„Mir ist langweilig Jay." Nevio lümmelt in einem der mit dunkelgrünem Samt bezogenen Stühlen, die Beine über eine Armlehne gelegt, und jammert. Vor ihm liegt ein geöffnetes Buch auf dem Tisch, dass er aber nicht lesen kann. Verwundene Linien ersetzen Buchstaben und nur wegen der paar Skizzen, die manche der Seiten zieren, hat er das Buch überhaupt noch offen.
Jay sitzt auf der anderen Seite des Tisches, über ein Buch gebeugt, und hebt nun den Kopf, nur um sich in den Nasenrücken zu kneifen. „Du wolltest unbedingt mit mir hierrunter kommen, obwohl du wusstest, dass du hier nichts lesen kannst. Und ich habe nicht die Zeit mich mit dir zu beschäftigen. Hier sind noch tausende von Büchern, die ich durchsehen muss."
„Ich weiß... aber mir ist so langweilig. Wer hätte gedacht, dass die Privatzimmer von Salazar Slytherin so langweilig sein könnte? Ich meine, hallo? Das hier ist das Privatzimmer von Salazar Slytherin. Hier sollten so viele aufregende Dinge sein. Vielleicht Spuren von seiner mysteriösen Frau. Du weißt schon. Weil niemand weiß, wer die Mutter seiner Kinder war. Oder irgendwelche Geheimnisse. Düstere, vergessene Magie. Private Schätze oder so was."
„Du wärst verblüfft, was die Bücher hier alles verraten. Deine Theorie über die Magie ist exakt auf die Nase. Dutzende dieser Bücher enthalten Magie, die heute nicht mehr bekannt ist. Nur ist es geschrieben, dass jemand den Slytherin nicht als würdig ansehen würde, es nicht lesen kann." Nevio murrt laut und lässt den Kopf in den Nacken fallen. Jay gluckst leise und wendet sich wieder seinem Buch zu.
Nevio blättert in seinem eigenen Buch herum und besieht sich die Skizzen. Auf einer Seite stoppt er und lehnt sich interessiert näher. Ein Amulett ist skizziert, daneben die einzelnen Details. Keine der anderen Skizzen wurde mit extra Detailzeichnungen gemacht. Neugierig streicht er über das feine Schlangendetail und schaut dann, ob es eine Beschreibung dazu gibt. Die gibt es, aber die verschlungenen Linien sagen ihm gar nichts.
„Jay. Was steht da?" Er schiebt das Buch auf das, das Jay gerade liest. Der hebt den Kopf und sieht ihn mit einem Blick an, der klar sagt „ist das dein Ernst." Nevio lacht und tippt auf die Textpassage direkt neben den Skizzen.
Jay seufzt und senkt den Blick auf das Buch. „Du hättest auch wirklich keinen komplizierten Text finden können. Die Handschrift ist komplex. Moment. Meine Entscheidung ist gefallen. Nie wieder soll jemand dasselbe erleiden, wie du. Ich werde nicht noch einmal einen geliebten Menschen an die Muggel verlieren, die dich getötet haben. Keines der Kinder wird in ihren dreckigen Händen sterben, wie du es musstet.
Ich sitze hier und sehe auf deinen Grabstein, aber ich kann dich hören, wie du meine Idee für eine schlechte hältst. Ich wünschte, ich könnte deine Stimme tatsächlich wieder hören und nicht nur in meiner Erinnerung. Wärst du wirklich hier, mein Geliebter, dann hättest du mich sicher davon abgehalten. Aber du bist nicht mehr hier und ich kann nicht anders, als mir die Schuld daran zu geben. Ich konnte dich nicht beschützen.
Aber ich werde die Schule beschützen. Ich habe einen meiner Lieblinge unter der Schule untergebracht. Sie und ihre Nachkommen werden die Schule beschützen, solange mein Amulett in der Schule ist. Eigentlich wollte ich dir das Amulett geben. Du solltest es tragen und jedem zeigen, dass du zu mir gehörst, dass du unter meinen Schutz stehst. Doch es kam zu spät... sagt nicht, dass du tatsächlich den legendären Gegenstand gefunden hast, obwohl du absolut nichts hier unten lesen kannst." Jay vergräbt sein Gesicht in den Händen.
Nevio lacht. „Es scheint so. Er hat also wirklich ein Amulett in der Schule versteckt?"
„Es war vielleicht mal hier, aber es ist es nicht mehr. Sein Liebling war ein Basilisk, keine Frage. Aber sie konnten die Schule ohne jedes Problem verlassen. Ich nehme an, einer seiner Nachkommen hat das Amulett aus der Schule entfernt."
„Er hatte Kinder? Das klang doch so, als hätte er einen Mann geliebt."
„Er hatte Kinder. Hast du doch selbst gesagt. Vermutlich hat er später eine Frau geheiratet. Oder einen Mann und sie haben mit Magie ein Kind empfangen. Magie kann beinahe alles möglich machen, vergiss das nicht." Jay steht auf, geht zum Bücherregal und lässt seinen Finger über die alten Bücherrücken gleiten. Mit dem Zeigefinger der anderen Hand tippt er sich gegen das Kinn.
„Ich vergesse das immer. Aber war das damals nicht verpönt?"
„Slytherin war eh schon im Ansehen ziemlich gesunken. Er hatte die Schule verlassen und das in Schmach. Er war ein Lord und angesehen, sicher, aber ich wette, dass hinter vorgehaltener Hand über ihn gelästert wurde. Allein, dass er Kinder bekommen hat, zeigt wie reich er war und dass es schon immer Leute gab, die nur auf Geld aus waren. Vielleicht auch wahre Liebe, aber etwas anderes wird es kaum gewesen sein." Jay zieht ein Buch hervor.
„Irgendwie tut er mir leid."
„Slytherin?" Jay sieht von seinem Buch auf und Nevio an.
Der schüttelt den Kopf. „Der auch, irgendwie. Aber vor allem sein Geliebter. Da stirbt er in den Händen der Muggel und sein Geliebter dreht völlig durch. Und dann scheint sich nicht einmal jemand an ihn zu erinnern. Das kann doch nicht schön sein."
„Bestimmt nicht. Aber auf der anderen Seite, er ist kein Geist und er wird nicht mit Slytherin in Verbindung gebracht. Wenn seine Familie überlebt hat, dann haben sie ihre Stellung nicht verloren."
„Manchmal bist du wirklich kalt wie Eis."
„Ich denke, dass der Mann damals wirklich so gedacht hätte. Aber wenn du willst, dann suche ich nach Informationen über den Mann. Wenn ich Zeit habe." Er stellt das Buch zurück und setzt sich wieder an den Schreibtisch.
Nevio lehnt sich zu ihm herüber. „Das würdest du wirklich tun? Wirklich?"
„Nevio, wir sind Freunde. Wenn es dir so wichtig ist, dann werde ich meine Freizeit dafür opfern und darüber nachlesen. Ich kann dir aber nicht versprechen, dass ich auch etwas finden werde." Er kramt in seiner Tasche und zieht Papier und Feder hervor.
Vor dem Tisch führt Nevio ein Freudentanz auf, wild mit dem Armen wedelnd. Jay schmunzelt und beginnt seinen Brief. Seinen wilden Freund blendet er aus, während er Jill und Lucius über ihre Entdeckung informiert und gleich nach möglichen Informationen über den mysteriösen Liebhaber von Slytherin fragt.
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Dunkelheit im Haus der Schlangen
FanfictionJay Malfoy kehrt zu seinem sechsten Jahr nach Hogwarts zurück, doch nichts ist mehr wie es zuvor war. Voldemort ist zurück und die Gefahr scheint in der Luft zu liegen und alles langsam zu erdrücken. Die Vorgänge des letzten Jahres haben Spuren hint...