Folgenschwer

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Sie spürte seine Blicke und erschauderte darunter, auch wenn sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Er folgte ihren Bewegungen mit seinen Augen...Die Arbeit auf seinem Schreibtisch war unberührt. Zumindest bildete sie sich das ein. ‚Bei Merlin, er ist dein Lehrer!', schoss es ihr durch den Kopf. Diese kalte Aura, diese Unnahbarkeit, die ihn stets umgab...und seine tiefen, schwarzen Augen...Sie hatte es nicht wahrhaben wollen – hatte nicht einmal daran gedacht. Doch als der Todesser sie festgehalten hatte, sie angefasst hatte und sie dem Blick ihres Professors begegnet war, da hatte sie es sich eingestehen müssen. Sie genoss seine Blicke. Seine Aufmerksamkeit. Und seine Blicke ließen sie erahnen, dass er nicht so kaltherzig war, wie er immer vorgab. Als sie sich kurz zu ihm umwandte, wandte er seinen Blick ab und begann sich die Aufsätze auf seinem Schreibtisch durchzulesen. Seine Feder kratzte über das Pergament und hinterließ Notizen bei jedem Fehler.

Wenige Minuten später hatte sie alle Tische im Raum sauber geschrubbt. Alle...bis auf einen. Sie nahm ihren Mut zusammen und ging zu ihm. Yara stützte sich auf dem Tisch ab und beugte sich nach vorn. Er hätte nun einen erstklassigen Blick auf ihr Dekolletee. Doch er hob erst seinen Blick, als sie sprach.

„Ich glaube, Sie müssen Ihre Arbeit unterbrechen, wenn Ihren Tisch auch sauber machen soll." Verärgert bemerkte sie, dass er ihr wirklich nur in die Augen sah. Dann legte er seine Feder beiseite und lehnte sich abwartend in seinem Stuhl zurück. Yara schürzte unzufrieden die Lippen. Sie hätte wahrscheinlich jeden Jungen an dieser Schule haben können. Aber das war es nicht, was sie wollte...

Diese dreiste Gryffindor...Was machte sie mit ihm?! Sie brachte seine ganze Selbstbeherrschung innerhalb von Sekunden ins Wanken. Sie hatte ihn provozieren wollen, als sie sich so tief über den Tisch gebeugt hatte! Bei Merlin, ja...Sie war eine attraktive junge Frau! Und er auch nur ein Mann! Aber sie war auch seine Schülerin! Und er würde seine Stellung nicht gefährden! Auch wenn er noch nie so starke Gefühle für einen Menschen entwickelt hatte. Er wusste nicht so recht, was mit ihm passiert war, doch als er sie in den Fängen der Todesser gesehen hatte, hatte sich einiges verändert. Doch Gefühle durfte er sich nicht mehr erlauben. Nicht seit Lily Evans. Er war für ihren Tod verantwortlich, er allein! Er durfte keinen weiteren Fehler begehen. Nicht einen einzigen...

Sein Blick landete - sehr zu seinem Ärger - wieder auf seiner Schülerin. Sie bewegte sich absichtlich so aufreizend vor ihm...Sie ging um den Schreibtisch herum um von der anderen Seite aus weiter zu putzen.

„Schluss damit." Yara drehte sich überrascht zu ihrem Professor um. Er war aufgestanden, stand direkt vor ihr und funkelte sie wütend an. Yara schnappte erschrocken nach Luft. Sie konnte nicht zurückweichen, denn sie stand direkt an seinem Schreibtisch. „Miss Garden, was erhoffen Sie sich davon?"

„Ich...nichts!", stammelte sie. Dann legte sie die Stirn in Falten. „Sie haben mich doch beobachtet!"

„Ich habe Sie nicht beobachtet.", erwiderte er und sie wurde ebenfalls wütend. Wollte er behaupten, dass sie log?! Dieses Spiel konnte man auch zu zweit spielen!

„Ach nein? Dann brauche ich ja auch nicht aufhören zu putzen." Ihre Stimme war betont gelassen. Sie wusste genau, wie sie ihn reizen konnte. „Wenn Sie sich denn so gut unter Kontrolle haben."

„Auf was wollen Sie hinaus, Miss Garden?", zischte er leise und ihre Körper berührten sich nun fast. „Ich kann mich sehr gut beherrschen."

„Dann stört es Sie sicher auch nicht, wenn ich..." Oh Merlin! Sie war übergeschnappt! Doch ohne eine Sekunde weiter zu überlegen stellte sie sich auf die Zehenspitzen und legte ihre Lippen auf die seinen. Ihr wurde heiß und wieder kalt, als sie ihn endlich berührte, ganz kurz nur. Ihr schoss das Blut in die Wangen, als sie sich wieder von ihm löste. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Für einige Augenblicke schien sie den Meister der Zaubertränke überrumpelt zu haben. Kein Wunder! Sie war ja selber völlig überfordert! Ein Loch im Boden, in dem sie verschwinden konnte...Das wäre jetzt ideal! Oder lieber weglaufen? Ja, weglaufen war eine hervorragende Idee! Im nächsten Moment jedoch drückte er sie mit seinem Körper unsanft gegen die Kante des Tisches.

„Was haben Sie sich dabei gedacht?!"

Sie senkte ihren Blick. Ja, was hatte sie sich denn dabei gedacht?! Ihr Herz raste immer noch. „Nichts...nichts, Professor...Verzeihen Sie..." Sie sah wieder auf. Mit einem Mal kam sein Gesicht dem ihren entgegen und er küsste sie. Es war kein sanfter Kuss. Nein, er war pures Verlangen. Sie seufzte in den Kuss hinein. Dann hob er sie auf den Tisch und sie schlang ihre Beine um seine Mitte.

Er löste den Kuss und sie sahen sich in die Augen. Es war ein Blick, der mehr sagte als tausend Worte. In ihr schienen viele Gefühle miteinander zu kämpfen und er selbst fühlte nicht anders. Er bemerkte, dass sie verunsichert war. „Es ist verboten...Du kannst es beenden, wenn du es nicht willst."

„Es...es fühlt sich nicht falsch an.", flüsterte sie. Er zog sie wieder zu sich heran. Sie schmeckte fruchtig, nach Tee. Yara machte sich an seinem Umhang zu schaffen und er fiel zu Boden. Er wusste, dass es verboten war. Wusste, was sie war. Doch in diesem Augenblick, war er nicht ihr Lehrer. Sie hatte es geschafft für einen Moment sämtliche Bedenken in ihm auszulöschen. In diesem Augenblick war er einfach nur ein Mensch. Alles was er wollte war sie.

Yara - Ein Licht in der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt