Kapitel 28

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Während sich alle zu Tisch gesetzt hatten und ich Elios Mutter nicht davon abbringen konnte, mir beim servieren zu helfen, war ich schon sehr stolz auf mich.
Das Essen ließ nichts zu wünschen übrig und als guter Eindruck taugte es aufjedenfall.

Auch Elio schien überrascht zu sein und grinste beim Anblick zum vollen Teller. Er schien genauso verzaubert wie sein Vater (mal ganz abgesehen von den verblüffend, gleichen Gesichtsausdrücken).

„Ich bete dich an für deine Kochkünste. Du hast dich exzellent auf die Rolle als meine Hausfrau vorbereitet", flüsterte mir Mr. Elio Arsch ins Ohr und führte die Gabel zu seinem Mund.

Meine Mundwinkel fielen zu Boden und der Drang meine Faust in seine Leber zu schlagen stieg durch die Decke.

Doch ich zügelte mich. Ignorierte ihn.

„Du kochst ausgezeichnet Liebling. Nicht wahr Schatz?", richtete sich Elio's Mutter (Carla) and ihren Mann (Francesco).

Mit einer minderwertigen Gestik antwortete er und aß still weiter.

Carla überspielte dies jedoch schnell mit überblendeten Gesprächen und einem aufgesetzten Perlenlächeln.

Wie erwartet spannte Elio sich neben mir an, doch sofort hatte ich meine Hand auf seine gelegt und folgte dem Gespräch über Familie und Erlebnisse.

„Ich bin so glücklich dich wieder bei uns zuhaben. Für mich warst du schon immer meine Tochter. Jetzt ist es offiziell", lachte Carla und wackelte mit ihren Fingern, welche meine Augen sofort zu meinem Ring leitete.

„Kein Ring könnte meiner Dankbarkeit nahe treten. Ich trage den Namen der Familie mit Stolz", antwortete ich lieblich, wenn auch etwas vornehm. Mit der Familie kommt eben auch Schmerz und Erinnerung, es war nie leicht.

Elio malte Kreise auf meine Handfläche und schien ganz außen vor aber besser er überlässt mir und Carla das Reden.

Und so lief es dann auch. Über lustige Bemerkungen, Komplimente zu Essen und Aussehen bis über zu schlechtem Service oder unangenehmen Erfahrungen.

Ich war sehr dankbar für die nie aufkommende Stille und die laufende Atmosphäre. Carla war und ist ein Gottesgeschenk. Wenn auch Sie mich dazu brachte, meine Mutter immer mehr zu vermissen.
Doch zum Vermissen blieb die Nacht und die sollte länger werden als gedacht.

Ich konnte Carla diesmal zum sitzen zwingen und machte mich selbst daran den Nachtisch zu servieren.

Als ich Francesco das Eis auf den Teller stelle bläst er die Luft aus seinen Lungen.

„Stimmt etwas nicht? Ich kann dir auch etwas anderes machen, ist kein Problem", setzte ich an und wollte nach dem Glas greifen.

„Setz dich hin Bella". Elio zieht mich am Handgelenk runter auf den Stuhl.

„Ich hätte doch gerne etwas anderes. Wenn du schon so frägst natürlich", kommentierte Francesco. Leider mehr an Elio gericht als an mich.

Er wollte nichts essen oder trinken, noch Gastfreundschaft teilen oder Gespräche austauschen.
Ich lernte, dass die einzige Kommunikation zwischen Elio und seinem Vater, gezielte Provokation ist.

„Bella ich sagte setz dich hin".
Elio drückt mich erneut auf den Stuhl.

„Was Vater? Bist du zu alt geworden um in die Küche zu gehen oder einfach nur ein Arschloch?"

„Elio!", ich und Carla reagierten sofort.

„Komm sag das nochmal Elio". Francesco schüttete sein Getränk auf ihn.

Jetzt standen beide auf, doch ich und Carla zogen beide zurück.

„Hey", ich nahm Elios Gesicht, „ hör auf baby. Beruhig dich".

„Hör lieber auf sie und danke dem Tisch der zwischen uns steht".

„Sei still. Du hast gesagt du wirst dich benehmen", Carla schien sehr wütend, vielleicht sogar noch mehr als er.

Jetzt mal ehrlich, warum das alles. Weil das Essen nicht passt? Komm schon.

Irgendwie wollte ich es auch eskalieren lassen. Vielleicht würde bei der ganzen Wut auch etwas Wahrheit einmischen.

„Fass mich jetzt nicht an", zischte Elio und zog meine Hände von sich.

„Willst du wirklich deinen Vater so behandeln?", setzte Carla an, doch dieser Satz schürte nur noch mehr Feuer.

„Überleg dir gut was du sagst Sohn. Mein Blut fließt in deinen Adern. Verschmutzt du mich, klebt dir genauso Blut an den Fingern", sagte Elio's Vater schon etwas zu amüsiert.

Aber kaum hatte er dies ausgesprochen und das Grinsen auf seine Lippen gelegt, verschwand es.
Elio drückte mich bei Seite, warf den Tisch samt Essen um und schlug seinem Vater die Faust ins Gesicht.

Carla und ich stießen einen schrillen Schrei aus.

Innerhalb von wenigen Sekunden eskalierte alles und ich wusste wie immer nicht wieso.
Alles was ich sah waren Elio und Francesco, blutig und aggressiv, in vollster Pracht.

„Hört auf! Beide sofort!". Zwecklos.

Immer wieder schlug Elio auf ihn ein. Und jedes Mal erschrak ich aufs neue. Was ist nur aus ihm geworden. Diese Seite von ihm zusehen war wie ein Schlag in die Magengrube und genau dort landete nun sein Vater einen Schlag.

Elio taumelte zurück und so ergriff ich meine Chance und stellte mich zwischen sie. Genau als ich sah, wie sein Vater zum erneuten Schlag ansetzte.
Und wie es sich nun fügte, kassierte ich einen tiefsitzenden Schlag, direkt in meine Rippen. Dort, wo es hätte Elio treffen sollen.

Ich spürte, wie sich alles zusammenzog. Ein Stechen ging durch meinen Körper und ich sacke zu Boden.
Das hatte gesessen.

Ich nahm weder Umgebung noch Elio war und lauschte der tauben Stille, die sich gelegt hatte.

Was daraufhin passierte oder gesagt wurde, weiß ich nicht. Waren Elio's Eltern gegangen? Ist es noch mehr eskaliert?
Denkt euch etwas dazu.

Alles was ich wusste war, dass ich für Elio eingesteckt hatte. Ob dies nun geschehen war aus der Rolle als seine Frau oder als kleines Mädchen, welche ihren besten Freund beschützen wollte, kann ich euch nicht sagen.

Ich hatte für ihn einkassiert und bereute es nicht.
Niemals.

Als die Umgebung wieder etwas klarer schien, pochte mein Schädel.
Die Töne meiner Umgebung sackten zurück und der Schatten vor mir schärfte.

Alles war weiß und ich spürte kalten Mamor unter meinem Po.
Allem Anschein nach saß ich Badezimmer und innerlich lobte ich meine Sinne, den wenigstens dies gelang mir in diesem Moment.

Meine Augen wanderten von den Wänden entlang, zu der Gestalt vor mir und für einen kurzen Moment dachte ich wieder umfallen zu würden, doch warme Hände hielten mich fest am Platz.

„Elio?", fragte ich mit heißer Stimme und sah in dem Moment meiner gestellten Frage. Direkt in seine nun scharfgestellten Augen.

The King | Timothée Chalamet     WIRD BEARBEITETWo Geschichten leben. Entdecke jetzt