Alte Freunde

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Sie schlenderte durch die Gasse, von Anna war noch nichts zu sehen.

Wieder hielt sie inne. In dem Laden, dem sie gegenüber stand, hatte sie vor vielen Jahren ihren Zauberstab gekauft. Zedernholz, Drachenherzfaser, 11 3/4 Zoll, relativ geschmeidig. Sie lächelte. Olivanders Worte. Doch der Laden war nun verlassen, die Fenster eingeschlagen. Was wohl mit dem Zauberstabmacher geschehen war? Yara war neugierig und drückte die Klinke der Eingangstür hinunter. Es war offen. Olivander musste überstürzt geflohen sein...Oder er war gezwungen worden zu gehen.

Der Laden war finster und es war still. Nur der Wind zog zu den kaputten Fenstern hinein. Alles war hier verwüstet. Yara stieg über leere längliche Kartons. Hier und da lag ein eingestaubter Zauberstab. Sie beugte sich hinab und hob einen auf, den sie näher betrachtete.

„Expelliarmus." Yara wirbelte herum, als der Zauberstab ihr aus der Hand flog.

„Anna!" Ihre ehemals beste Freundin hatte sich kaum verändert. Lange, hellbraune Haare schlängelten sich bis in ihr außerordentlich tiefes Dekolletee. Doch in ihren grauen Augen erahnte Yara besorgt etwas Fanatisches. „Schön dich wieder zu sehen."

„Immer noch ganz die Alte, nicht wahr?", fragte Anna mit einem kalten Lächeln und hielt ihren Zauberstab weiter auf sie gerichtet. „Oder auch nicht."

„Was meinst du?"

„Du hast immer bekommen, was du wolltest. Und du hättest alles haben können. Jeden. Und Lisa und ich...Wir standen immer im Schatten deines heiligen Angesichtes. Dabei hat keiner gesehen, wie naiv und dumm du doch warst." Yara schluckte. Was war mit Anna passiert? Wie konnte sie so kaltherzig zu ihr sein?! Yara hatte ihr nichts getan! Sie war immer für ihre Freundin da gewesen...

„Du hast... Du hast mich damals belogen nicht wahr? Severus hat mir erzählt, dass er nie etwas mit dir hatte." Sie hielt Annas Blick gefangen. Es wurde ihr klar. Sie war eifersüchtig! Warum hatte sie nie etwas gesagt?! Warum hatte es so enden müssen?

„Schlaues Köpfchen. Er war ein junger Professor damals, nur wenige Jahre älter als wir es waren. Und nicht unattraktiv. Doch ich habe seinen Blick auf dir Ruhen sehen. Und deinen Blick auf ihm. Er wäre ein Triumph gewesen. Und ich war doch auch nicht hässlich."

„Nein, das warst du wahrlich nicht. Und du bist immer noch schön.", versuchte Yara ihre Freundin zu beruhigen.

„Spar dir diese Floskeln! Du kommst jetzt mit mir. Ich werde dich zu ihm bringen! Und dann wird er mich aufnehmen in sein Gefolge!"

„Du willst mich zu ihm bringen? Etwa zum Dunklen Lord? Anna, mach keinen Fehler!"

„Du hast doch keine Ahnung!"

„Nein, die habe ich nicht! Was ist nur mit dir los?!"

„Wenn ich dich zu ihm bringe, dann werde ich endlich aus deinem Schatten treten können!"

„Anna, ich warne dich nur noch einmal. Du weißt nicht, mit wem du es zu tun hast. Was glaubst du, warum er mich will? Handelst du auf seinen Befehl – ich dachte eigentlich, dass er mich in Ruhe lässt?"

„Ich lasse mich von dir nicht einschüchtern! Es gibt keinen Befehl, nein. Aber die Todesser waren damals schon hinter dir her, nicht wahr? Snape hätte es fast geschafft dich in seine Falle zu locken! Er ist einer seiner treusten Anhänger!" Yara biss sich auf die Lippe. Anna schien das wirklich zu glauben. Sie durfte Severus nicht in Gefahr bringen...

„Aber Snape war schwach.", erwiderte sie mit kalter Stimme. „Und du glaubst, du hast mehr Erfolg als er?"

„Ich habe deinen Zauberstab.", triumphierte Anna und Yara hob eine Augenbraue.

„1:0 für dich, nehme ich an.", erwiderte sie gelassen. Anna hatte sie in eine Falle gelockt. Dabei hatte Yara nur reden wollen. Ihre ehemals beste Freundin wollte eine Todesserin werden. Es stimmte: Voldemort schien sich wie ein roter Faden durch ihr ganzes Leben zu ziehen. Sie sollte etwas tun und nicht mehr nur untätig zusehen. „Was wirst du jetzt tun?"

„Wir werden apparieren."

„Das werdet ihr nicht." Anna war nicht weniger überrascht, als Yara, als sich eine ihnen bekannte Stimme einmischte.

„Lisa!", begrüßte Yara ihre Freundin freudestrahlend. Sie hatte lange, gelockte schwarze Haare und warme, rehbraune Augen. Sie hielt ihren Zauberstab auf Anna gerichtet. Anna sah zornig von Yara zu Lisa und wieder zurück. Dann richtete sie ihren Zauberstab auf Lisa, die sie vermutlich im Moment für die größere Bedrohung hielt.

„Du hättest dich besser da heraus halten sollen.", sagte Anna kalt.

„Was ist nur aus dir geworden? Wir waren einmal Freundinnen, erinnerst du dich daran? Yara hat nichts falsch gemacht. Sie hatte auch das Recht, an sich selbst zu denken, Anna. Hast du wirklich geglaubt, dass ich es nach unserer kurzen Unterhaltung vorhin einfach zulassen würde, dass du Yara zu Du-weißt-schon-wem bringst?"

„Bitte, lege den Zauberstab weg." Doch Anna schien nur noch wütender zu werden, als Lisa und Yara auf sie einredeten.

„Niemals."

„Bitte, ich will dir nicht wehtun."

„Mach dir keine Sorgen um mich.", lachte Anna und griff Lisa an. Diese verteidigte sich, doch wehrte sich nicht gegen ihre ehemalige Freundin. Yara sah die Skrupel in ihren braunen Augen. Dieses Zögern jedoch war es, das Anna ausnutzte. Ein Fluch traf Lisa mitten in die Brust und die Hexe fiel reglos zu Boden.

Yara zog rasch ihren eigenen Zauberstab und entwaffnete Anna. Sie fing ihren Zauberstab auf.

„Es reicht. Wenn du das nächste Mal jemanden in einem Zauberstabladen entwaffnest, dann achte auch darauf, dass du alle Zauberstäbe hast. Ich hätte nicht gedacht, dass es irgendwann Mal soweit kommen würde. Ich dachte, wir wären Freunde. Da habe ich mich ja scheinbar geirrt. All die Jahre habe ich mich in unserer Freundschaft geirrt. Du hättest doch einfach mit mir reden können, damals wie heute."

„Ich wollte und will aber nicht mit dir reden! Du hast doch immer alles bekommen, was du wolltest und ich war dir vollkommen egal!"

„Lisa und ich standen immer hinter dir, nach all deinen Intrigen und Affären haben wir dir immer aus der Klemme geholfen! Und das ist der Dank dafür?"

„Mit Hilfe des Dunklen Lords werde ich endlich die Macht und Stellung erlangen, die ich verdient habe!"

„Bei Merlin...", seufzte Yara und berührte ihre ehemalige Freundin am Arm und apparierte mit ihr. Sie tauchten in einem verschneiten Wald wieder auf. Es war totenstill.

„Wo hast du uns hingebracht?!" Aufgebracht versuchte Anna an ihren Zauberstab, doch Yara hielt ihn außerhalb ihrer Reichweite.

„Du kannst mir eine Postkarte schicken, wenn du es herausgefunden hast.", erwiderte Yara  und zerbrach den Zauberstab der dunkelhaarigen Hexe vor deren Augen. Dann warf sie ihn in den Schnee. Sie hob ihre Hand zum Abschied bevor sie apparierte. Das letzte was sie sah, war Annas ungläubiger Blick.

Yara - Ein Licht in der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt