Die Wochen vergingen, das Essen wurde knapper und meine Trauer ließ nicht nach. Essen wollte ich sowieso nicht. Der dauerhaft Schmerz der in mir lebte wollte nicht gehen.
Anton war bereits über drei Monate nicht mehr da. Jede Nacht träumte ich von ihm. Von ihm wie er starb. Jede Nacht starb er auf eine andere, furchtbare Weise. Jede Nacht schreckte ich Schweiß gebadet auf. Ich fühlte mich leer. Leer, einsam, zutiefst und endlos traurig.
Das einzige, was mir etwas Trost und Ablenkung schenkte waren meine Geschwister.
Ende Februar beschloss meine Verwandtschaft aufzubrechen- Richtung Berlin. Ob das eine gute Idee war, war fraglich, doch sie bestanden darauf.
Ich war gespannt wie lang dieser Krieg noch gehen würde. Man erzählt sich, dass die Alliierten schon bald in Deutschland einfallen würden. Die Männer, wo mir Anton genommen hatten. Auf der anderen Seite stehen die Menschen, die Anton in den Tot geschickt hatten. Ohne Nazis wäre Anton noch hier. Ich wäre noch verlobt, wäre vielleicht bei der Hochzeitsplanung. Ohne Nazis gäbe es keinen Krieg.
Ich saß im Garten und beschäftigte mich mit meinen Kräutern, doch viel zu tun, gab es dort im Februar nicht wirklich. Maria begann sich am Rand des Beets hochzuziehen und los zu watscheln, was mein gebrochenes Herz auch noch zum schmelzen brachte und dann passierte es. Sie lief. Ganz ohne Hilfe. Ich bereitete meine Arme aus und sie tapste auf mich zu. Mit zwei kleinen Schritten war sie bei mir und bevor sie fiel, schloss ich sie in meine Arme.
Mir liefen die Tränen- das erste mal seit Monaten vor Freude und Rührung die Wangen hinunter. Sie fing an zu lachen und ich lachte unter Tränen mit. Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und nahm sie auf den Arm.
Ich beschloss mit meiner aktuellen Stimmung zu den Zwillingen zu gehen, denn diese sind in der letzten Zeit definitiv zu kurz gekommen.
Ich weiß auch nicht was mit mir los war. Es war als hätte Maria gerade einen Schalter in mir umgelegt. Wann ist sie so groß geworden?
Wie viel hatte ich bereits verpasst?Ich sah Peter neben Pière auf einer Bank sitzen und Pière zeigte ihm wohl gerade wie man irgendein bestimmtes Muster schnitz. Mit Maria auf dem Arm setze ich mich neben die beiden und lächelte. Es war kein zu 100% echtes Lachen. 45 Prozent vielleicht. Immerhin schon fast die Hälfte. Es war ein Anfang. Die beiden ließen von ihrer Schnitzarbeit ab und schauten mich verwundert an. Ja fast so als wär ich irgendetwas, was sie noch nie zuvor gesehen hatten.
"Salut" sagte ich auf französisch und beobachtete wie unser Fremdarbeiter nur ein perplexes "Bonjour Mademoiselle Margo" raus brachte.
"Was macht ihr zwei denn da schönes?" Fragte ich die beiden, während sie mich noch immer komplett erstaunt ansahen.
Peter konnte sich zuerst aus seinem Schock befreien.
"Pière hat mir gezeigt wie man das schnitzt." Antwortete er mir und zeigte auf sein Stück Haselnuss Strauch, mit einem hübschen Muster drauf.
"Das ist aber wirklich sehr schön. Bedank dich ja bei ihm" ermahnte ich meinen kleinen Bruder.Ich war mir nicht sicher, doch ich glaubte eine gewisse Röte in dem Gesicht des jungen Franzosen erkennen zu können, was ihn aber nur noch charmanter machte.
"Wo ist Lissy?" Fragte ich nach einer Weile. Lissy. Kleine Lisbeth hatte Anton sie immer genannt, woraufhin sie sich immer aufgeregt hat. Bei dieser Erinnerung musste ich lächeln.
"Sie wollte unbedingt mit Ivàn zu den Schafen Mademoiselle" antwortete mir der Franzose mit einem starken Akzent."Na dann schau ich mal noch nach ihr" sagte ich und verabschiedete mich.
"Später koche ich noch etwas, seid ja pünktlich!" Rief ich ihnen im gehen hinterher. Das war dann wohl der Zeitpunkt, wo sie ihre Münder gar nicht mehr zu bekamen.Es läuft Freunde
Sage xx