Kapitel 37

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Der Mann kam auf uns zu. „Meine kleine Margo. Ich bin wieder da." er nahm mein Gesicht in beide Hände, sodass ich ihn anschauen musste. Er lächelte zart und nahm mich in den Arm. Ich weinte und weinte. Hermann ist wieder da. Er lebte. Mein Bruder.

Plötzlich schoss es mir in den Kopf. „Du musst Hunger haben, du bist ja ganz dünn. Komm ich Koch was für dich" er nickte. „Das wär toll." sein Blick bleib an Aaron hängen. Erst an seinem Gesicht. Dann an seiner Uniform. Ich bemerkte seine gerunzelte Stirn. Er hat schon früher so geschaut, wenn ihm etwas nicht gepasst hatte. Jetzt hat er mehr Falten bekommen. Als letztes fiel sein Blick auf Maria, die ich auf den Arm genommen hatte.

Mit dem selben Gesichtsausdruck fragte er „ist das euer Kind, wo ist Mama?" Mir entgleisten alle Gesichtszüge. Er wusste es nicht. Oh Gott.
„I better go now" sagte Aaron, allerdings stellte Hermann sich ihm in den Weg. „Ich will wissen was hier los ist. Du und der Feind Margo und verheiratet seid ihr auch." er deutete auf meinen Finger wo noch immer Antons Ring war.

„Ich habe gekämpft. Margot hörst du. Ich habe Männer sterben sehen. Freunde. Sie haben sie getötet." er deutete auf Aaron. „Und was machst du? Wie ein billiges flittchen. Das ist nicht meine Schwester." Sein Blick war enttäuscht und gleichzeitig wütend. Er ging. Wahrscheinlich in den Schopf. Da ist er früher schon immer hin, wenn er beleidigt war und Ruhe gebraucht hat.

Ich überlegte kurz. Lief ihm dann aber doch hinterher. Er war bereits die Treppe unten, während ich anfing ihm hinterher zu rufen. „Hermann Steffe. Bleib sofort stehen." er lief weiter, weshalb ich mich beeilte zu ihm zu kommen.

„Verdammt noch mal geh weg Margo. Den ganzen Krieg warst du meine Hoffnung. Ich wollte heim zu dir und Mutter. Du bist so eine Enttäuschung. Geh doch nach Amerika mit deinem tollen Soldatenmann und deinem Ammi Kind. Ekelhaft, mir und Otto so in den Rücken zufallen."

Wütend schaute ich ihn an. Ich ließ mir einiges gefallen. Aber das- das war jetzt zu viel. „So jetzt reichts mir aber." wir standen auf dem Hof und schrien beide. Aaron stand auf der Treppe mit Maria auf dem Arm. Die Zwillinge standen neben ihm. Wann sie zu ihm sind weiß ich nicht. „Du kommst hier her und denkst du weißt alles. Dabei weißt du gar nichts. Du denkst ich bin verheiratet? Falsch. Ich bin verlobt und weißt du mit wem? Anton. Anton Merkle. Deinem Freund. Und weißt du was das schlimme daran ist? Er ist tot Hermann. Er ist gefallen. Jeder Hof musste einen Amerikaner aufnehmen und das ist nun mal unserer." jetzt waren es seine Gesichtszüge die ihm langsam entgleisten.

„Ich bin eine Enttäuschung für dich? Schön. Ich habe die letzten Jahre ganz alleine den Hof geführt, auf UNSERE Geschwister aufgepasst und gekocht. Ach und Maria ist nicht mein Kind. Obwohl ich eigentlich nur darauf warte, dass sie mich Mama nennt. Maria ist unsere Schwester du idiot. Sie kam letztes Jahr auf die Welt. Und das allerschlimmste ist, dass nicht nur Anton tot ist, sondern auch Mama." ich wollte weiter schreien allerdings viel Hermann mir ins Wort.

„Du lügst." sagte er etwas leiser, als ich davor geschrien hatte. Er kann auf mich zu. „Hör auf mit deinen dummen Lügen."

„Ich lüge nicht verdammt noch mal." erwidertet ich. Er kam weiter auf mich zu. Den Blick den er drauf hatte kannte ich nicht. Er machte mir Angst. Ich ging ein paar Schritte nach hinten. Er packte mich an den Schulter und schüttelte mich. „Du lügst Margo. Sag mir jetzt die Wahrheit. SOFORT." er schubste mich auf den Boden.

„Hermann- ich" setzte ich meine Satz erneut an. Ich hatte Angst. Angst vor meinem eigenen Bruder. Ich lag auf dem Boden. Er wollte sich auf mich stürzen, wurde allerdings von Aaron aufgehalten. Sie rangelten kurz auf dem Boden, allerdings war Aaron stärker. Er hielt meinen Bruder fest, bis sich dieser beruhigte und nicht mehr wehrte. Es passierte etwas, worauf ich nicht vorbereitet war. Hermann fing an zu weinen. Langsam ließ Aaron ihn los. Ich lief zu ihm und schloss meinen Bruder in die Arme. Ich hielt ihn so fest wie ich konnte. „Es tut mir leid" wimmerte er. „Es tut mir so leid"

Ich strich ihm nur über das Haar. Er war am Boden. Ich hatte meine Bruder noch nie ansatzweise so erlebt. Was hatte der Krieg nur aus ihm gemacht?

Wir saßen eine Zeit lang so da. Irgendwann kamen die Zwillinge mit der wackelig laufenden Maria zu uns. Ängstlich schauten sie Hermann an. Sie kannten ihn nicht wirklich. Die beiden waren 4 als er ging. Maria war noch nicht einmal geboren.

Mit seinen verweinten Augen sah er Lissy und Peter an. „Hallo ihr drei." er zwang sich zu einem Lächeln. Sie erweiterten seinen Blick misstrauisch. Sie haben gesehen, wie er mich geschubst hat.

Ich ergriff das Wort, da das schweigen nicht wirklich Gewinn bringend für die aktuelle Situation war.
„Kennt ihr euren Bruder Hermann noch? Ich hab euch doch viel von ihm erzählt." Peter nickte zaghaft. Lissy allerdings schaute ihn nur ängstlich an.

„Warum kann Anton nicht wieder kommen? Er war viel netter." flüsterte mir meine kleine Schwester ins Ohr. Hermann hörte es allerdings und schaute betrübt zu Boden. „Ich hab euch doch gesagt, dass Anton bei den Engeln ist. Genau wie Mama und Papa." ich versuchte den Schmerz in meiner Stimme zu übertönen. Ich wollte die Situation nicht schlimmer machen, als sie sowieso schon ist. Immerhin ist Hermann wieder da. Lebend.

„Was ist passiert?" fragte er mich. „Mit wem?" fragte ich zurück. „Mama." flüsterte er. Ich schaute ihm in die Augen. „Ich glaube wir gehen besser rein und reden bei einer Tasse Tee darüber. Obwohl es warm war, fand ich Tee recht passend für die Situation. Ich trank gerne Tee. Anton und ich tranken oft Tee. Tee war unsere gemeinsame Leidenschaft. Bei jedem Treffen tranken wir mindestens eine Tasse.

Wir standen auf. Ich wollte Maria auf den Arm nehmen. „kann ich sie nehmen?" fragte Hermann. Überrascht sah ich ihn an, gab sie ihm aber und er schloss sie in seine Arme. Sie hielt sich an seinem Ohr fest, was ihn zum Lachen brachte. Es war ein echtes Lachen. Zwar ein kleines, aber ein echtes.

Aaron verabschiedete sich und ging zur Arbeit. Wir gingen wieder rein ins Haus.

Sage xx

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