Alle kommen zurück

251 20 7
                                    

Jay sieht sich auf dem Bahnsteig um, ehe er seinen Koffer in den Zug hievt und ein lautes, genervtes Fauchen von Keks erhält, als er ihren Transportkorb händelt. „Es tut mir leid. Du kannst gleich da raus und es wird aufhören zu wackeln. Versprochen." Er stellt den Korb auf dem Sitz eines leeren Abteils ab und schafft seinen Koffer mit einem ordentlichen Kampf auf die Gepäckablage. Mit einem erschöpften Seufzen lässt er sich in einen Sitz gleiten, öffnet Keks Korb und lehnt den Kopf gegen die Scheibe.

Eigentlich hatten sich Lucius und Jill frei genommen, um ihn zu verabschieden, aber Jill war mitten in der Nacht ins Mungos gerufen worden, als ein weiterer, großer Angriff gemeldet wurde. Lucius hatte sich auch entschuldigen müssen, weil der Angriff das Ministerium ins Chaos stürzte und er sich mit Idioten herumschlagen musste. Jay weiß das, aber er vermisst sie trotzdem.

Mit einem Knall wird die Tür zu seinem Abteil aufgerissen und Keks springt ihm erschrocken in den Schoß. Er kann ihre Krallen durch seine Hose fühlen, wie sie sich in seine Beine graben und hört ihr schrilles Fauchen. Jay japst und hebt die Hände langsam, streicht Keks übers Fell, bis sie sich beruhigt.

„Meine Güte. Der Göttin sei Dank, dass du ein Abteil hast. Ich will nicht meine ersten freien Momente mit ein paar Löwenjungen verbringen. Oder mit einem Haufen Dachsen. Arg, ne. Sei doch bitte ein Gentleman und hebe meinen Koffer auf die Ablage."

Jay schüttelt wortlos den Kopf, setzt Keks an den Sitz neben sich und hievt Danas Gepäck in die Ablage. „Weißt du Dana, wenn du dich wie eine Dame verhalten würdest, dann würden die Männer in deinem Umfeld dies auch ohne Aufforderung tun."

Dana lässt sich in einen Sitz fallen und fächert sich mit der Hand Luft zu. „Ja ja. Das hast du mir schon so oft gesagt. Aber ich will nicht über mich reden. Ich will über dich reden. Was hast du in den Ferien gemacht? Du warst ja nicht eingesperrt wie ein ungezogener Hund. Meine Ferien waren einfach nur eine Katastrophe. Anders kann ich das nicht beschreiben. Aber ich habe dir ja genug davon geschrieben. Mehr kann ich da echt nicht erzählen. Also, erzähle mir, was ich verpasst habe." Sie beugt sich vor und sieht Jay aus funkelnden Augen an.

„Also ob du nicht wüsstest, was ich in meinen Ferien gemacht hätte. Ich habe nicht viel mehr gemacht als du. Mit den ganzen Todesseraktivitäten war es einfach nicht sicher. Ich habe ab und an was mit Cedric gemacht und mit Theo, aber mehr war da nicht." Jay zuckt mit den Schultern und dreht den Kopf, um auf den belebten Bahnsteig zu sehen.

„Ich hatte fast vergessen, was für ein Langweiler du manchmal sein kannst. Erzähl mal. Du warst bei der Hochzeit des Jahres, nein des Jahrzehnts. Weißt du eigentlich, wie eifersüchtig ich war? Ich wollte da unbedingt dabei sein. Jill muss so umwerfend ausgesehen haben. Alle Welt hat darübergeschrieben, auch wenn niemand wirklich dort war. Also, wie war es?" Sie hibbelt auf ihrem Platz hin und her.

Jay seufzt und reibt sich mit einer Hand über das Gesicht. „Ja, Jill war wunderschön. Nein es waren nicht viele Leute da. Nur die engsten Familien. Das war alles. Nur eine kleine, traditionelle Zeremonie."

„Jill hat einer traditionellen Zeremonie zugestimmt? Trotz ihrer doch eher modernen Haltung? Die traditionellen Zeremonien sind doch echt zurück in der Zeit. Nein, kann ich mir gar nicht vorstellen." platzt es aus Dana heraus und sie lehnt sich mit verschränkten Armen zurück.

„Sie wollte die traditionelle Zeremonie. Sie musste Dad dazu überreden. Er hat genauso gedacht wie du. Aber Jill wollte unbedingt eine traditionelle Zeremonie. Also hatten sie eine."

„Das passt so gar nicht zu ihr." Jay zieht eine Augenbraue hoch und funkelt Dana an. Sie zuckt zurück und sagt nichts weiter. Stattdessen wendet sie sich dem Fenster zu und sieht auf den hektischen Bahnsteig. „Meine Güte. Es ist doch jedes Jahr dasselbe. So viel kommen auf den letzten Drücker und dann muss man noch von Mama betuddelt werden und heulen, weil man ja wieder in die Schule muss. Manche sind echt pathetisch. Man kann schon sehen, dass das Dachse sind."

Jay verdreht die Augen und lehnt sich zurück. Es klopft an der Tür zu dem Abteil und beide sehen Nevio, der die Tür hinter sich ins Schloss gleiten lässt. Jay steht auf und hilft ihm seinen Koffer im Gepäcknetz zu verstauen, während Keks schnurrend um Nevios Beine streicht. Dieser bückt sich lachend und streicht ihr durch das seidige Fell.

„Wie waren deine Ferien? Sag bitte, dass du irgendwelche Gerüchte hast. Ich wurde so auf dem Trockenen sitzen gelassen. Niemand hat Gerüchte für mich. Ich fühle mich, als würde ich verdursten."

„Ich sehe deine dramatische Darstellung hat sich nicht geändert. Und ich muss dich enttäuschen. Ich bin erst vor zwei Stunden überhaupt nach England zurückgekommen. Meine Familie hat echt überlegt nicht zurückzukommen, bis der Krieg nicht vorbei ist. Sicherer für alle. Aber meine Bildung war ihnen dann wichtiger. Und mit den Professoren und dem Direktor kann man das ja auch erwarten. Es gibt keinen sicheren Platz als unsere Schule. Zumindest mit allem, dass die Professoren stellen können."

„Es gibt im Ganzen keinen. Hogwarts ist die uneinnehmbare Festung in England. Oder habt ihr vergessen, dass im letzten Krieg das Ministerium von innen unterwandert wurde, Hogwarts aber nicht?" Dana streckt die Nase in die Luft, die Arme verschränkt.

„Das ist anzuzweifeln? Ich meine, die Gerüchte über Quirrels Rolle als ein Todesser waren da ja immer da. Also hatten wir einen Todesser in der Schule?" murmelt Jay und Nevio nickt zustimmend.

„Von den Gerüchten habe ich auch gehört."

„Aber das war noch unter Dumbledoof. Nicht unter der jetzigen Leitung der Schule. Niemals würde sowas nochmal passieren. Dazu sind die Regeln viel zu strikt. Aber ich will Gerüchte haben. Ich will..." Dana verstummt mit einem Mal, starrt zur Tür und dann dreht sie sich wie geschlagen zum Fenster und starrt wortlos hinaus.

Jay und Nevio drehen die Köpfe und begegnen Theos Blick. Seiner ist aber auf Dana konzentriert, die noch immer in die andere Richtung starrt. Theo seufzt und setzt sich neben Jay. Nevio versucht ihn in ein Gespräch zu ziehen, doch Theo gibt nur abgelenkte Antworten und seine Augen verlassen Danas Form nicht. Der Jüngere gibt es auf, als sich der Zug in Bewegung setzt und sie ihrem nächsten Schuljahr entgegenträgt.

Dunkelheit im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt