Geburtstag zu zweit

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Jay lehnt den Kopf gegen die kühle Glasscheibe, gegen die große, kalte Regentropfen klatschen. Die prasselnden Geräusche erzeugen eine eigene, mystische Melodie, die seine Gedanken weit wegträgt. Mit einem Mal sind da Hände an seiner Schulter, er zuckt davon weg und scheppert seinen Kopf mit einem dumpfen Geräusch gegen die Scheibe.

Das tiefe Lachen lässt ihn aufsehen und er erblickt seinen besten Freund, der ihn scheinbar geschüttelt hat. „Wo bist du denn mit deinen Gedanken, Jay? Ich habe mehrmals versucht deine Aufmerksamkeit zu bekommen, aber du hast absolut nicht reagiert. Und dann springst du wie eine verschreckte Maus, wenn ich dich anfasse."

„Ich weiß es nicht wirklich, Theo. Hat dich jemand reingelassen?" Jay reibt sich den Kopf und steht von seinem Fensterplatz auf. Theo folgt ihm ohne Aufforderung zu der Sitzecke in Jays Raum.

„Nein, ich bin hier eingebrochen. Schau nicht so. Eure Schilde würde ich nie überwinden können, nie im Leben. Nein, Jill hat mich reingelassen. Sie meinte, sie schickt die Hauselfen mit Snacks und Kuchen hoch. Wir sollen uns einen schönen Tag machen, sie muss"

„...zu ihrem Job, ich weiß. Die haben sie vorhin außer Plan angefordert. Vermutlich gab es wieder einen der mysteriösen Angriffe." Jay verdreht die Augen und macht Anführungszeichen mit den Fingern.

Theo lehnt sich lachend zurück in die Kissen. „Ich kann nicht glauben, dass die das noch immer sagen. Meine Eltern sind mächtig sauer und bereiten eine Klage vor, damit sie das Ministerium verklagen können. Wegen laxer Sicherheit und Misinformation der Bevölkerung und wer weiß was noch. Ich glaube nicht, dass sie damit weit kommen."

„Sie wollen sich fühlen, als würden sie etwas tun. Besonders nachdem sie dir mit den Narben nicht helfen können. Sie müssen sich so hilflos fühlen."

„Ich weiß." Theo seufzt und streicht mit seinen Fingern über die Narben, die noch immer sein Gesicht zieren und die Blicke sofort auf sich ziehen. „Aber das hilft doch auch nicht. Sie sind nur beschäftigt und ich sehe sie noch weniger, als ich sie während des Schuljahres sehe. Und das sagt was. Ich meine. Ich will Zeit mit ihnen verbringen und sie sind nie da." Theo schlägt eines der Sofakissen.

„Ich kann dich verstehen." murmelt Jay, packt eines der Kissen und drückt es sich gegen die Brust. Er zieht die Beine auf seinen Platz und sieht Theo an.

„Kannst du vermutlich besser als jeder andere. Aber... ach was solls. Hast du was von den anderen gehört?"

„Dana hat Stubenarrest. Strengen. Keine Überraschung nach unserer Dummheit letztes Jahr. Jill und Lucius haben mir eine Standpauke gehalten, die sich gewaschen hatte. Auch wenn die Nachricht war, dass sie sich Sorgen um mich machten. Aber du kennst Dana. Die beschwert sich in ihren Briefen. Die sind mit Fehlern gefüllt und ihre Handschrift ist geschmiert, aber das kennen wir ja schon." Jay lehnt sich zurück und sieht zur Decke.

Theo lacht, den Kopf in den Nacken geworfen. „Es ist Dana. Natürlich passt es ihr nicht, dass sie Stubenarrest hat. Ich bin mir sicher, dass sie die Schuld an Potter abweisen will."

„In den ersten Briefen auf jeden Fall, aber dann... nicht mehr. Hat das Thema ganz fallen lassen. Was hast du denn jetzt?"

„Sie hat dir mehrere Briefe geschrieben? Sie hat mir einen geschrieben, was ganz kurzes und in fünf Minuten hingeschmiertes." Jay hält sich zurück, als Theo die Hände fester um das Kissen ballt und Jay ist sich sicher, dass er das Reisen des Stoffes hört, aber er sagt nichts dazu.

„Nevio hat zwei Briefe geschrieben, aber nicht wirklich viel gesagt. Er meinte, er wolle das erzählen, wenn wir uns im neuen Schuljahr wiedersehen. Aber... das interessiert dich gar nicht. Du hörst mir gar nicht mehr zu. Deine Gedanken sind noch immer bei Dana." Jay murmelt vor sich hin und Theo zeigt keine Reaktion.

Jay schüttelt nur amüsiert den Kopf und mit einem leisen Ploppen taucht ein Tablett mit Kuchen, Kaffee und ein paar anderen Snacks auf dem Tisch auf. Er beugt sich nach vorne, nimmt sich eine der dampfenden Tassen und hält sie mit beiden Händen nah an sich. Die Wärme, die von dem Porzellan in seine Hände übergeht, ist bei dem verregneten Wetter willkommen.

„Oh hey. Kuchen. Und Cedric? Sag bloß der hat deinen Geburtstag vergessen." Theo reißt die Augen auf und starrt Jay an.

Der lehnt sich kichernd zurück und schüttelt den Kopf. „Nein, nein. Natürlich nicht. Er muss heute arbeiten. Aber er war vorgestern hier, um Zeit mit mir zu verbringen." Er bringt die Tasse mitten im Satz zu seinem Gesicht, als seine Gedanken zu dem Nachmittag am See wandern.

Theo lehnt sich nach vorne, den Kuchen scheinbar vollkommen vergessen. „Du wirst rot. Oh meine Güte. Da war mehr als nur er kam hierher. Was war es?"

Jay will Theo schon mit Dana vergleichen, doch er beißt sich auf die Zunge. Das wäre keine gute Idee. „Hm."

„Ach komm schon. Erzähle es mir." Theo versucht Welpenaugen zu machen und Jay bricht in lautes Gelächter aus.

Der Kaffee, zu seinem Glück nicht mehr heiß, sondern nur noch warm, läuft aus der Tasse über seine Finger, als er die Tasse zurück auf den Tisch stellt. „Dein Gesicht... Ah ha ha. Du siehst so albern aus, wenn du das versuchst. So kann ich dich wirklich nicht ernst nehmen."

Theo verschränkt die Arme und starrt Jay an, der sich an seinem Lachen verschluckt und hustet. Theos Mundwinkel zuckt und dann bricht auch er in Gelächter aus. „Du hast wirklich geglaubt ich mache ernst? Ich bin dein bester Freund. Wegen so was werde ich doch nicht sauer. Ich will es wissen, aber noch mehr will ich Kuchen. Also essen wir jetzt Kuchen und du erzählst es mir, wenn du willst. Du solltest aber vielleicht Hände waschen gehen, aber ansonsten." Theo zuckt mit den Schultern und beginnt den Kuchen zu schneiden.

Jay sieht auf seine Hände, von denen noch immer Kaffee tropft, zu Theo, der voll auf den Kuchen konzentriert ist, zurück zu seinen Händen. „Jetzt mach schon. Ich sorge auch für frischen Kaffee. Dann können wir Kuchen essen und deinen Geburtstag feiern. Schusch." Theo macht eine scheuchende Handbewegung und Jay steht auf und geht zum Bad.

Als er zurückkommt, steht ein Teller mit frisch geschnittenem Kuchen neben einer frischen, dampfender Tasse Kaffee. Mit einem Seufzen lässt sich Jay in seinen Sessel sinken und nimmt seine Tasse. „Und jetzt erzähl mal, was sonst so los ist. Bei dem politischen Klima kommt man ja gar nicht mehr vor die Tür."

Jay schüttelt den Kopf über Theos Kommentar, nimmt einen Schluck Kaffee und beginnt zu erzählen, was er so mitbekommt als Sohn seiner Eltern.

Dunkelheit im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt