Streiterein

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Jay lässt seinen Blick über die Steine der Decke wandern und zählt sie, nur um nicht auf sein Bein sehen zu müssen. Die Schmerzen, die es noch immer und trotz Schmerzmedikamenten macht, sind schon so schlimm genug. Da muss er nicht auch noch sehen, was sich unter den sonst säuberlich gelegten Verbänden verbirgt. Er weiß ja, dass es eine Wunde ist, mehr will er gar nicht wissen.

„So, junger Mann. Die Wunde schließt sich besonders für deine Verhältnisse gut. Kein Fluch, nichts dergleichen. In einigen Tagen wird man davon schon gar nichts mehr sehen und dann solltest du auch keine Probleme mehr damit haben. Nur noch ein neuer Verband und dann war es das für heute. Ich will dich in drei Tagen nochmal hier haben, dann schauen wir nochmal nach. Und keine Belastung auf dem Bein, verstanden?"

Jay senkt den Blick und sieht in die Augen der resoluten Krankenschwester, die ihn anstarrt. Erst als er nickt, seufzt sie und sieht dann hinunter auf sein Bein, wo sich der Verband in den letzten Schlingen um die Wunde legt und zuzieht.

„Es ist schon eine Katastrophe, dass es einen weiteren Angriff auf Schüler dieser Schule gab, während diese einfach nur ihre Freizeit genießen wollten. Dass der Direktor die Ausflüge nun komplett gestrichen hat, kann ja auch nicht in dem Interesse der Angreifer gelegen haben. Aber warum Kinder anzugreifen. Darin gibt es keinen Stolz, keine Ehre und keinen guten Grund. Einfach nur niederträchtig und feige. Es ist ein Wunder, dass keines der Kinder gestorben ist. Auch wenn es bei manchen wirklich knapp war."

Sie verschwindet murmelnd in ihrem Büro und Jay macht sich auf den Weg zurück zu seinem Gemeinschaftsraum. Noch immer humpelnd, um möglichst wenig Schmerzen zu haben, stützt er sich am Treppengeländer ab.

„Da ist er." Das leise Flüstern dringt gerade so zu Jay und er muss sich anstrengen, um es überhaupt zu hören. Vorsichtig wirft er einen Blick über die Schulter und erkennt zwei jüngere Schüler, einer mit dem rot der Löwen, das Mädchen mit dem gelb der Dachse. Beide sind fast von der Mauerecke verborgen, um die sie herumblicken.

Mit einem Lächeln wendet sich Jay wieder den Treppen zu und steigt sie langsam hinab, eine Hand ans Geländer gekrallt und immer wieder das Gesicht verziehend. Auf dem nächsten Absatz macht er Pause, krallt seine Hände über dem schmerzenden Bein in die Hose.

„Ähm." Von hinter ihm kommt eine leise Stimme und er dreht sich um. Es ist die Hufflepuff, die er zuvor schon gesehen hat, der Gryffindor fast hinter ihr verborgen.

Jay lächelt ihnen zu. „Wie kann ich euch helfen?"

Das Mädchen sieht auf den Boden und scharrt mit einem Fuß. Die Hände hinter dem Rücken. Immer wieder sieht sie durch ihre Wimpern hindurch in sein Gesicht. „Ich... ähm... wir." Sie linst zu dem Jungen, der eine scheuchende Handbewegung in Jays Richtung macht. „Wir... wir wollen uns bei dir bedanken." sprudelt es dann aus ihr hervor und Jay hat Probleme ihre Worte zu verstehen.

„Oh. Magst du mir auch verraten, was ich getan habe, dass sich eine solch bezaubernde Dame bei mir bedankt?" Er sucht Augenkontakt mit ihr. Sie reißt die Augen auf, als sie seinem blick begegnet, ihre Wangen werden rot und sie starrt wieder zu Boden.

Als sie merkt, dass Jay nichts weitersagt, dreht sie sich zu dem Jungen um. „Sag du doch auch mal was." Jay muss sich ein Grinsen verkneifen, als der Junge heftig den Kopf schüttelt. „Du musst dich auch bedanken. Das bin nicht nur ich. Er hat auch dein Leben gerettet und wurde dabei auch noch verletzt." Diesmal ist ihr Zischen viel lauter und Jay kann es klar verstehen.

„Ich will aber nicht. Das ist doch alles Mist. Er ist mit an all dem schuld." Jay zieht eine Augenbraue hoch und wartet nur darauf, dass der Junge mit dem Fuß aufstampft. Den Gefallen tut er ihm aber nicht.

„Du wagst es, ihm das vorzuwerfen?! Nachdem er dein Leben gerettet hat? Nachdem du uns beinahe ins direkte Feuer gezogen hättest, weil da ist ja Nick Potter, der uns sicher retten wird?! Der sich selbst beinahe umgebracht hätte, weil er meinte er sei unbesiegbar und müsst sich als großer Held aufspielen und einen Monolog halten?! Du wirst dich jetzt bedanken!"

Der Junge dreht sich zu Jay und murrt etwas Unverständliches. Jay zieht die Augenbraue nur noch weiter nach oben. „Danke, dass du mein Leben gerettet hast. Auch wenn Nick uns sicher besser gerettet hätte." spuckt er dann aus und der Gesichtsausdruck des Mädchens fällt.

Sie wirbelt herum und klebt dem Jungen eine. Im selben Moment tritt eine Gruppe von Gryffindors auf dem höheren Absatz aus dem Flur und sieht, was passiert.

„WAS IST DENN HIER LOS!? Jetzt bringst du schon andere Häuser gegen uns auf? Ich zeige dir, wer hier wem Respekt zu zahlen hat. Du uns! Warte, bis ich dich in die Finger bekomme!" Nick Potter rennt schnaufend die Stufen hinunter.

Jay packt die junge Hufflepuff und zieht sie zur Seite, weshalb er Nicks Faust direkt auf den Wangenknochen bekommt. Neben ihm schreit das Mädchen auf. Nick holt erneut aus und Jay schließt die Augen, doch der Schmerz kommt nicht. Langsam, flatternd öffnet er die Augen und sieht den Rücken einer Schulrobe.

„Potter. Potter. Potter. Provozierter Angriff auf ein Reinblut. Und das vom Kind eines Reinblutes. Und das vom großen, strahlenden Helden." Jay erkennt die Stimme als Kierans. Ein Blick zur Seite, zeigt ihm, dass dieser wie immer mit seinem Zwilling gemeinsam unterwegs ist.

„Ein Todesser hat mir gar nichts zu sagen. Die Reinheit des Blutes ist scheiße und ihr wisst es! Ihr habt ihnen doch verraten, dass Hogsmeade Wochenende ist! Ihr habt ihnen gesagt, dass sie das Dorf angreifen sollen! Nur euretwegen sind unsere Mitstreiter verletzt! Nur euretwegen!"

„Ach. Wir sind verantwortlich, dass eure Seite Kindersoldaten einsetzt? Die ihr nebenbei nicht einmal ausbildet? Immerhin fühlst du dich genötigt, deine Fäuste einzusetzen und nicht deinen Stab." Jay verkneift es sich, sich in den Nasenrücken zu kneifen, als Victoria die Stimme erhebt.

Er fängt den Blick der jungen Hufflepuff auf und verdreht die Augen, ehe er die Treppe hinunter nickt. Sie wirft einen Blick hinunter und nickt dann zustimmend. Gemeinsam gehen sie die Treppe hinunter. Jay wirft immer wieder Blick über die Schulter, denn die Streiterei der Gruppe wird lauter und lauter.

Nick hat nun auch Unterstützung bekommen und kaum haben Jay und das kleine Mädchen den nächsten Absatz erreicht, da fliegt der erste Zauber. Krachend trifft er ein Bild, das kreischend aus dem Rahmen flieht, während dieser in die Tiefe rast. Als wäre das ein geheimer Startschuss gewesen, fliegen Zauber um Zauber. Das Treppenhaus wird in bunten Lichtern erleuchtet.

Jay zerrt die Hufflepuff in einen Gang. „Renn! Und hole einen Professor!" Er schubst sie und erst dann beginn sie zu rennen. Er selbst sinkt an der Wand zu Boden, eine Hand über dem Bein, dass nun wieder schmerzt wie während des Angriffs selbst.

Dunkelheit im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt