Kapitel 34

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Als ich hinaus kam sah ich eine schreiende, von Blut überströmte Lissy. Sie schrie wie am Spieß. Sofort rannte ich die Treppe hinunter, ich konnte Peter nirgends sehen. Ich war gestresst. Unglaublich gestresst. Was sollte ich machen. Warum Blutete sie so sehr?. Mir liefen Tränen die heißen Wangen hinunter. Lissy lag in meinem Arm und ich strich ihr über das Haar, um sie zu beruhigen. Ich wollte sie hoch bringen, da der nächste Arzt in der Stadt war und ich dort niemals mit Lissy auf dem Fahrrad hätte hinfahren können. Verzweifelt schrie ich nach Hilfe. Meine Schwester verlor Blut. Viel Blut. Meine Hände waren bereits rot, genau wie mein Kleid und wahrscheinlich auch mein Gesicht.

Ich nahm Lissy hoch, als mir der Soldat entgegen kam. Er schaute mich kurz an, nahm mir dann sofort Lissy ab und ging los. "Wohin gehst du?" Fragte ich ihn auf englisch. Er drehte sich kurz verwundert um, da er wohl nicht gedacht hätte dass ich englisch spreche, er antwortete "Zum Auto, es steht vorne."

Wir rannten nun zu zweit- der Soldat mit der schreienden Lissy auf dem Arm die Straße hinunter Richtung Auto. Ich hatte nicht gedacht, dass mir ein schreien so sehr das Herz zerreißen könnte. Vereinzelte Leute schauten aus dem Fenster. Als ich Frau Kuhner sah Rief ich ihr nur zu, dass sie nach Maria schauen solle, da diese noch immer in der Küche im Stubenwagen lag.

Als wir das Auto erreicht hatten, stieg ich hinten ein. Er gab mir meine Schwester und ich legte sie neben mich auf den Sitz. Ich platzierte ihren Kopf auf meinem Schoß und auf das was ich jetzt sah, war ich nicht vorbeireitet. Ihr ganzes Bein war offen. Ich konnte sogar ihren Knochen sehen.

Der Soldat fuhr los. "Es ist gut, dass sie schreit, pass auf dass sie nicht einschläft." Er warf mir etwas spritzen Ähnliches nach hinten. "Spritz ihr das in den Arm, das ist gegen die Schmerzen." Rief er mir nach hinten zu. Der Jeep auf den holprigen Straßen war ziemlich laut und dazu noch das schreien, das mir unglaubliche Herzschmerzen bereitete.
"Was zur Hölle ist das? Ich kann sowas nicht!" Schrie ich weinende zurück.
"Das ist Penicillin, es ist nur ein Schmerzmittel. Es wird ihr helfen." Schrie er auf Englisch zurück. Er hat wohl endgültig verstanden, dass ich Englisch spreche.

Ich atmete tief ein und dann aus. Mit zitternden Finger stach ich die Nadel in Lissy's Haut. Es war gar nicht so einfach, da sie noch immer schrie und umher zappelte. Dieser Anblick war die reinste Hölle.

Der Soldat drehte ab und zu seinen Kopf nach hinten um zu checken wie es Lissy geht und wahrscheinlich auch mir, da seine Augen häufig meine suchten. Mittlerweile war Lissy's schreien nur noch ein wimmern. Ihre Stirn war komplett nass geschwitzt. Wenn Lissy stirbt würde ich mir das nie verzeihen. Niemals.

Als wir am mehr oder weniger in Takt gehaltene Krankenhaus angekommen waren, sprangen wir beide aus dem Jeep. Der Soldat nahm Lissy und wir rannten ins Krankenhaus. Wir wurden direkt am Anfang von anderen Soldaten aufgehalten, doch als diese erkannt hatten, dass der Soldat einer von ihnen war, ließen sie uns durch und schickten uns in den dritten Stock. Wir rannten mit Lissy die Krankenhausgänge entlang, bis ins endlich ein Arzt entgegen kam, Lissy auf eine Liege legte und samt Schwestern im OP verschwand, wohin wir allerdings nicht mitdurften.

Wir sitzen nur nebeneinander auf den Stühlen im Wartebereich und naja... warten. Ich war kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Unruhig lief ich den Gang auf und ab. Ich spürte die Blicke des Soldaten auf mir, was mir aber egal war. Ich fuhr mir nervös durch die Haare, dachte an so viel und gleichzeitig nur an eine Sache. Lissy. Meine kleine Lissy. Ich wollte nicht wieder weinen doch es ging nicht. Ich ließ den Tränen freien Lauf. Ich sackte zusammen und ließ mich in eine Ecke auf den Boden fallen und weinte.

Jemand setzte sich neben mich und legte seinen Arm um meine Schultern, um mich anschließend an sich heranzuziehen, sanft über meinen Arm zu streicheln und sein Kinn auf meinen Kopf zu legen. Es war der Soldat. Ich sollte mich eigentlich wehren, das wusste ich, doch Ich hatte im Moment keine Kraft dazu und es fühlte sich auch irgendwie gut an umarmt zu werden und nicht immer nur 'zu umarmen'.

Hatte echt ein schlechtes Gewissen so lange nichts hochzuladen, deswegen hier noch ein Kapitel :))

Sage xx

Kann ich dich lieben?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt