retter ausfindig zu machen. Leise schlich ich durch die Flure und lauschte der eigentlichen Ruhe nach, wenn man den Schneesturm im Hintergrund ignorierte. Als ich ein Poltern vernahm, wusste ich, er musste in einem der Zimmer sein.
»Roman?«
Meine leise Stimme hallte im ganzen Flur auf und ich schluckte. Es beängstigte mich einwenig, doch gruseliger war, das nachdem Poltern eine lange Ruhe einkehrte. Auf Zehenspitzen und zusammen gepressten Lippen, schlich ich mich vorab und blieb vor einer bestimmten Tür stehen. Es war die einzige Tür, die einen goldenen Türknauf hatte. Die Tür zog mich beinahe magisch an. Sie schrie förmlich danach geöffnet zu werden, um herauszufinden, was sich hinter der Tür befand.
Doch ein Roman, der plötzlich hinter mir stand, machte mir ein Strich durch die Rechnung.
»Brauchst du noch etwas, Tracy?«
Er verschränkte seine Hände hinter seinen Rücken und zog seine Augenbraue hoch. Blickte von oben auf mich hinunter, als sei ich bloß eine Schachfigur, die er ganz einfach aus dem Brett schlagen könnte. Roman wäre ganz sicher der König im Schach.
»Ich wollte dir eine Gute Nacht wünschen. Und mich nochmals bedanken.« Meine Unsicherheiten, meine Nervosität und auch meine Angst, schluckte ich aprubt hinunter. Stattdessen zauberte ich ein anständiges Lächeln herbei und verzog dann doch enttäuscht meine Miene, als er mich bloß monoton betrachtete. Warum wollte ich so unfassbar gerne wissen, was ihm gerade alles so durch den Kopf ging?
Blinzelnd legte ich mein Lächeln ab und drehte mich blitzschnell um, um in das Gästezimmer zu gelangen. Meine Hand lag schon unmittelbar auf dem Knauf, als doch plötzlich seine Stimme ertönte. So tief und männlich.
»Süße Träume, Tracy.«
Ich blickte nachhinten und sah gerade noch, wie seine Augen wieder blitzschnell nach oben in meine Augen glitten. Ein Funkeln lag in seinen dunklen, während in meinen Faszination steckte. Roman hatte etwas an sich, was mich verrückt machte. Sein Auftreten war so unglaublich kraftvoll und ließ einen beinahe in die Knie fallen, doch bei mir verursachte er stattdessen das ständige Zittern in den Fingern und die dutzenden Schweifilme auf meiner Stirn.
Er lächelte und verschwand auch in einem der Zimmer. Schlafenszeit. Auch für mich.
★★★
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Inviolable touch
RomanceDARK ROMANCE »Wer auch immer versucht, dich zu verletzen oder zu belästigen, der ist bereits unter uns« Angst würde die Achtzehnjährige Tracy nie wieder bei Ihm verspüren. Er ließ sie anders fühlen, verstand sie und liebte sie. Zeigte ihr die andere...